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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gleichmut; Gleichnis; Gleichschritt; Gleichung

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Gleichmut - Gleichung.

seinen Mitmenschen als Einzelnen gegenübersteht. Hier ist selbst der Unterschied zwischen Inländern und Ausländern so gut wie verwischt, indem letztere rücksichtlich ihrer Rechtsgeschäfte und Rechtsverhältnisse, soweit solche privatrechtlicher Natur, nach ebendenselben Prinzipien wie die Inländer behandelt werden. Sogar der Souverän und der Staat selbst erscheinen in Ansehung ihrer privatrechtlichen Verhältnisse als Privatpersonen. Die G. vor dem Gesetz wird auch keineswegs dadurch beeinträchtigt, daß das Gesetz auf gewisse Lebensverhältnisse, Geschlecht, Alter, die geminderte Handlungsfähigkeit gewisser Personen, besondere Rücksicht nimmt, daß es die Frauen, den sozialen Verhältnissen entsprechend, von öffentlichen und Gemeindeämtern ausschließt, daß es unmündige und unzurechnungsfähige Personen bevormundet u. dgl. Im Gegenteil würde eine gleiche Behandlung aller Personen in dieser Beziehung zur Ungleichheit führen, da die Lebensverhältnisse derselben nicht die gleichen sind. Was dagegen das Gebiet des öffentlichen Rechts anbelangt, so liegt es zunächst in der Natur der Sache, daß nur der Staatsbürger, welcher zu den Lasten des Staats mit beiträgt, auch der Rechte, welche die Staatsverfassung garantiert, teilhaftig und der Ausländer also hiervon ausgeschlossen ist. Im übrigen aber hat die moderne Gesetzgebung auch auf diesem Gebiet den Grundsatz der G. mehr und mehr zur Ausführung gebracht. Wir erinnern nur an die gleichmäßige Heranziehung aller Staatsangehörigen zu den öffentlichen Lasten, an die allgemeine Wehrpflicht und an den Grundsatz, daß die öffentlichen Ämter allen dazu Befähigten ohne Ansehung des Standes zugänglich sein sollen. Eine Sonderstellung kommt heutzutage nur dem Souverän und seiner Familie sowie in Deutschland den Mitgliedern des sogen. hohen Adels (s. Adel) zu, namentlich in Ansehung der Mitgliedschaft der sogen. Standesherren in der Ersten Kammer und der Berechtigung zur Abschließung standesmäßiger und sogen. morganatischer Ehen (s. Ebenbürtigkeit). Andre Bevorzugungen gewisser Klassen in Ansehung der aktiven und passiven Wahlrechte, z. B. der Einkommensteuerpflichtigen und der Großgrundbesitzer, bestehen zwar noch nach manchen Verfassungsurkunden; doch fehlt es nicht an Bestrebungen, auch hier eine völlige G. herbeizuführen.

Gleichmut (Mens aequa), die nicht auf Temperament (Phlegma, s. Temperament), sondern auf Charakter beruhende, mit Bewußtsein und Willen durch Übung zur Gewohnheit erhobene beharrliche Gleichheit der Gemütsstimmung, welche weder durch Glück noch durch Unglück außer Fassung gerät.

Gleichnis (lat. Simile), figürlicher Gedankenausdruck, zufolge dessen eine Vorstellung durch Vorführung einer andern veranschaulicht, also ein Bild (das Hauptbild) in einem Gegenbild vorgestellt wird. Handelt es sich dabei nur um eine kurze Andeutung, um die Versinnlichung eines Begriffs durch Hinweis auf etwas Wirkliches, das ihm ähnlich ist (z. B. edel wie Gold, klug wie die Schlangen), so nennt man dies Vergleichung. Das eigentliche G. malt dagegen vollständig aus, es stellt nicht den einzelnen sinnlichen Begriff neben den einzelnen unsinnlichen, sondern das Sinnliche neben das Sinnliche, Bild neben Bild, ja eine ganze in sich abgeschlossene Reihenfolge von Anschauungen neben die andre. Der Gebrauch solcher Gleichnisse ist eine Eigentümlichkeit der Epen Homers und Vergils, aber auch in den serbischen Heldenliedern und in modernen Heldengedichten finden sie sich häufig. Dasjenige, worin bei der Vergleichung Hauptbild und Gegenbild zusammentreffen, heißt der Vergleichungspunkt (tertium comparationis), und da Bild und Gegenbild immer nur ähnlich, nie völlig gleich sind, so sagt man wohl, jedes G. hinke ("omne simile claudicat"). Von der Metapher (s. d.) unterscheidet sich das G. dadurch, daß in jener das Hauptbild in dem Gegenbild ganz aufgeht, während beim G. beide nebeneinander bestehen und das Gegenbild nur zur Hervorhebung des Hauptbildes dient. Eine Metapher ist es z. B., wenn man das jugendliche Alter schlechtweg den "Frühling des Lebens" nennt, ein G. dagegen, wenn man sagt: "das jugendliche Alter ist in der Reihe der Lebensalter das, was der Frühling in der Reihe der Jahreszeiten ist".

Gleichschritt (Tritt), Marschbewegung der Truppen zu Fuß in gleichem Tempo mit gleicher Schrittweite und gleichzeitigem Vorstrecken und Niedersetzen des Fußes, im Gegensatz zu "ohne Tritt", wobei sich jeder Mann nach seiner Bequemlichkeit, wenn zwar auch in gewisser Ordnung zum Ganzen bewegt. Der G. ist erforderlich, um geordnete Bewegungen geschlossener Massen auf möglichst engem Raum zu ermöglichen, strengt die Leute jedoch sehr an und ist daher nur beim Exerzieren, bei Paraden etc. in Anwendung, wogegen der Reisemarsch "ohne Tritt" geschieht. Der Wegfall solcher Bewegungen im G. in den Heeren läßt geschichtlich stets ein Nachlassen der Kriegszucht und eine Verminderung der Kriegstüchtigkeit der Heere erkennen. Die Griechen und Römer legten großen Wert auf den G., der im Mittelalter in Vergessenheit gekommen war und erst gegen Mitte vorigen Jahrhunderts wieder eingeführt ward.

Gleichung, die mathematische Bezeichnung für die Verbindung zweier Größen durch das Gleichheitszeichen (=). Diese beiden Größen nennt man die Seiten der G. Besteht eine Seite aus mehreren durch Addition oder Subtraktion verbundenen Größen, so nennt man dieselben ihre Glieder. In der G. 5x - 4 = 3x + 16 ist also 5x - 4 die linke und 3x + 16 die rechte Seite; 5x und -4 sind die Glieder der erstern, 3x und +16 diejenigen der letztern. Eine G. ist entweder in allen Fällen richtig, wie z. B. (a - b)² = a² - 2ab + b², und heißt dann eine identische G., oder sie ist nur dann richtig, wenn eine der darin vorkommenden Größen einen bestimmten Wert oder einige bestimmte Werte hat. So fordert z. B. die G. 5x - 4 = 3x + 16 zu ihrem Bestehen, daß x = 10 ist, und die G. x³ - 8x² + 17x = 10 gilt nur, wenn x einen der Werte 1, 2 oder 5 hat. Solche Gleichungen nennt man Bestimmungsgleichungen. Die Größe, deren Wert durch die G. bestimmt wird, heißt die unbekannte Größe oder kurz die Unbekannte, und man bezeichnet sie mit x oder sonst einem der letzten Buchstaben des Alphabets. Es können auch zwei oder mehr Unbekannte in einer G. auftreten. Eine G. heißt algebraisch angewandt, wenn die unbekannte mit den bekannten Größen nur durch die vier Spezies verbunden oder als Basis einer Potenz oder unter einem Wurzelzeichen vorkommt. Im Gegensatz dazu nennt man Gleichungen, wie z. B. 3^{x} = 81, wo die Unbekannte in andrer Form auftritt, transcendente. Kommt in einer algebraischen G. die Unbekannte unter einem Wurzelzeichen vor, so heißt die G. irrational; im Gegenfall ist sie rational. - Im folgenden werden wir uns nur mit algebraischen Gleichungen beschäftigen. Man teilt dieselben ein 1) nach der Zahl der Unbekannten, die in ihnen vorkommen, und 2) nach ihrem Grade, d. h. nach der höch-^[folgende Seite]