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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gravōsa; Gravüre; Gray

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Gravosa - Gray.

Naumburg a. S., vorgebildet in Schulpforta, studierte seit 1650 in Leipzig die Rechte, trieb dann, durch einen Besuch bei Joh. Friedr. Gronov bestimmt, zu Deventer und Amsterdam humanistische Studien, wurde 1656 Professor der Beredsamkeit in Duisburg, 1658 Nachfolger Gronovs in Deventer, 1661 Professor der Beredsamkeit, 1667 auch der Geschichte und Politik in Utrecht und starb 11. Jan. 1703 daselbst. Trotz seines großen Ruhms war seine litterarische Thätigkeit doch bereits mehr breit als tief. Außer seinen Ausgaben von Hesiod, Cicero (von besonderm Wert), Cäsar, Catull, Tibull, Properz, Sueton, Florus, Justin etc., sämtlich cum notis variorum, nennen wir: "Thesaurus antiquitatum romanarum" (Utr. 1694 bis 1699, 12 Bde.) und "Thesaurus antiquitatum et historiarum Italiae etc." (fortgesetzt von Burmann, Leiden 1704-25, 45 Bde.). Sein Leben beschrieben P. Burmann (Leiden 1703) und Jacob in dem Pfortaschen Festprogramm 1843.

Gravōsa (slaw. Gruž), Dorf in Dalmatien, Bezirkshauptmannschaft Ragusa, nördlich von dieser Stadt an der ins Land einschneidenden Meeresbucht gelegen, der eigentliche Hafen von Ragusa, Landungsplatz der Lloyddampfer (1883 sind 791 Handelsschiffe mit 214,227 Ton. eingelaufen), mit (1880) 677 Einw., Dominikanerkonvent, zahlreichen Landhäusern der Ragusaner und einem Hauptzollamt.

Gravüre (franz.), Erzeugnis der Gravierkunst, Kupfer-, Stahlstich; bei den Franzosen auch Holzschnitt und jede nichtfarbige Abbildung überhaupt.

Gray (spr. gräh), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Obersaône, nordwestlich von Besançon, an der Saône, im Kreuzungspunkt mehrerer Linien der Ostbahn, der Eisenbahn Paris-Lyon und der Lokalbahn G.-Bucey lès Gy, hat enge, steile Straßen, Reste des Schlosses der Herzöge von Burgund, eine schöne Kirche im Renaissancestil, ein Stadthaus, eine alte, auf 14 Bogen ruhende steinerne Brücke (aus dem 13. Jahrh.) und eine neue Hängebrücke, einen guten, stark besuchten Hafen und (1881) 7185 Einw., welche Fabrikation von Eisenwaren, Schiffbau, Roßhaarweberei und Handel mit Mehl, Getreide und Eisen betreiben. G. hat ein Kommunalcollège, eine Bibliothek (15,000 Bände), ein Naturalienkabinett und ist Sitz eines Gerichtshof und eines Handelsgerichts. - Es war schon im 7. Jahrh. gegründet. Die ehemaligen Festungswerke ließ Ludwig XIV. 1668 demolieren. Im Krieg von 1870/71 war G. von Wichtigkeit für die militärischen Operationen auf dem südöstlichen Schauplatz. Vgl. Gatin und Besson, Histoire de la ville de G. (Besançon 1851, 2 Bde.).

Gray (Grey, spr. greh); 1) Johanna (Jane), Königin von England, geb. 1537, war die Tochter der Marquise Frances von Dorset und daher die Enkelin der Herzogin Maria von Suffolk, der jüngern Schwester König Heinrichs VIII. von England. Eduard VI., Sohn und Nachfolger Heinrichs VIII., hatte, gegen die von seinem Vater getroffenen Anordnungen, während seiner letzten Krankheit seine beiden Schwestern Maria und Elisabeth als illegitime Sprößlinge von der Thronfolge ausgeschlossen und die junge Johanna G. als entschiedene Anhängerin des Protestantismus zu seiner Nachfolgerin ernannt. Der Anstifter dieser Maßregel war Dudley, Herzog von Northumberland, der seinen jüngsten Sohn, Lord Guilford Dudley, mit Johanna vermählt hatte. Nach Eduards VI. Tod 6. Juli 1553 kündigte Northumberland seiner Schwiegertochter ihre Thronbesteigung an. Nur mit Widerstreben ließ sich diese, welche der Politik bisher ganz fern gestanden hatte, bewegen, ihr häusliches Stillleben und die gelehrten Studien, welche dasselbe ausgefüllt hatten, zu verlassen, um das zweifelhafte Glück einer Krone dafür einzutauschen; sie wurde 10. Juli 1553 zu London als Königin ausgerufen. Das Volk, welches das Gesetzwidrige dieses Verfahrens einsah, verhielt sich schweigend. Northumberland hatte zwar alle Maßregeln aufs klügste getroffen, aber die Prinzessin Maria, die rechtmäßige Erbin der Krone, nicht in seine Gewalt bekommen können; vielmehr hatte Maria sich nach Norfolk begeben, ihre Anhänger um sich gesammelt und sich als Königin ausrufen lassen. Während Northumberland ihr mit Heeresmacht entgegenrückte, brach in der Familie Johannas selbst Zwiespalt aus, da sie, um nicht bloß als Kreatur der Dudleys zu erscheinen, ihren Gemahl nicht neben sich als König krönen lassen wollte, und gleichzeitig erklärten sich die Hauptstadt, der Geheime Rat, die Flotte und die in den Grafschaften aufgebotenen Truppen für Maria, der sich nun auch Northumberland selbst unterwerfen mußte. Maria zog nun in London ein, Johanna aber ward nebst ihrem Gemahl, ihrem Vater und ihrem Schwiegervater verhaftet und in den Tower gesetzt. Northumberland mußte schon 22. Aug. das Schafott besteigen, während Johannas Vater, der Herzog von Suffolk, einstweilen die Freiheit erhielt. Gegen Johanna und ihren Gemahl wurde zwar das Todesurteil gesprochen, doch nicht vollstreckt; sie blieben in strenger Haft im Tower. Erst die Teilnahme des Herzogs von Suffolk an der Empörung des Thomas Wyatt und Peter Carew gegen die Königin (Februar 1554) gab dem Schicksal des jungen Paars eine unglückliche Wendung. Maria, damals zu blutigen Maßregeln geneigt, kündigte der Gefangenen, obwohl dieselbe an den letzten Ereignissen unschuldig war, die Vollstreckung des Todesurteils an und schickte ihr einen katholischen Geistlichen, der sie aber vergeblich zum Übertritt zur katholischen Kirche zu bewegen suchte. Am 12. Febr. 1554 fand die Hinrichtung innerhalb des Towers statt, weil der Staatsrat besorgte, die Jugend und Schönheit Johannas möchten das Mitleid des Volkes erregen. Fünf Tage darauf wurde ihr Vater hingerichtet. Das Schicksal Johannas gab mehreren Dichtern Stoff zu dramatischen Darstellungen, Delaroche zu einem trefflichen Gemälde. Ihre kleinen Schriften gab Frère heraus unter dem Titel: "Fragments littéraires de Lady Jeanne G." (Rouen 1832). Vgl. Harris Nicolas, Memoirs and remains of Lady Jane G. (neue Aufl., Lond. 1832); Dargaud, Histoire de Jane G. (Par. 1862).

2) Thomas, einer der besten engl. Lyriker des 18. Jahrh., der britische Pindar genannt, geb. 26. Dez. 1716 zu London, ward in Eton gebildet und widmete sich zu Cambridge dem Studium der Rechte und der alten Sprachen. Später (1739) begleitete er seinen Jugendfreund Horace Walpole auf seiner Reise durch Frankreich und Italien, kehrte aber, nachdem er sich mit ihm überworfen, 1741 nach England zurück. G beschrieb seine Reise in den trefflich abgefaßten "Letters; journal of a tour in Italy". Er lebte nun als Rechtsgelehrter in Cambridge, bis er 1768 Professor der neuern Geschichte daselbst wurde. Als solcher starb er 30. Juli 1771. In seinen vielfach aufgelegten Gedichten (zuerst gesammelt, Lond. 1768) vereinigen sich poetisches Feuer und Würde des Gefühls mit Kraft der Gedanken und Eleganz des Stils und der Sprache. Äm berühmtesten ist seine "Elegie auf einem Dorfkirchhof", 1751 gedichtet und in fast alle Sprachen Europas, sogar ins Griechische und Hebräische, übersetzt (deutsch von Gotter, Kosegarten, Seume, Müller,