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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hannover

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Hannover (Geschichte: bis Ende des 17. Jahrhunderts).

Sohn Ernsts I., des Bekenners, der nach dem Tode des Vaters (gest. 1546) und der beiden ältern Brüder, Otto (gest. 1559) und Friedrich (gest. 1553), bei der Teilung mit seinem Bruder Heinrich (1569) den größern und bessern Teil der Lande, Lüneburg und Celle, erhielt. Von seiner Residenz Celle führte Wilhelm auch zuweilen den Titel Herzog zu Celle. Nachdem Wilhelm und Heinrich 1582 die Ämter Hoya, Nienburg, Liebenau und Bruchhausen und 1585 gemeinschaftlich mit Wolfenbüttel die Grafschaft Diepholz mit ihrem Gebiet vereinigt hatten, starb der erstere nach einer trefflichen, nur zuletzt durch anhaltende Schwermut getrübten Regierung 1592 in Celle und hinterließ sieben Söhne: Ernst II., Christian, August, Friedrich, Magnus, Georg und Johann. Nach Ernsts II. Tod (1611) trafen die sechs überlebenden Brüder, als Ersatz für das dem Haus mangelnde Primogeniturgesetz, zur Verhütung der Zerstückelung des Landes durch Teilungen das Abkommen, daß nur einer von ihnen sich vermählen und das Los hierüber entscheiden solle. Es fiel auf Georg (s. Georg 7). Derselbe vermählte sich mit Amalie Eleonore, Tochter Ludwigs V. von Hessen-Darmstadt, und diese beiden sind die Stammeltern des kurfürstlichen Hauses Braunschweig und des englischen Königshauses. Kraft des Vergleichs von 1611 trat Christian (s. Christian 5), nach Ernsts Tode der älteste der Brüder, allein die Regierung an, der 1617 das durch Herzog Philipps II. Tod erledigte Grubenhagen erwarb. Ihm folgte 1633 August, der dritte Prinz, unter dessen Regierung die Linie Braunschweig-Lüneburg-Dannenberg, die 1634 vertragsmäßig die wolfenbüttelsche Erbschaft angetreten hatte, 1635 einen Teil der erlangten Länder, namentlich Kalenberg sowie Hoya und Diepholz, an Lüneburg abtrat, welche Besitzungen jedoch August wieder seinem jüngern Bruder, Georg, überließ. August trat 1635 dem Prager Frieden bei und starb 1636. Unter seinem Nachfolger Friedrich fiel 1643 Harburg von der mittlern Linie Braunschweig-Lüneburg an die jüngere zurück. Friedrich überlebte alle seine Brüder, auch Georg, welcher 1641 starb, bevor er noch zur Regierung gelangte.

Bei Friedrichs Tod (1648) teilten die zwei ältesten Söhne Georgs, Christian Ludwig und Georg Wilhelm, den Bestimmungen des väterlichen Testaments gemäß das Land, dem zufolge Lüneburg, Grubenhagen, Diepholz und Hoya mit der Residenz Celle an erstern, Kalenberg und Göttingen, die seit 1641 Christian Ludwig besessen hatte, mit der Residenz Hannover an letztern fielen. Auf diese Weise spaltete sich der Stamm wieder in die beiden Linien Celle und H. (Kalenberg). Christian Ludwig von Celle war unablässig bestrebt, die schweren materiellen Schäden, die das Land im Dreißigjährigen Krieg erlitten, wieder zu heilen und durch Verbesserungen in der Verwaltung, strenge Rechtspflege, Sorge für die geistige Entwickelung seiner Unterthanen es seinem brandenburgischen Nachbar gleichzuthun. Aus den Entschädigungen des Westfälischen Friedens fiel ihm gemeinschaftlich mit der Linie H. das Bistum Osnabrück zu, derart, daß der bischöfliche Stuhl alternierend mit einem katholischen Prälaten und einem lutherischen Prinzen aus dem Haus Lüneburg besetzt werden sollte. Bei Christian Ludwigs Tod (1665) entspann sich zwischen den drei ihn überlebenden Brüdern, Georg Wilhelm von Kalenberg und den bisher apanagierten Prinzen Johann Friedrich und Ernst August, ein heftiger Streit über das vom erstern hier noch einmal in Anwendung gebrachte sogen. Kurrecht, wonach dem ältesten die freie Wahl eines der Landlose zustand. Georg Wilhelm (s. Georg 8) beanspruchte die bisher von Christian Ludwig innegehabten Lande Lüneburg und Grubenhagen und setzte seinen Anspruch trotz des heftigen Protestes seines Bruders Johann Friedrich glücklich durch. An den Ereignissen der Zeit thätigen Anteil nehmend, verband sich Georg Wilhelm 1666 mit den Generalstaaten gegen den Bischof von Münster, Bernhard v. Galen, sandte der Republik Venedig Hilfstruppen gegen die Türken, half 1671 dem Herzog Rudolf August von Braunschweig-Wolfenbüttel bei Unterwerfung der Stadt Braunschweig und erwarb durch Vergleich mit diesem die Ämter Dannenberg, Lüchow, Hitzacker und Scharnebeck. Infolge seiner Beteiligung an dem Bündnis gegen Frankreich und Schweden 1675 erlangte er die Fürstentümer Bremen und Verden, mußte dieselben jedoch schon 1679 wieder an Schweden zurückgeben. Nachdem er noch 1689 Sachsen Lauenburg an sich gebracht hatte, starb er 1705 ebenfalls ohne männliche Nachkommenschaft, daher sein Land nun an die Linie H. (Kalenberg), deren Haupt seit 1665 sein jüngerer Bruder, Johann Friedrich, war, fiel. Dieser war der Vermittler des Friedens zwischen Holland und Münster, und seine Truppen nahmen im Verein mit den Brandenburgern den Schweden die Stadt Bremen. Während in dem Krieg zwischen dem Kaiser und Frankreich (1673-79) sein Bruder Georg Wilhelm auf seiten des erstern stand, focht er auf seiten der Franzosen. Nachdem er bereits 1651 während seines ersten Aufenthalts zu Rom den protestantischen Glauben abgeschworen hatte, trat er nach Übernahme der Regierung mehr und mehr in die Fußstapfen Ludwigs XIV. von Frankreich, den er in seiner Residenz H. möglichst getreu zu kopieren suchte. Gleich seinem ältern Bruder suchte er die Macht der Stände zu brechen, führte dann aber eine so luxuriöse Hofhaltung, daß er ohne die französischen Subsidien nicht ausgekommen wäre. Er starb 1679, auf der Reise nach Italien begriffen.

Sein Nachfolger wurde der jüngste der Söhne Georgs, Ernst August (1679-98, s. Ernst 4), unter dessen Sohn Georg Ludwig zum drittenmal alle Lande des Hauses Braunschweig-Lüneburg vereinigt waren. Derselbe hatte sich 1658 mit Sophie, der Tochter des unglücklichen Böhmenkönigs, Friedrichs V. von der Pfalz, und der Elisabeth, der Tochter König Jakobs I. von England, vermählt, welche jedoch erst 22. März 1701 zur Erbin von Großbritannien erklärt wurde. 1682 proklamierte er für sein Land das Primogeniturrecht, dem zufolge der älteste Sohn, Georg Ludwig, nicht nur ganz Lüneburg-Grubenhagen, sondern auch die Lande des sohnlosen Georg Wilhelm von Celle, dessen einzige Tochter, Sophie Dorothea (s. d.), Georg Ludwig 1682 heimführte, einst allein erben sollte. Anderseits ward der Landeshaushalt ins Gleichgewicht gebracht, die ganze Verwaltung vom Kabinett des Fürsten aus mit Zuziehung von wenigen vertrauten Ministern, des Grafen von Platen und des Herrn v. Grote, geleitet. Als oberste beratende und kontrollierende Behörde stand dem Fürsten der jetzt wieder zu Ansehen gelangende Geheime Rat zur Seite und unter diesem die verschiedenen Verwaltungskollegien, die Kanzlei, hauptsächlich für Rechtssachen, die Kammer für das Finanzwesen, das Konsistorium und der Kriegsrat, alle mit streng gesonderten Ressorts. Sein sehnlichster Wunsch war die Erwerbung der kurfürstlichen Würde für sein Haus. Schon seit 1689 waren die Unterhandlungen darüber im Gang; 1692 wurde dann vom Kaiser die neue