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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Han; Hanap; Hanau

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Han - Hanau.

Han (H. sur Lesse, spr. ang ssür laß), Dorf in der belg. Provinz Namur, Arrondissement Dinant, an der Lesse, einem Nebenfluß der Maas, berühmt durch seine an Stalaktiten reiche Grotte von 1138 m Länge (Trou de H.), mit (1885) 494 Einw.

Han (Hahn), Ulrich, erster Buchdrucker in Rom, 1467-78 (s. Buchdruckerkunst, S. 554).

Han., bei botan. Namen Abkürzung für H. F. Hance in Hongkong (China). Flora Hongkongs.

Hanap (franz.), in Auktionskatalogen vorkommende Bezeichnung für Humpen (s. d.).

Hanau, ehemalige Grafschaft, war seit dem 12. Jahrh. im Besitz der Herren von H., die anfangs auf der jetzt nicht mehr vorhandenen Burg Wachen-Buchen, nachher in Hagenowe, der jetzigen Stadt H., residierten. Nach Graf Reinhards II., der 1429 vom Kaiser Siegmund zum Reichsgrafen ernannt wurde, Tod (1451) teilten seine Söhne Reinhard III. und Philipp I. 1480 die Grafschaft H., welche durch die Erwerbung der Herrschaften Münzenberg (1255) und Lichtenberg im Elsaß (1480) vergrößert war. So entstanden die Grafschaft H.-Münzenberg in der Wetterau und die Herrschaft H.-Lichtenberg. Letztere bestand aus der Herrschaft Lichtenberg (s. d.) im Elsaß und aus einem Drittel der Grafschaft H., fiel später größtenteils an Hessen-Darmstadt und teilweise an Frankreich (jetzt Elsaß-Lothringen). - Graf Philipp Ludwig II. von H.-Münzenberg (1580-1612) bot den vertriebenen Niederländern in der Stadt H. ein Asyl. Ihm folgte sein Sohn Philipp Moritz. Nach der Schlacht bei Nördlingen zur Flucht genötigt, konnte er erst nach der Befreiung der Stadt H. von der Belagerung der Kaiserlichen und nach erfolgter Aussöhnung mit dem Kaiser 1636 in seine Besitzungen zurückkehren und starb schon 1638. Da auch sein Sohn Philipp Ludwig III. schon in seinem neunten Lebensjahr 1641 starb, so kam die Regierung nun an Johann Ernst, den Sohn des Grafen Albrecht, des Bruders von Philipp Ludwig II. und Stifters der Seitenlinie H.-Schwarzenfels. Nach dem Tod Johann Ernsts (1642) fiel H.-Münzenberg auf Grund eines 1610 abgeschlossenen Erbvertrags an die Linie H.-Lichtenberg. Das Haupt dieser von Philipp I. (gest. 1480), dem zweiten Sohn Reinhards II., abstammenden Linie war damals Graf Friedrich Kasimir, der infolge der Verheiratung der Gräfin Amalie Elisabeth von H. mit dem Landgrafen von Hessen-Kassel 1643 mit diesem einen Erbvertrag schloß, in welchem festgestellt wurde, daß nach dem Aussterben des hanauischen Mannesstamms das fürstliche Haus Hessen in H.-Münzenberg zur Regierung gelangen sollte. Friedrich Kasimir starb 1685 ohne männliche Erben, weshalb ihm in H.-Münzenberg Philipp Reinhard, seines Bruders Johann Reinhard älterer Sohn, folgte, welcher 1696 in den Fürstenstand erhoben wurde und 1712, ebenfalls ohne Söhne zu hinterlassen, starb. H.-Lichtenberg dagegen kam an Johann Reinhard, den Bruder des vorigen, der, 1696 gleichfalls in den Fürstenstand erhoben, das Direktorium der wetterauischen Grafen erhielt; auch fiel ihm 1713 H.-Münzenberg zu. Nach seinem Tod (1736), womit der ganze hanauische Mannesstamm erlosch, kam H.-Münzenberg infolge des oben erwähnten Erbvertrags an den Landgrafen Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel. H.-Lichtenberg ging dagegen an den Erbprinzen Ludwig von Hessen-Darmstadt über, der sich 1717 mit Charlotte, der einzigen Tochter Johann Reinhards, vermählt hatte. Wilhelm VIII. überließ die Grafschaft H. zunächst seinem Enkel Wilhelm; darauf ward dieselbe 1785 völlig mit Hessen-Kassel vereinigt, 1803 aber durch Reichsbeschluß zum Fürstentum erhoben. Nach 1806 stand H. eine Zeitlang unmittelbar unter Frankreich, ward 1810 dem Großherzogtum Frankfurt einverleibt, nach dem Frieden aber an Hessen zurückgegeben. Der Kurfürst Friedrich Wilhelm ernannte seine Gemahlin Gertrude, geschiedene Lehmann, zur Fürstin von H. (s. unten) und seine Kinder zu Prinzen und Prinzessinnen von H. 1866 kam das Fürstentum an Preußen und bildet einen Teil des Regierungsbezirks Kassel. Vgl. Hundeshagen und Wegener, Geographische Beschreibung der Grafschaft H. und Geschichte der Herren und Grafen von H. (Hanau 1782); Arnd, Geschichte der Provinz H. (das. 1858); Lehmann, Urkundliche Geschichte der Grafschaft H.-Lichtenberg (Mannh. 1862-64, 2 Bde.); Rathgeber, Die Grafschaft H.-Lichtenberg (Straßb. 1876); Wille, Die letzten Grafen von H.-Lichtenberg (Hanau 1886).

Hanau, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, ehedem Hauptstadt der Grafschaft H., 98 m ü. M., liegt in fruchtbarer Gegend am Einfluß der Kinzig in den Main, im Knotenpunkt der Linien Frankfurt-Göttingen der Preußischen Staats- und Frankfurt-Eberbach sowie Frankfurt-Aschaffenburg der Hessischen Ludwigsbahn, besteht aus Alt- und Neustadt, von denen die letztere, zu Ende des 16. Jahrh. von vertriebenen Niederländern und Wallonen gegründet, in Form eines Fünfecks mit rechtwinkelig sich kreuzenden Straßen angelegt ist. Der große, mit Bäumen bepflanzte Paradeplatz scheidet Neu- u. Altstadt. An Gebäuden sind nennenswert: das Schloß, ehedem Residenz der Grafen, mit einem Park; die Johanniskirche (1658-79 erbaut); die sehr alte Marienkirche (früher Kollegiatkirche) mit der Gruft der Grafen v. H.; die Neustädter Kirche (1600 erbaut), ein eigenartiger Bau, dessen Grundfläche aus zwei ineinander gefügten Kreisen besteht; die neue kathol. Kirche, das 1733 erbaute Rathaus mit Turm, das Theater, Zeughaus etc. Vom Main geht ein kurzer Kanal (1619 angelegt) bis vor die Stadt und dient zugleich als Hafen. Die Zahl der Einwohner beträgt (1885) mit der Garnison (2 Bat. Inf.-Reg. Nr. 97) 24,379, meist Evangelische. Der Haupterwerbszweig ist die Herstellung von Bijouteriewaren, für welche Branche auch eine Diamantschleiferei arbeitet; außerdem werden gefertigt: Tabak und Zigarren, Lederwaren, Hüte, Papier, Teppiche, Schokolade, Silber- und Platinwaren etc.; auch besitzt H. eine große Eisengießerei, 3 mechanische Werkstätten, bedeutende Bierbrauereien und in der Nähe eine große Pulverfabrik. Der Handel befaßt sich außer den Industrieerzeugnissen besonders mit Holz (vom Spessart), Droguen, Kolonialwaren, Wein und Getreide. H. ist Sitz eines Landgerichts (für die 22 Amtsgerichte zu Bergen, Bieber, Birstein, Burghaun, Eiterfeld, Fulda, Gelnhausen, Großenlüder, H., Hilders, Hünfeld, Langenselbold, Meerholz, Neuhof, Orb, Salmünster, Schlüchtern, Schwarzenfels, Steinau, Wächtersbach, Weyhers und Windecken), eines Hauptsteueramts, einer Handelskammer und einer Reichsbanknebenstelle. An höhern Schulen bestehen dort: ein Gymnasium, eine Realschule und eine Zeichenakademie; ferner hat H. ein Waisenhaus, ein Landkrankenhaus, eine Gesellschaft für Naturkunde, welche eine bedeutende Bibliothek und ein interessantes

^[Abb.: Wappen von Hanau.]