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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hanau; Hancock

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Hanau - Hancock.

Naturalienkabinett besitzt, einen Geschichtsverein, in dessen Lokal die Funde der Ausgrabungen in der Umgegend und die des Totenfeldes bei dem nahen Rücklingen ^[richtig: Rückingen] aufgestellt sind, einen Kunstindustrie- und einen Kunstverein.

Die in der Umgebung Hanaus aufgefundenen zahlreichen Urnen, Münzen etc. deuten darauf hin, daß der Gründung der Stadt wahrscheinlich eine römische Ansiedelung vorherging. 1393 wurde H. zur Stadt erhoben, von dem Grafen Philipp 1528 befestigt und mit einem neuen Schloß geziert. Bedeutung erhielt die Stadt erst, als gegen Ende des 16. Jahrh. eine aus ihrem Vaterland der Religion wegen vertriebene Kolonie von Niederländern sich hier niederließ, die Neustadt erbaute und das regste Industrieleben entwickelte. Im Dreißigjährigen Krieg von den Kaiserlichen 1630 blockiert, 1631 von den Schweden überfallen und 1636 abermals von den Kaiserlichen unter General Lamboy blockiert, wurde die Stadt 13. Juni 1636 durch ein schwedisches Korps unter dem Landgrafen Wilhelm V. von Kassel entsetzt, was einem nahen Walde den Namen Lamboywald und Veranlassung zu dem Lamboyfest gegeben hat, welches noch jetzt jährlich 13. Juni gefeiert wird. Im Februar 1638 wurde H. von den Kaiserlichen unter dem Grafen Wilhelm von Nassau-Dillenburg doch erstürmt, welcher der abenteuerlichen Herrschaft, die der schwedische Befehlshaber, ein Schotte Namens Ramsay, führte, ein Ende machte. Vgl. Wille, H. im Dreißigjährigen Krieg (Hanau 1886).

In der neuern Kriegsgeschichte ist H. durch die Schlacht vom 30. und 31. Okt. 1813, die letzte von Napoleon in Deutschland geschlagene, denkwürdig geworden. Nach dem Abschluß des Vertrags von Ried (8. Okt. 1813) zwischen Bayern und Österreich zog der bayrische General Wrede an der Spitze eines bayrisch-österreichischen Heers über Würzburg nach H., um den nach der Leipziger Schlacht dem Rhein zueilenden Franzosen den Rückzug abzuschneiden, und erreichte mit seiner Vorhut 28. Okt. H. Seine ganze Streitmacht zählte nach den Entsendungen, die er gemacht, noch etwa 40,000 Mann. Am 28. und 29. Okt. fanden kleine Vorgefechte statt, die damit endeten, daß die Bayern H. behaupteten, die Franzosen aber, 60,000 Mann stark, nachdem sie den Engpaß zwischen Schlüchtern und Gelnhausen ohne Hindernis passiert, die vereinzelten Abteilungen Wredes zurückwarfen und Langenselbold mit Sturm nahmen. Am 30. Okt. warf Napoleon die bayrische Vorhut aus Rückingen. Als er aus dem Lamboywald, der vor Wredes Fronte lag, hervorbrach, ward er zwar vom feindlichen Geschütz mit wirksamem Feuer empfangen und erlitt große Verluste; indes Drouet brachte Wredes Artillerie durch 50 Kanonen zum Schweigen, und ein Angriff der französischen Kavallerie durchbrach die bayrisch-österreichische Schlachtreihe. Wrede zog sich unter großen Verlusten über die Lamboybrücke auf das linke Ufer der Kinzig zurück. Am Morgen des 31. Okt. nahm Napoleon H., und der größte Teil seiner Armee konnte auf der freien Straße nach Frankfurt abmarschieren. Wrede schritt nun zu einem Angriff, um den Nachtrab der Franzosen abzuschneiden. Die Verbündeten nahmen das noch von zwei französischen Regimentern besetzte H. mit Sturm wieder, wobei Wrede selbst schwer verwundet ward; doch gelang es ihnen nicht, sich der von einer Batterie verteidigten Kinzigbrücke zu bemächtigen und dadurch den französischen Nachtrab abzuschneiden. Der Kampf währte noch bis in die Nacht, ohne daß eine andre Wendung herbeigeführt ward. Der französische Nachtrab marschierte 14,000 Mann stark unter Mortier, von Platow und Hadik verfolgt, während der Nacht über die Lamboybrücke nach Frankfurt ab. Der Kampf der beiden Tage hatte den Verbündeten gegen 10,000 Mann gekostet; der Verlust der Franzosen ist wohl nicht geringer gewesen, doch konnten sie ihren Rückzug an den Rhein bewerkstelligen. Wrede ward von den Monarchen, wiewohl er eine Niederlage erlitten, so geehrt, als wenn er den glänzendsten Sieg erfochten hätte. Die Schlacht ist allerdings von Bedeutung, weil sie die Treue Bayerns gegen die Alliierten verbürgte und demselben seine Integrität und Selbständigkeit sicherte. Vgl. Dörr, Die Schlacht bei H. (Kassel 1851); "Die Schlacht bei H. am 30. und 31. Okt. 1813" (Hanau 1863).

Hanau, Gertrude, Fürstin von, Gemahlin des letzten Kurfürsten von Hessen, geb. 18. Mai 1806 zu Bonn, war die Tochter katholischer Eltern Namens Falkenstein und heiratete einen preußischen Leutnant, Lehmann. Kurprinz Friedrich Wilhelm von Hessen (s. Friedrich 22) bewog die junge, schöne Frau, welche er in Bonn kennen lernte, sich von Lehmann, dessen Söhne später zu Baronen Scholley ernannt wurden, scheiden zu lassen, vermählte sich im August 1831 mit ihr, nachdem sie zur evangelischen Kirche übergetreten war, und erhob sie nach seiner Ernennung zum Mitregenten seines Vaters (30. Sept. 1831) zur Gräfin von Schaumburg. Die Ehe war in sofern eine glückliche, als der Kurfürst seiner Gattin treu blieb und diese ihm bis an sein Lebensende eine liebevolle Gefährtin war. Dennoch gereichte sie dem Land nicht zum Segen. Denn obwohl der Kurfürst 1851, nach Niederwerfung der Verfassung, seine Gemahlin zur "Fürstin von H." ernannte, so hatte er doch keine Aussicht, die Ebenbürtigkeit ihrer selbst und ihrer acht Kinder zu erreichen. Da die fremden Fürsten mit seltenen Ausnahmen sich weigerten, die Fürstin auf gleichem Fuß zu behandeln und ihr fürstliche Ehren zu erweisen, so schloß sich der Kurfürst gegen die andern deutschen Höfe völlig ab und zerfiel namentlich mit dem verwandten preußischen Königshaus. Der Adel des Landes entfremdete sich dem Hof, weil er seine Töchter nicht zu Hofdamen bei der Fürstin hergeben wollte. Diese strebte vor allem danach, für ihre nicht erbberechtigten Kinder ein großes Vermögen zu sammeln, und bewog ihren Gemahl zu vielen Schritten, welche das Verhältnis zu den Landständen störten und den spätern hartnäckigen Streit mit diesen verschärften. Seit dem Tod ihres Gemahls (6. Jan. 1875) lebte die Fürstin zu Prag, wo sie 9. Juli 1882 starb. Ihre Kinder führten den Titel Prinzen von Hanau und Grafen von Schaumburg.

Hancock (spr. hänn-), Winfield Scott, amerikan. General, geb. 14. Febr. 1824 zu Montgomery (Pennsylvanien), trat 1840 in die Akademie zu West Point und wurde 1846 Leutnant der Infanterie. Er machte den mexikanischen Krieg mit und war Generalstabskapitän, als 1861 der Bürgerkrieg ausbrach. Als Generalmajor der Freiwilligen trat er in die Potomacarmee, zeichnete sich 1862 in den Schlachten bei Williamsburg und Fredericksburg und 1863 bei Chancellorsville aus, wurde 3. Juli bei Gettysburg schwer verwundet und mußte längere Zeit dem Kriegsschauplatz fern bleiben. 1864 befehligte er in den Mai- und Junikämpfen das 2. Korps und wurde im August zum Generalmajor in der regulären Armee ernannt. Nach dem Krieg befehligte er mehrere Departements und erhielt 1872 vom Präsidenten Grant nach dem Tode des Generals Meade das des Atlantischen Ozeans mit dem Hauptquartier New York,