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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Haferdistel; Haferreis; Haferschlehe; Hafertrespe; Haferweihe; Haferwurz; Haff; Haffner

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Haferdistel - Haffner.

dichter als bei andern Halmfrüchten, da viele Körner taub sind oder zu Grunde gehen, und überwalzt auf austrocknendem Boden die aufgelaufene Saat nochmals. Das Drillen ist mit Unrecht beim H. weniger als bei anderm Getreide gebräuchlich. Pro Hektar nimmt man 146-196 kg bei breitwürfiger Saat und 121-147 kg beim Drillen als Saatgut. Besonderer Pflege bedarf der H. nicht, ist für dieselbe aber sehr dankbar, zumal für das Behacken der Drillreihen, resp. das Eggen der handhohen breitwürfigen Saat. Mit der Ernte darf man nicht zu lange warten, da die Körner leicht ausfallen und anderseits ein Nachreifen in den Garben stattfindet. Man erntet auf 1 Hektar 69-103 Neuscheffel Körner und 2350-3520 kg vorzügliches Futterstroh, welches dem der Gerste vorzuziehen ist. Ein Neuscheffel H. wiegt durchschnittlich 22,75 kg. Die reiche Strohernte und der relativ höhere Preis haben neuerdings vielfach die Gerste hinter dem H. zurückstehen lassen; auf magerm Boden und in rauhem Klima kann ohnedies nur H. gebaut werden. Auch für den H. hat man in der Neuzeit vorzügliche Sorten verbreitet, unter welchen die schottischen und die gezüchteten deutschen Sorten obenanstehen. Der Rispenhafer nimmt in seinen gestrecktkörnigen, gelben Formen mit leichterm Boden fürlieb (z. B. Goldhafer), für üppigen Boden sind die gedrungenen, weißkörnigen Arten (Eichelhafer) geeigneter; die begrannten Sorten findet man in dürren und in hohen Lagen vorherrschend, die mit farbigen Körnern werden fast nur aus Liebhaberei gebaut. Der Fahnen-, Stangen-, Trauben-, Kamm- oder türkische H. (A. orientalis Schreb.), mit höhern, steif aufrechten Halmen und schon in noch grünem Zustand mit zusammengezogenen, einseitig gewendeten Rispen, verträgt Frühlingsfröste besser als der gemeine, bestockt sich mehr, lagert sich nicht leicht, gibt aber nur in sehr guten Lagen bessere Erträge als der Rispenhafer, braucht 1-2 Wochen länger zur Reife, drischt sich schwerer, und sein Korn ist meist weniger wertvoll wegen der stärkern Spelze. Der chinesische oder große, nackte H. (A. chinensis) gibt selbst auf reichem Land schlechte Erträge; seine durch Pressen aus den Spelzen entfernten Körner werden zur Grütze verwandt, wie der ebenfalls sehr selten und fast nur in Österreich gebaute kleine, nackte H. (A. nuda L.). Letzterer ist vorzüglich zu Gemengsaaten geeignet und gibt leidliche Ertrage. H. enthält in 100 Teilen im Mittel 11,73 eiweißartige Körper, 6,04 Fett, 55,43 Stärkemehl und Dextrin, 10,83 Holzfaser, 3,05 Asche, 12,92 Wasser. Die eiweißartigen Stoffe des Hafers bestehen vorzugsweise aus Pflanzenkasein von der Zusammensetzung und den Eigenschaften des Legumins, jedoch mit dem Schwefelgehalt und den Löslichkeitsverhältnissen des Glutenkaseins. Infolge dieses hohen Gehalts an Kasein erscheint der H. den Hülsenfrüchten sehr ähnlich. In geringer Menge enthält er außerdem sehr schwefelreichen Pflanzenleim (Gliadin). Die Asche enthält vorwiegend Kieselsäure, Phosphorsäure, Kali und Magnesia. Übrigens schwankt die quantitative Zusammensetzung nach Art, Varietät, Bodenbeschaffenheit und Klima. - Der H., dessen ursprüngliches Vaterland man nicht mehr kennt, obwohl das Donaugebiet dafür gelten mag, kann füglich als die ursprüngliche europäische Brotfrucht angesehen werden. Kelten und Germanen kultivierten ihn schon vor 2000 Jahren, und er scheint sich von da aus in den gemäßigten und kalten Erdstrichen aller Weltteile verbreitet zu haben. Ägyptern, Hebräern, Griechen und Römern war er nicht bekannt. Mit der Einführung nahrhafterer und besserer Cerealien wurde er immer mehr auf magern Boden und in unwirtliche Gegenden zurückgedrängt und dient gegenwärtig vorzüglich nur unsern Haustieren und ärmern Menschen zur Nahrung. In Schottland bäckt man, wie ehedem auch in Deutschland, Brot daraus. Jetzt ist bei uns die Hafergrütze noch gebräuchlich, auch wird zu einigen belgischen Weißbieren viel H. verbraucht.

Haferdistel, s. Cirsium.

Haferreis, s. Zizania.

Haferschlehe, s. Pflaumenbaum.

Hafertrespe, s. Bromus.

Haferweihe, in einigen Gegenden Norddeutschlands der St. Stephanstag (26. Dez.), der anderwärts der große Pferdstag hieß, weil man an ihm ehemals Hafer und Häcksel ins Freie trug und Wettrennen anstellte, damit die Pferde gedeihen sollten, auch später Hafer und Pferde vom Geistlichen kirchlich weihen ließ.

Haferwurz, s. Scorzonera und Tragopogon.

Haff (dän. Hav, "Meer"), Name dreier großer Strandseen an der Südküste der Ostsee, die zwar mit dem Meer in Verbindung stehen und zum Teil nur durch Sanddünen davon getrennt sind, aber süßes Wasser und starke Ausströmung haben; s. Frisches Haff, Kurisches Haff und Pommersches Haff.

Haffner, 1) Wolfgang von, dän. Staatsmann, geb. 10. Sept. 1810, stammt aus einer angesehenen adligen Familie, trat frühzeitig in die Armee und avancierte bis zum Rittmeister, übernahm nach dem Tod seines Vaters die Verwaltung des im nördlichen Seeland belegenen Stammguts Egholm und entfaltete hier und in verschiedenen kommunalen Stellungen eine reiche Thätigkeit. 1866 zum Landsthingsabgeordneten erwählt, übernahm H. 1869, als sein Schwager, der Graf Frijs-Frijsenborg, sein Ministerium rekonstruierte, das Portefeuille der innern Angelegenheiten und 1870 im Ministerium Holstein-Holsteinborg das Kriegsministerium, das er fast drei Jahre lang behielt und auch im Ministerium Estrup 1875-77 mit Erfolg innehatte. Während der Zeit gelang es ihm, den guten Wehrstand der Armee aufrecht zu halten und zu verbessern. Seitdem beschränkte Haffners politische Thätigkeit sich auf die Stellung eines hervorragenden Mitgliedes des Reichstags.

2) Paul Leopold, kathol. Theolog, geb. 21. Jan. 1829 zu Horb im württembergischen Schwarzwald, studierte in Tübingen, wo er dann, 1852 zum Priester geweiht, Repetent am Wilhelmstift war, wurde 1855 Professor der Philosophie am theologischen Seminar in Mainz und 1866 Domkapitular. Am 25. Mai 1886 wurde er vom Papst auf den seit Kettelers Tod verwaisten Mainzer Bischofsstuhl berufen; seine Konsekration erfolgte 25. Juli. H. war seit langem im Dienste der römischen Kirche streitbar in Schrift und Wort thätig, einer der Hauptsprecher auf den Versammlungen der Katholikenvereine, Mitbegründer der Görres-Gesellschaft, des katholischen Broschürenvereins und Herausgeber der "Frankfurter zeitgemäßen Broschüren", zu denen er selbst mehrere seinen Standpunkt bezeichnende Beiträge lieferte ("Goethes Faust als Wahrzeichen moderner Kultur", 1879; "Ida Gräfin Hahn-Hahn", 1880; "Goethes Dichtungen auf sittlichen Gehalt geprüft", 1881; "Voltaire und seine Epigonen", 1884, u. a.). Von seinen übrigen Schriften sind anzuführen: "Die deutsche Aufklärung" (3. Aufl., Mainz 1864); "Der Materialismus in der Kulturgeschichte" (das. 1865); "Eine Studie über G. E. Lessing" (2. Aufl., Köln 1878); "Grundlinien der Philosophie" (Mainz 1881-84, 2 Bde.).