Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gold

479

Gold (Affinierung).

Sind auf 1 Teil G. weniger als 2 Teile Silber vorhanden, so wird das Silber durch Salpetersäure nicht völlig vom G. weggelöst; ein größerer Silbergehalt schadet nicht. Dieses Verfahren war wegen der Salpetersäure kostspielig, es wurde deshalb als ein großer Fortschritt begrüßt, als d'Arcet 1802 statt Salpetersäure die billigere konzentrierte Schwefelsäure als Lösungsmittel anwandte. Die Säure löst in der Siedehitze das Silber unter Entwickelung von schwefliger Säure zu schwefelsaurem Silber (Silbervitriol), während das G. unangegriffen bleibt. Die zu affinierende Legierung darf nicht mehr als 20-25 Proz. G. und nicht über 10 Proz. Kupfer enthalten; ist mehr G. zugegen, so schmelzt man die Legierung mit der erforderlichen Menge von Silber zusammen. Anfangs wandte man als Lösegefäße Platinkessel an, welche aber alsbald für große Produktionen durch gußeiserne ersetzt wurden. Für kleine Produktionen benutzt man zuweilen, wie zu Oker am Unterharz, Porzellantöpfe von nachstehender Einrichtung (Fig. 12): a gußeiserner Kessel oberhalb der Feuerung b; c Porzellangefäß, in einem eisernen Gerüst d mit Handhabe in den Kessel einzusetzen; e Deckel mit Arbeitsöffnung f unter Wasserverschluß; g Wasserverschluß zur Aufnahme des die schweflige Säure abführenden Porzellanrohrs h, welches durch ein Bleirohr i mit der äußern Luft kommuniziert. Diese Art der Goldscheidung (Affination) erfordert nachstehende Manipulationen: Die Goldsilberlegierung wird in einem Thon-, Graphit- oder Eisentiegel eingeschmelzt und durch langsames Eingießen in einen mit kaltem Wasser gefüllten kupfernen Kessel unter Umrühren mit einem Holzstab granuliert; darauf werden die Granalien im Lösegefäß mit konzentrierter Schwefelsäure (auf 1 Teil der Legierung 2-2,5 Teile Schwefelsäure vom spez. Gew. 1,848) längere Zeit (10-12 Stunden) bis zur Auflösung gekocht und nach der Abkühlung der Lösung diese behufs der Klärung mit verdünnter Schwefelsäure versetzt. Die Silberlösung wird von dem am Boden befindlichen G. in Bleipfannen abgelassen und mit viel Wasser verdünnt; darauf scheidet man aus der Lösung das Silber durch eingelegte Kupferblechstreifen in Pulverform metallisch aus und gewinnt gleichzeitig Kupfervitriol als Nebenprodukt. Das Fällsilber wird behufs Entfernung von Wasser zu Kuchen gepreßt. Die Presse (Fig. 13) besteht zu Oker aus einem Holzgerüst A mit eisernem Cylinder a, in welchem sich ein karierter und durchlöcherter Losboden B befindet, auf welchen man die mit Silber gefüllten Leinenlappen legt. Mittels eines Preßbengels greift man in das Loch b der Schraube e ein; diese drückt dabei auf das Brett d, unter welchem sich der Holzkonus c befindet. Durch eine Öffnung f zwischen Haupt- und Losboden fließt das ausgepreßte Wasser aus. Die von der Leinwand befreiten Kuchen werden auf einem Herd oder in Retorten getrocknet, dann eingeschmelzt und das flüssige Silber in Formen gegossen. Das ungelöste G. laugt man noch mehrmals mit heißer konzentrierter Schwefelsäure und darauf mit Wasser aus; dasselbe enthält aber immer noch Silber (meistens 2-3 Proz.), welches selbst durch wiederholtes Behandeln mit Schwefelsäure nicht entfernt werden kann, häufig auch Platin und Spuren andrer Metalle; man befreit das G. von diesen Verunreinigungen, wie weiter unten beschrieben werden wird.

Die Affination durch Schwefelsäure wird entweder in den Hüttenwerken selbst (Freiberg, Lautenthal, Oker, Ems etc.) oder auch in besondern Gold- und Silberscheideanstalten (Hamburg, Berlin, Frankfurt a. M., München, Karlsruhe etc.) ausgeführt. Man ist durch dieses Verfahren im stande, selbst aus sehr goldarmem Silber das G. mit ökonomischem Vorteil zu gewinnen; z. B. enthalten alle vor 1830 geprägten Silbermünzen so viel G., daß die Gewinnung desselben lohnend ist. Vor Einführung der Affination durch Schwefelsäure lohnte sich die Scheidung von G. und Silber erst, wenn 1 kg Silber mehr als 3 g G. enthielt, während sich gegenwärtig die Goldgewinnung noch aus Silber mit 0,4 g (pro 1 kg) lohnt. In den Jahren 1873-79 sind für Rechnung des Deutschen Reichs in der Frankfurter Gold- und Silberscheideanstalt geschieden worden:

11662 Kilogr. Kronthaler

12665 Kilogr. Konventionsthaler

360980 Kilogr. preußische Thaler (1750-1822)

224625 Kilogr. preußische Thaler (1822-1856)

119229 Kilogr. Vereinsthaler

56422 Kilogr. 10-Groschenstücke

563558 Kilogr. 5-Groschenstücke

45330 Kilogr. 2½-Groschenstücke

40846 Kilogr. 2-Groschenstücke

10114 Kilogr. Silbergroschen

184913 Kilogr. 6-Kreuzerstücke

11519 Kilogr. verschiedene kleinere Münzsorten

1741863 Kilogr. Landesmünzen.

Daraus wurden 1,075,962 kg Feinsilber und ca. 769 kg G. gewonnen.

Statt aus dem Silbersulfat durch Kupfer das Silber auszuscheiden, verfährt man nach dem Vorschlag von Gutzkow mitunter (z. B. in der San Francisco assaying and refining Company) auch in der Weise, daß man das auskristallisierte Silbersulfat in eine siedende und gesättigte Lösung von Eisenvitriol einträgt, wobei unter Bildung von Ferrisulfat das Silber metallisch ausgeschieden wird. Rößler mischt das auskristallisierte Silbersulfat mit feinen Eisenblechabfällen (z. B. Knopfblechabfällen aus Iserlohn), welche unter starker Erwärmung das Silbersulfat zu Silber reduzieren; um aus dem Silber sämtliches Eisen zu entfernen, setzt derselbe etwas Kupfervitriol hinzu, wodurch das Eisen unter Bildung von Ferrosulfat und Abscheidung von Kupfer gelöst wird. Das Kupfer bleibt dann beim Silber, da man für technische Zwecke so wie so Kupfer hinzusetzt.

Es ist gegenwärtig leicht, G. und Silber durch Affination mit Schwefelsäure zu trennen, ebenso bietet die Trennung von Silber und Kupfer in den verschiedensten Verhältnissen keine Schwierigkeiten. Nach Rößler ist es aber eine sehr schwierige Aufgabe, eine an Kupfer reiche Goldlegierung durch Schwefelsäure ohne allzu große Kosten zu scheiden (bis 10 Proz. Kupfer sind indessen ohne Nachteil). Aus diesem Grund ist in der Frankfurter Scheideanstalt seit einiger Zeit eine Vorbereitung solcher kupferreicher Legierungen für die Schwefelsäurescheidung im Gebrauch, welche darin beruht, daß man die Legierung mit einem Überschuß von Schwefel schmelzt, so daß Silber und Kupfer vollständig in Schwefelverbindungen übergehen, und daß man darauf einen Teil des Schwefels durch Aufblasen von Luft auf die geschmolzenen Schwefelmetalle verbrennen läßt. Es scheidet sich dabei zunächst alles G. (welches bei überschüssigem Schwefel ebenfalls in größerer Menge von den Schwefelmetallen aufgenommen wird) und darauf das meiste Silber aus. Man erhält dann eine kupferfreie Goldsilberlegierung, bei welcher man die Affination ohne Schwierigkeiten ausführen kann. Das Rößlersche Verfahren ist somit eine zweckmäßige Modifikation des ältern Pfannenschmiedschen Verfahrens.