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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Glasmalerei

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Glasmalerei (Verfall und neuer Aufschwung).

Patron der Glasmaler und Glaser verehrt; Francesco Livi da Gambassi; Claude, genannt Francese, nach Vasari einer der größten Meister seiner Kunst, von Bramante aus Frankreich nach Rom gezogen; Guillaume Marcillat, aus Verdun, 1475-1537, der bedeutendste Glasmaler zur Zeit Raffaels. Von den spanischen Glasmalern sind zu nennen: Jorge de Borgoña, gest. 1541; Carlos Bruxes, in Sevilla, um 1558; Francisco Espinosa; dessen Schuler Juan Campo, Gonzalo de Cordoba, Diego Diaz; Pedro Fernandez, in Sevilla; Vicente Menandro, in Sevilla; Juan de Ortega, in Toledo, 1534; Sebastian de Gesqueru, um 1562; Pellegrin Resen und dessen Sohn Renerio.

Die Verfallzeit der Glasmalerei.

Kam die G. bereits im 16. Jahrh. mehr und mehr in Verfall, so eilte sie im 17., womit ihre dritte Periode beginnt, ihrem Untergang entgegen. War schon die kirchliche Renaissance mit ihrem starken Mauerwerk und den kleinen Fenstern, bei welchen man Licht braucht, der G. ungünstig, so war dies der Barockstil noch bedeutend mehr. Verhältnismäßig am meisten wurde die Kunst noch in den Niederlanden gepflegt; hier konnten damals noch jene schönen Glasmalereien, welche den großartigen Cyklus in der Kirche von Gouda schlossen, und manches nicht minder Treffliche für die Kirchen in Brüssel, Antwerpen etc. entstehen. Außerdem trieb die G. noch in der Schweiz achtungswerte Blüten. Unter den letzten größern Cyklen von Glasmalereien sind die aus dem 17. Jahrh. stammenden Scheiben im Kreuzgang des Klosters Wettingen und die von Muri und Rathhausen zu nennen, die übrigens noch im 16. Jahrh. begonnen wurden. Als Meister der Wettinger Fenster werden Johannes Heinrich von Angeri, Georgius Rieder von Ulm und Paulus Müller von Zug genannt. Die G. geriet so schnell in Verfall, daß schon 1655, erst 33 Jahre nach Vollendung der unvergleichlichen Fenstergemälde für das Beinhaus der Kirche zum heil. Eustachius in Paris, ein zünftiger Meister der G., Willem Tomberge in Gouda, behaupten konnte, dieselbe sei verloren gegangen. In Deutschland konnte man schon nach der ersten Hälfte des 17. Jahrh. kaum mehr ein Hüttenglas von tiefem, gesättigtem Ton, am allerwenigsten aber das fast unentbehrliche rote Überfangglas aufbringen. Es bedurfte vieler und kostspieliger Versuche, bis man zur Ersetzung des letztern einfache, in der Fritte durch und durch gefärbte Scheiben anfertigen oder den roten Glasmalerfluß auf die weiße Tafel schmelzen lernte. Das neue färbende Prinzip aber war Goldlack, den, wiewohl er schon einigen Alten bekannt gewesen zu sein scheint, ein Lübecker Arzt, Andreas Cassius, besser bereiten lehrte, dessen Bereitung selbst aber Johann Kunckel (s. d.) am besten gelungen zu sein scheint. Den letzten Stoß erhielt jedoch die G. durch die außerordentlichen Fortschritte, welche in der Verfertigung von immer reinerm und schönerm weißen Glas und von größern Scheiben, insbesondere durch Kunckels Bemühungen, gemacht wurden. Ein gleiches Schicksal wie in Deutschland und den Niederlanden hatte die G. auch in Frankreich, Spanien und Italien. Am längsten erhielt sich Sinn für G. in der Schweiz und namentlich in England. Bernard van Linge, der um 1620 aus den Niederlanden nach England übersiedelte, scheint hier eine bedeutende Anregung gegeben zu haben. Der erste, welcher sich einigermaßen wieder hervorthat, war Henry Giles in Oxford. Eginton, Jarvis und Forrest brachten einen neuen, keineswegs aber erfreulichen Umschwung in die englische G. Hatte man nämlich schon vorher durch einen unverständig ausgedehnten Gebrauch der Glasmalerfarben u. -Flüsse den Kunstwerken geschadet, so mußte dies durch die neue Weise jener Meister, ihre Malereien aus lauter viereckigen Scheiben nach Art der gewöhnlichen Fenster zusammenzusetzen, in erhöhtem Maß geschehen. Denn nicht nur sah man sich hierdurch in die Notwendigkeit versetzt, allzu viele heterogene Farben zur größten Beeinträchtigung ihrer Schönheit und Dauerhaftigkeit auf eine und dieselbe Tafel einzubrennen, sondern es ging auch das Blei nicht selten auf die störendste Weise durch die höchsten Lichtpartien; noch mehr aber verlor der künstlerische Wert der Arbeit durch das Streben, immer mehr den Ton der Ölgemälde nachzuahmen. So trat an die Stelle der alten Schönheit eine kaum mehr transparente Nachahmung der Werke ausgezeichneter Ölmaler in bräunlichen, gebrochenen Farbentönen. Von den deutschen und niederländischen Glasmalern dieser Zeit nennen wir: Jan van Bronkhorst, geb. 1603 zu Utrecht; Jacob Caan, Schüler der berühmten Crabeth in Gouda; Abraham van Diepenbeeck, geb. 1596 zu Herzogenbusch; Bertrand Fouchier; Gerard Hoet, geb. 1648 zu Bommel, gest. 1733 im Haag, geschätzter Glasmaler; Pieter Kouwenhoven, in Leiden, um 1630, tüchtiger Glasmaler, Lehrer des Gerard Dou; Johann Schapper, von Harburg bei Hamburg, in Kabinettsstücken, besonders in Malereien auf Hohlgläsern, ausgezeichnet; Pieter Verhoek, von Bodegrave, gest. 1702 in Amsterdam; Nikolaus Besserer, in Augsburg; Geraert und Pieter van Veen, in Groningen. Nennenswerte französische Künstler dieser Periode sind: Dacier, Historienmaler auf Glas und in Öl; Desangives, durch seine G. für das Beinhaus der Paulskirche in Paris um 1608-35 berühmt; Antoine Goblet, gest. 1715 in Verdun; Pierre Tacheron, in Soissons, um 1622, welcher die in Zeichnung und Kolorit gleich bewunderungswürdigen Fenster des dortigen Schießhauses malte; Guillaume Levieil der ältere, geb. 1640 zu Rouen, gest. 1708, und sein Sohn und Enkel Guillaume und Jean. Englische Glasmaler dieser Periode sind: der schon genannte Bernard van Linge und sein Sohn Abraham van Linge, beide Flamänder von Geburt; William Price der ältere, der beste Zögling und Nachfolger van Linges; Francis Eginton; Forrest, Jarvis und Key; John Langton, in London; Trevett, Karton-, namentlich Architekturzeichner in der Londoner Glasmalergilde. Die Schweiz hat folgende Namen aufzuweisen: Johann Georg Geiger, geb. 1597 zu Zürich, gest. 1674; Wolfgang Spengler, um 1663, in Konstanz; F. Joseph Stör, in Radolfzell am Untersee; Johann Rudolf Straßer, in Zürich, um 1680, und Wannenwetsch, in Basel, um 1730.

Neuer Aufschwung der Glasmalerei.

Die Wiedererneuerung der G. in Bezug auf die Dauerhaftigkeit und Schönheit der Farben sowie in betreff des wahren architektonischen Stils der Zeichnung und Komposition ging von Bayern aus. Michael Sigismund Frank war der Wiederentdecker der Kunst. Nach vier Jahren rastlosen Strebens gelang es ihm, 1804 durch einige, wenn auch noch sehr unvollkommene Glasmalereien die Aufmerksamkeit der Kenner auf sich zu lenken. 1808 überreichte Frank dem bayrischen Hof dessen Hauswappen, wofür König Maximilian I. dem Künstler eine ansehnliche Summe und ein eignes Gebäude im sogen. Zwinger zu Nürnberg anweisen ließ. Hier malte Frank ein schon durch seine äußere Dimension bedeutenderes Bild, die Be-^[folgende Seite]