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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Griechenland

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Griechenland (Alt-G.: Geschichte bis 476 v. Chr.).

des Festlandes; ihre von den Rivalen der Griechen, den Phönikern, gebildete Flotte besiegte die uneinigen Ionier bei Lade 494; Milet wurde dem Erdboden gleichgemacht und auch die Inseln wieder unterworfen und aufs grausamste bestraft.

Zeitalter der Perserkriege.

Spartas König Kleomenes hatte das Hilfegesuch des Aristagoras zurückgewiesen, das Orakel zu Delphi that nichts, um die Gesamthellenen zum gemeinsamen Kampf gegen die Barbaren aufzurufen; bloß Athen und Eretria hatten den Ioniern mit 25 Schiffen Hilfe geleistet, aber nach dem Mißerfolg des Zugs gegen Sardes sich zurückgezogen. Auch als die Perser in Thrakien sich festsetzten und den Makedonierkönig Amyntas zwangen, die Oberhoheit des Großkönigs anzuerkennen, erwachte in Hellas noch nicht die Erkenntnis der nahen Gefahr. Den persischen Machthabern erschien die Unterwerfung der sämtlichen griechischen Städte bloß als eine Frage der Zeit, und nur darüber waren sie (wie z. B. Artaphernes und Mardonios) uneinig, ob man dabei gewaltsam die griechische Nationalität ausrotten oder die Hellenen mit beschränkter staatlicher Unabhängigkeit, aber mit ihren eigentümlichen Sitten, Sprache, Religion und Staatsformen in das Weltreich aufnehmen solle. Bereits 492 unternahm der philhellenische Mardonios einen Zug durch Thrakien gegen Hellas, den der Schiffbruch seiner Flotte am Athos unterbrach. Gleichzeitig sollte das den Phönikern stammverwandte Karthago der Macht der Griechen in Italien und Sizilien ein Ende machen. Diesen schien unabwendbar das Schicksal der Phöniker zu drohen: daß zwar ihre Existenz erhalten blieb, ihr Handel und Verkehr fortblühen konnten, ihre eigenartige Entwickelung zu einer Nation jedoch für immer abgeschnitten wurde. Da aber traten die Hellenen des Mutterlandes, vor allem die kräftigsten Staaten desselben, Athen und Sparta, als Retter der griechischen Freiheit auf und erhoben das eigentliche Hellas, das vor der üppigen Entwickelung der Kolonien fast zurückgetreten war, zum Mittelpunkt der griechischen Welt und zu einer dem asiatischen Reich ebenbürtigen politischen Macht. Dies ist die Bedeutung der Perserkriege (490-479).

Der Sturz der Peisistratiden und die Verfassungsreform des Kleisthenes sowie die glückliche Abwehr der spartanischen Einmischung hatten das Selbstbewußtsein und den Patriotismus der Athener bedeutend gesteigert. Der Widerwille gegen jede Fremdherrschaft, die Zuversicht auf eine glänzende Zukunft des Vaterlandes war nirgends so lebendig wie in Athen, und es fehlte auch an hervorragenden Männern nicht, welche, auf diese Stimmung der Bürgerschaft gestützt, mit weit blickender Einsicht die Kräfte des Staats entwickelten und seine Politik in eine neue, vielverheißende Bahn lenkten: Aristeides, Themistokles und Miltiades. Dem letztern war der Sieg bei Marathon (12. Sept. 490) zu danken, welchen die Athener, nur von einer Schar Platäer unterstützt, über das große Heer der Perser unter Datis und Artaphernes erfochten, welches Eretria zur Strafe für die den Ioniern geleistete Hilfe zerstört hatte und in Attika gelandet war, um auch Athen zu züchtigen und Hippias als persischen Vasallen wieder auf den Thron zu setzen. Der Mißerfolg der Unternehmung gegen Paros, für welchen Miltiades hart büßen mußte, entmutigte die Athener nicht. Auf Antrieb des Themistokles, der bereits 493 den neuen Hafen Piräeus gegründet hatte, beschlossen sie, eine große Kriegsflotte zu erbauen und die Einkünfte der laurischen Silberbergwerke darauf zu verwenden. Der Grundstein zur Größe Athens war damit gelegt, zunächst die Herrschaft auf dem Element gewonnen, auf dem man allein die Perser mit Erfolg zu bekämpfen hoffen konnte. Denn so volkreich und blühend Hellas damals auch war, so trübe waren die politischen Verhältnisse. Sparta galt zwar als der hegemonische Staat, zeigte sich aber seiner Stellung keineswegs würdig. Es unterwarf sich den Persern nicht und ließ, wie Athen, die Gesandten des Großkönigs töten; aber ebensowenig setzte es nun alle seine Kräfte ein und stellte sich mutig an die Spitze ganz Griechenlands. Von den andern Staaten neigten einige offen zu den Persern, wie Argos aus Haß gegen Sparta, Theben und Korinth aus Eifersucht gegen Athen, die Aleuaden in Thessalien aus Eigennutz und Herrschsucht. Die Aristokraten fürchteten das Emporkommen der Demokratie infolge einer großen Volkserhebung gegen den auswärtigen Feind und wünschten ein freundschaftliches Verhältnis zu den fremden Königen: so namentlich die delphische Priesterschaft. Andre verkannten die Gefahr und zeigten sich lau und unthätig. Als daher Xerxes 480 mit einem ungeheuern Heer in G. eindrang, war der Widerstand nicht allgemein. Nordgriechenland wurde preisgegeben, ein kleines Landheer, zu dem die Spartaner nur 300 Mann unter dem König Leonidas stellten, sperrte die Thermopylen, während 271 Trieren unter dem Spartaner Eurybiades u. unter Themistokles sich am Vorgebirge Artemision sammelten, um dem Landheer den Rücken zu decken. Leonidas fand durch den Verrat des Ephialtes einen heldenmütigen Untergang; die Flotte kämpfte gegen die Perser, welche auch durch Stürme große Verluste erlitten, nicht unglücklich, mußte aber nach dem Verlust der Thermopylen nach dem Saronischen Meerbusen zurückkehren. Ganz Mittelgriechenland fiel in die Hände des Feindes, die Athener flüchteten auf ihre Schiffe und nach Salamis und Trözen. Die Uneinigkeit und Entmutigung unter den Griechen waren groß. Die Peloponnesier wollten bloß ihre Halbinsel verteidigen, und nur durch eine List gelang es Themistokles, die griechische Flotte zu dem Sieg bei Salamis (20. Sept. 480) zu zwingen. Xerxes mit seiner Flotte ging nach Asien zurück und ließ nur ein auserlesenes Landheer von 300,000 Mann unter Mardonios in Europa zurück, um die Unterwerfung von Hellas im nächsten Jahr zu vollenden. In diesem (479) zeigte sich Sparta in der Sammlung des peloponnesischen Heerbannes so saumselig, daß Mardonios zum zweitenmal in Attika eindrang, das von seinen Einwohnern wiederum geräumt worden war, und es völlig verwüstete. Erst im Spätsommer ward durch den Sieg der Griechen bei Platää das Perserheer vernichtet. Das griechische Festland war jetzt für immer gegen die Perser gesichert. Schon hatten aber die Griechen begonnen, auch den Archipel von den Feinden zu säubern. Noch 480 hatte Themistokles die Kykladen zum Anschluß an Hellas bewogen; 479 segelte eine Flotte unter Leotychides und Xanthippos nach Kleinasien, und am Vorgebirge Mykale eroberte die Mannschaft das persische Schiffslager. Ionien wurde befreit, durch die Eroberung von Sestos und Byzantion die beiden Meerengen des Hellespont und des Bosporus in griechische Gewalt gebracht, ja sogar schon ein Teil von Cypern erobert.

Rivalität Athens und Spartas.

Nach der Schlacht von Platää hatten die siegreichen Staaten ihren Waffenbund erneuert und die Höhe der Bundesstreitmacht festgesetzt; Haupt des Bundes war Sparta. Auch im Seekrieg hatte es zuerst die Führung. Als aber Pausanias 476 wegen seiner