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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Golownin; Golowtschin; Golßen; Goltermann; Golther; Goltz

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Golownin - Goltz.

or American impressions" (Lond. 1855) und in deutscher, englischer, französischer und russischer Sprache eine "Russian and United States Correspondence" heraus, welche indes schon 1856 wieder einging. Die spätern Arbeiten Golowins hatten wieder mit Ausnahme der zwei russisch geschriebenen Werke (einer "Geschichte der französischen Revolution", Leipz. 1860, und "Deutschland und Deutsche", das. 1860) die Geschichte und Zustände Rußlands zum Gegenstand, so: "Histoire d'Alexandre I" (das. 1859); "Histoire de Pierre I" (das. 1861); "La Russie depuis Alexandre le Bien-intentionné" (das. 1859); "La constitution" (das. 1862); "Études et essais" (Par. 1864); "Rußland unter Alexander II." (Leipz. 1870); "Frankreichs Verfall" (das. 1872); "La Russie autocratique" (Par. 1873); "Russische Geheimnisse" (deutsch, Großenh. 1882) u. a. Über die polnische Frage veröffentlichte er 1863 drei Flugschriften und betrat 1866 mit der Schrift "L'Europe impérialiste" das Gebiet der hohen Politik. Auch gibt er eine periodische Schrift: "Le paysan du Volga" heraus.

Golownin, Wasilij Michailowitsch, russ. Seemann, geb. 8. April 1776 zu Rjäsan, ward im Seekadettenkorps zu Kronstadt erzogen und focht dann in der englischen Marine gegen die Franzosen. Später nach Rußland zurückberufen, trat er 1806 eine Reise um die Welt an mit dem Auftrag, die Küsten des nordöstlichen Asien und nordwestlichen Amerika zu untersuchen. Allein auf den Kurilen wurde er verräterisch überfallen und 1811-13 von der Regierung von Japan gefangen gehalten. Die Schilderung dieser seiner Gefangenschaft ist fast in alle europäischen Sprachen übersetzt worden (deutsch von Schulz, Leipz. 1817). Außerdem aber verfaßte G. auch einen Bericht über den ersten Teil seiner Reise (Petersb. 1819), in dem namentlich die Aufnahme der Kurilischen Inseln von großem Interesse ist. Von einer zweiten Weltumseglung 1817-19 berichtete G. ebenfalls ausführlich (Petersb. 1822, 2 Bde.). G. starb als Vizeadmiral und Generalintendant des ganzen Seewesens 12. Juli 1831 in Petersburg. Eine Gesamtausgabe seiner Werke, darunter auch eine "Geschichte der Schiffbrüche", wurde 1864 in 5 Bänden von seinem Sohn veranstaltet. - Letzterer, Alexander Wasiljewitsch G., war ein Jugendfreund des Großfürsten Konstantin, an dessen reformatorischen Bestrebungen er eifrigen Anteil nahm, wurde 1859 zum Geheimrat und Staatssekretär ernannt, übernahm 6. Jan. 1862 das Unterrichtsministerium und erwarb sich um die Hebung des Schulwesens und der Volksaufklärung bedeutende Verdienste. Als das Attentat 4. April 1866 eine rückläufige Bewegung namentlich auf dem Gebiet des Unterrichts zur Folge hatte, schied G. 26. April d. J. aus seinem Amt, welches Graf Tolstoi übernahm. G. ist jetzt Mitglied des Reichsrats.

Golowtschin (Holowczin), Flecken im russ. Gouvernement und Kreis Mohilew, am Babitsch, mit 1000 Einw. Hier letzter Sieg Karls XII. von Schweden über die Russen unter Menschikow 10. Juli 1708.

Golßen, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, Kreis Luckau, nahe der Dahme und an der Linie. Berlin-Dresden der Preußischen Staatsbahn, hat ein Schloß des Grafen zu Solms-Baruth, Stärkefabrikation, Kohl- und Tabaksbau und (1885) 1579 evang. Einwohner.

Goltermann, Georg Eduard, Violoncellist und Komponist, geb. 19. Aug. 1824 zu Hannover, erhielt seine Ausbildung in seiner Vaterstadt und 1847-49 unter Menter und Fr. Lachner in München, trat 1851 als Cellovirtuose in einem der Leipziger Gewandhauskonzerte mit großem Erfolg auf, ging 1852 als Musikdirektor nach Würzburg und wurde in demselben Jahr zweiter, 1874 erster Kapellmeister am Stadttheater zu Frankfurt a. M., wo er noch lebt. Als schaffender Künstler hat er sich namentlich durch seine Violoncellkompositionen und seine Lieder vorteilhaft bekannt gemacht.

Golther, Ludwig von, württemberg. Minister, geb. 11. Jan. 1823 zu Ulm, besuchte das dortige Gymnasium, studierte in Tübingen die Rechte, trat sodann in den Staatsjustizdienst, ward 1847 Gerichtsaktuar in Künzelsau, 1850 Oberjustizassessor in Ellwangen, trat 1851 als Regierungsrat bei der Ablösungskommission in das Departement des Innern über, ward 1856 Assessor bei der Oberregierung, 1858 Oberregierungsrat, 1861 nach dem Rücktritt Rümelins wegen Nichtgenehmigung des Konkordats unter Ernennung zum Staatsrat mit der Leitung des Departements des Kirchen- und Schulwesens betraut und im September 1864 zum Kultusminister ernannt. Er regelte das Verhältnis der katholischen Kirche zum Staate durch das Gesetz vom 30. Jan. 1862 (vgl. sein Werk "Der Staat und die katholische Kirche im Königreich Württemberg", Stuttg. 1874) und förderte besonders das Unterrichtswesen durch Verbesserung der ökonomischen Lage und der amtlichen Stellung der Volksschullehrer, Durchführung des Fortbildungs-, des Zeichen- und Turnunterrichts in Stadt und Land, die Errichtung des Realgymnasiums in Stuttgart, die Organisation des Polytechnikums als akademischer Anstalt sowie die Bildung der naturwissenschaftlichen Fakultät in Tübingen. Nachdem er 1867 auch das Präsidium des Geheimen Rats erhalten, ward er 1870 auf seine Bitte dieser Funktionen enthoben, da er als eifriger Großdeutscher das Bündnis mit Preußen bekämpfte, und zum Präsidenten des evangelischen Konsistoriums ernannt. Er starb 17. Sept. 1876 in Stuttgart. Aus seinem Nachlaß erschien die Studie "Der moderne Pessimismus" (Leipz. 1878).

Goltz, von der, ein in Preußen weitverbreitetes, mit einem Zweig auch in den Niederlanden ansässiges, teils gräfliches, teils freiherrliches Geschlecht, aus dem manches hervorragende Mitglied der preußischen Militär- und Zivilverwaltung hervorging (vgl. Friedr. Freiherr v. d. Goltz, Nachrichten über die Familie der Grafen und Freiherren v. d. G., Straßb. 1886). Merkwürdig sind:

1) August Friedrich Ferdinand, Graf von der, preuß. Staatsmann, geb. 20. Juli 1765 zu Dresden, studierte in Leipzig und Frankfurt a. O., trat 1787 in den preußischen Staatsdienst und bekleidete nacheinander die Gesandtschaftsposten in Polen, Dänemark, Schweden und Rußland. 1807 folgte er dem Zaren in das Hauptquartier nach Ostpreußen und übernahm, als Napoleon bei den Friedensunterhandlungen zu Tilsit die Zuziehung des Ministers v. Hardenberg verweigerte, das Portefeuille des Auswärtigen, worauf er gemeinschaftlich mit dem Grafen v. Kalckreuth den Tilsiter Frieden abschloß. Dem Kongreß von Erfurt 1808 wohnte er als preußischer Bevollmächtigter bei, behauptete sich auch unter Hardenberg auf seinem Posten und schloß 1812 die Verträge mit Frankreich. Beim Beginn des Befreiungskriegs blieb er als Präsident der Regierungskommission in Berlin, ward nach dem ersten Pariser Frieden Oberhofmarschall, 1816 Gesandter am Bundestag und 1817 Staatsrat. 1824 vom Bundestag abberufen, trat er wieder als Oberhofmarschall ein und starb 17. Jan. 1832.