Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hanswurst; Hanswurstiade; Hantel; Hantgemal; Hantieren; Hants; Hanusch

150

Hanswurst - Hanusch.

suchte 1840-44 die Gärtnerlehranstalt in Potsdam, studierte dann in Berlin Naturwissenschaft, promovierte 1848, lehrte an einigen Berliner Schulen, habilitierte sich 1855 als Privatdozent für Botanik an der Universität daselbst, wurde 1861 Kustos am königlichen Herbarium, 1865 Professor der Botanik in Bonn und Direktor des botanischen Gartens sowie des botanischen Instituts daselbst und starb 27. Aug. 1880 in Bonn. Er lieferte wichtige Arbeiten über Anatomie und Morphologie der Pflanzen und schrieb: "Untersuchungen über den Bau und die Entwickelung der Baumrinde" (Berl. 1853); "Über den Zusammenhang der Blattstellungen mit dem Bau des dikotylen Holzringes" (das. 1858); "Versuche über die Leitung des Saftes durch die Rinde" (das. 1860); "Die Milchsaftgefäße und die verwandten Organe der Rinde" (das. 1864); "Zur Entwickelungsgeschichte der Gattung Marsilia" (das. 1862-64, 2 Bde.); "Befruchtung und Entwickelung der Gattung Marsilia" (das. 1865); "Pilulariae globuliterae ^[richtig: globuliferae] generatio cum Marsilia comparata" (Bonn 1866); "Übersicht des natürlichen Pflanzensystems" (das. 1867); "Über die Organe der Harz- und Schleimabsonderung in den Laubknospen" ("Botanische Zeitung" 1868); "Die Scheitelzellgruppe im Vegetationspunkt der Phanerogamen" (Bonn 1869); "Die Entwickelung des Keims der Monokotyledonen und Dikotyledonen" (1870), "Die Parthenogenesis der Caelobogyne ilicifolia" (1877), "Einige Züge aus der Biologie des Protoplasmas" (1880) und "Beiträge zur allgemeinen Morphologie der Pflanzen" (1882) in dem von ihm herausgegebenen Sammelwerk "Abhandlungen aus dem Gebiet der Morphologie und Physiologie"; außerdem "Ch. G. Ehrenberg, ein Tagwerk auf dem Felde der Naturforschung" (Bonn 1877).

Hanswurst, ein ehemals stehender grotesk-komischer Charakter der deutschen Bühne, der volkstümliche Narr, welcher noch heute auf Volkstheatern, in Marionettenspielen und bei Seiltänzern sein Wesen treibt. Der Name H. erinnert an die ähnlichen Lustigmacher Pickelhering in Holland, Jean Potage ("Hans Suppe") in Frankreich, Maccaroni in Italien, Jack Pudding ("Hänschen Pudding") in England. Gefräßigkeit und eine immer rege Lachlust mögen Veranlassung zu den verschiedenen Namen gegeben haben, daher diese den Lieblingsgerichten der niedern Volksklassen der verschiedenen Nationen entlehnt sind. Das Wort kommt zuerst in der 1519 erschienenen niederdeutschen Bearbeitung von Brants "Narrenschiff" vor und wird dann von Luther in seiner gegen den Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel gerichteten Schrift "Wider Hanns Worst" (Wittenb. 1541) gebraucht. Als Bauernname erscheint H. in Probsts Fastnachtsspiel "Vom kranken Bauer und seinem Knecht Simon Hampel" (1553). Bei Hans Sachs ist "Wurst-Hans" fingierter Name von Fressern. Für den Narren im Schauspiel kommt der Name H. zuerst in einem Stück von 1573 vor; allgemeine Verwendung findet er dann in den sogen. Haupt- und Staatsaktionen gegen Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrh. als parodierender Narr, und nun fanden sich auch Schauspieler, welche diesen Charakter mimisch auszubilden bemüht waren. So stellte Jos. Ant. Stranitzky, ein Schlesier, welcher 1708 zu Wien als Nebenbuhler der italienischen Komiker auftrat, den H. in der Tracht und mit dem Charakter eines einfältig-possierlichen Salzburger Bauern dar. Sein würdiger Nachfolger war Gottfr. Prehauser aus Wien, der 1720 zuerst die Pritsche nahm. Unter den letzten Hanswursten der deutschen Bühne sind noch zu erwähnen: Schönemann in Berlin, Bernardon in Wien und Franz Schuch in Breslau. War aber der H. in der Kindheit der deutschen Bühne ein Grundpfeiler des dramatischen Interesses und lange Zeit die einzige Gestalt von wirklichem Leben und nationalem Charakter gewesen, so war er im Lauf der Zeit immer mehr verbildet worden; der harmlose Spaß reichte nicht mehr aus, und er mußte zu plumpen Zoten seine Zuflucht nehmen, um wenigstens die Masse noch zu interessieren. Daher kam es, daß der Feldzug, welchen das gelehrte Schauspiel gegen ihn eröffnete, so unglücklich für ihn endete. Den ersten und Hauptsieg über ihn errang 1737 die Neuberin, die den H. auf der Bühne selbst in einem von Gottsched eigens dazu verfaßten Stück feierlich begrub; in Berlin folgte Schönemann, in Wien Frhr. v. Pendel, mehr noch Sonnenfels, der sogar den modifizierten H. Stranitzkys von der Bühne vertrieb. Der H. blieb dessenungeachtet noch bis gegen 1770 die einzige Stütze der kleinen herumziehenden Schauspielertruppen, und als diese sich endlich ebenfalls des alten ehrlichen Kauzes schämten, erschien er unter andern Gestalten und unter andern Namen wieder, als: Kasperle, Larifari, Sepperl, Lipperl, Thaddädl, Staberl etc. Die stereotypen possierlichen Figuren in den Wiener Zauberpossen können den alten Ahnherrn nicht verleugnen. Als Verteidiger des Hanswurstes traten besonders Lessing und J. Moser auf, ersterer namentlich im 18. Stück der "Hamburgischen Dramaturgie", letzterer in seiner Schrift "Harlekin, oder Verteidigung des Grotesk-Komischen". Vgl. Görner, Der Hanswurststreit in Wien (Wien 1884); "Der Wiener H.", ausgewählte Schriften von Stranitzky u. a. (hrsg. von Werner, das. 1885 ff.).

Hanswurstiade, Hanswurstspiel, -Streich.

Hantel, ein Handturngerät, das meist aus zwei durch einen Griff verbundenen Eisenkugeln besteht, obgleich auch ring- und topfförmige Hanteln vorkommen. Das Wort ist von Jahn aus dem Niederdeutschen entlehnt, wo "der H." einen Handgriff, Henkel bezeichnet, ist aber jetzt meist als "die H." im Gebrauch. Man unterscheidet die großen, zu Hebe- und Stemmübungen dienenden Hanteln oder Kugelstäbe (bis 100 kg) und die kleinern, 1-10 kg schweren, welche paarweise zur Ausführung von Freiübungen (s. d.) mit Belastung der Arme verwendet werden. Die alten Griechen bedienten sich ähnlicher Wuchtkolben zur Verstärkung der Sprunggewalt (s. Halteren); vor Jahn waren sie vereinzelt besonders in England, dort "stumme Glocken" genannt, im Gebrauch. Vgl. Eiselen, Die Hantelübungen (3. Aufl. von Waßmannsdorff, Berl. 1883); Kloss, Hantelbüchlein für Zimmerturner (7. Aufl., Leipz. 1884).

Hantgemal, im altdeutschen Rechtsleben das freie Stammgut eines Vollfreien (Schöffenbarfreien), welches im Mannesstamm forterbte. Vgl. Homeyer, Über die Heimat nach altem deutschen Recht, insbesondere über das H. (Berl. 1852).

Hantieren, ursprünglich s. v. w. Kaufhandel treiben, dann überhaupt beschäftigt sein, ein Gewerbe betreiben; wirtschaften; etwas handhaben; Hantierung, Handwerk; Geschäft.

Hants, s. Hampshire.

Hanusch, Ignaz Johann, Slawist und philosophischer Schriftsteller, geb. 28. Nov. 1812 als Sohn slawischer Eltern zu Prag, widmete sich, durch Hegels Schriften angezogen, der Philosophie, wurde 1838 ordentlicher Professor derselben an der Universität in Lemberg, 1847 an jener zu Olmütz, 1849 zu Prag, wo er als begeisterter slawischer Patriot auch in tsche-^[folgende Seite]