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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gold

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Gold (Geschichte der Goldgewinnung).

Zu dieser Nachfrage der Münzämter kommt noch der Bedarf der Kunstgewerbe und Industrien: Juwelenarbeiter, Uhrmacher, Goldschmiede, Galvanoplastiker, Goldschläger, Vergolder, Glasfabrikanten, Glas- und Porzellanmaler, Zahnärzte, Photographen etc., deren Konsum gewöhnlich unterschätzt wird, sich aber nach neuern Untersuchungen auf jährlich etwa 234 Mill. Mk. G. belaufen soll, wobei allerdings ein großer Teil des Konsums aus dem bloßen Umschmelzen schon vorhandener Geschmeide etc. gedeckt, also nur umgeformt wird.

Diesem wachsenden Begehr steht nun der rasche Rückgang der Goldproduktion entgegen, welcher auf der Verarmung der australischen Goldfelder, die seit 1873 sehr fühlbar einwirkt, und auf dem von 1872 bis 1876 ziemlich gleichbleibenden Ertrag der amerikanischen Minen beruht. Infolgedessen wird mit Recht die Frage aufgeworfen, wie in der fernern Zukunft eine Abhilfe getroffen werden kann, um das Mißverhältnis zwischen Bedarf und Gewinnung von G. nicht größer werden zu lassen, als im Interesse der Stabilisierung der Güterpreise und der Bequemlichkeit des Verkehrs noch erträglich ist. Die Abhilfe könnte von zwei Seiten erfolgen: einesteils durch Abnahme der Nachfrage nach G., was sofort der Fall wäre, wenn eine Anzahl von Staaten wieder zur Silberwährung zurückkehren würde; andernteils durch Erweiterung der Goldproduktion auf Grund der Aufschließung neuer Goldfelder oder größerer Anlagen und verbesserter Technik zur Ausbeutung der schon erschlossenen und bekannten Goldlagerstätten. Gegen das erstere Mittel spricht eine Reihe so gewichtiger wirtschaftspolitischer Gründe, daß man sich schwerlich dazu bequemen wird, es zu ergreifen. Alle Erfahrungen und wissenschaftlichen Erwägungen weisen dem G. seinen Platz als eigentliches Währungsgeld des höhern Kulturlebens an und beschränken das Silbergeld auf die minder entwickelten Volkswirtschaften und auf die Funktion als Scheidemünze neben Goldgeld. Verminderte Nachfrage der Münzstätten nach G. ist also vorläufig nicht zu erwarten, solange nicht die Funktionen des Kredits überhaupt den Gebrauch des Metallgeldes noch weiter entbehrlich machen werden als bisher. Was aber die vermehrte bergmännische Gewinnung von G. betrifft, so hat Süß darzuthun gesucht, daß wir davon wenig zu erwarten haben. Er ist auf Grund geologischer und historischer Untersuchungen zu der Meinung gedrängt, daß viel mehr als die Hälfte der mit den bisherigen Mitteln überhaupt erreichbaren Menge G. schon durch die Hand des Menschen gegangen ist; die Erschöpfung des Schwemmlandes und das Herabsinken der Goldproduktion auf einen geringen Bruchteil der bisherigen Ziffern seien also vorauszusehen und würden um so früher eintreten, mit je größerer Intensität jetzt an der Ausbeutung gearbeitet wird. Der größte Rückhalt an G., den wir noch besitzen, liegt wahrscheinlich in Afrika, und dorthin wird man dringen müssen, weil allem Anschein nach die Goldproduktion sich dauernd und in außerordentlichem Maß vermindern wird, und weil dieses Metall bei fortwährend zunehmender Seltenheit dann nicht mehr im stande wäre, seine bisherige wirtschaftliche Rolle zu behaupten.

Geschichtliches.

Die erste Goldgewinnung im größern Umfang ist im Nilland nachzuweisen. Man weiß nicht nur, daß die Ägypter in der 17. Dynastie G. in Menge besaßen und zum Schmuck verwendeten, sondern es sind auch Nachrichten über den Betrieb von Bergwerken vorhanden. Die älteste derselben stammt aus der Zeit Thutmes' III. der 18. Dynastie und reicht daher etwa bis 1600 v. Chr. zurück. In der Völkertafel zu Karnak wird nämlich das Land Mayu als Bezugsquelle von G. genannt, und in der Inschrift von Kuban, aus der Zeit Ramses' II. der 19. Dynastie, d. h. etwa 1200 v. Chr., wird erwähnt, daß das Land Akita von Goldgräbern besucht werde. Seither wurden die Goldgruben regelmäßig betrieben. Auch am obern Lauf des Senegal und des Dscholiba bestand nach Herodot eine uralte Goldgewinnung, und vielleicht ist das Goldland Ophir (s. d.) das heutige Sofala, wenn man es nicht nach Vorderindien verlegen will. Denn nächst den ägyptischen sind die Fundstätten von G. in Asien als die ältesten zu nennen. Im Stromgebiet des obern Indus und Satadru (Satledsch) im heutigen Tibet und an den Abhängen des Himalaja fand man schon im grauen Altertum den Goldsand der Alluvien. Dieses ist das Land der von Herodot beschriebenen "goldholenden Inder", der bei Megasthenes und Arrian genannten Dardi, welche den Goldsand in ledernen Säcken auf den schnellsten Kamelen davonführen. Außerdem hatte das alte Asien noch zwei große Fundgruben von G.: die nördlichen Abfälle des Altaigebirges und den Ural. Von dort und den Ostabhängen des Bolor wanderte ohne Zweifel das G. auf langem Weg durch die Hände der herumschweifenden Arimaspen, Issidonen und Massageten bis nach Vorderasien. Mit der Wanderung der Kultur vom Osten nach dem Westen wurden auch immer neue Fundorte von G. im Westen selbst bekannt, so namentlich der Goldreichtum vieler Quellen im Kaukasus, wovon Appian berichtet, dann in Kleinasien der Goldsand des Paktolos, überhaupt die Goldwäschereien in Phrygien und jene in Lydien, wo übrigens auch ein bergwerksmäßiger Betrieb, wie jener der Goldgruben im Tmolos und Sipylos, eingerichtet war. Die Sage vom Argonautenzug und Goldenen Vlies hängt damit zusammen; wie Appian erzählt, gewannen die Anwohner der Flüsse um Kolchis das G., indem sie zottige Schaffelle in diese Gewässer legten und so die von denselben geführten Goldteilchen auffingen. Auch die übertriebenen Erzählungen vom Schatz des Krösos, Königs von Lydien, beruhen auf der Thatsache des alten Goldreichtums in jenen Teilen Kleinasiens.

Im klassischen Altertum waren die Goldminen auf der Insel Thasos im Ägeischen Meer berühmt, und es werden jene von Skapte Hyle (in Thrakien), von Astyra bei Abydos und auf der Insel Syphnos bei Herodot und Xenophon öfters genannt. Ergiebiger erwies sich aber die Goldgewinnung, welche Karthager und Römer, wenigstens seit der Zeit des Augustus, auf der Iberischen Halbinsel betrieben; der Goldreichthum von Lusitanien, Galläcien und Asturien wird von Strabon und Plinius als sehr groß beschrieben, und sowohl die Goldwäschen des Duero und Tajo als der Ertrag der römischen Bergbaue in den Pyrenäen lassen einen ganz geregelten Hüttenbetrieb vermuthen. Neben diesen Bauten in Spanien waren die Goldgruben auf den Cevennen in der Provinz Aquitania und in andern Teilen Galliens schon Strabon bekannt; ebenso waren in den römisch-dacischen Ländern (Siebenbürgen) trefflich ausgebeutete Goldgruben, und auch noch an andern Stellen der Karpathen und in einzelnen Teilen der Alpen (Tauernkette) sind schon damals Goldfunde gemacht und Baue betrieben worden.

Ein großer Teil dieser europäischen Erträge hörte im Mittelalter auf. In Spanien waren zur Zeit