Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hauptwache; Hauptwall; Hauptwort; Hauptzollamt; Hauraki; Hauran; Hauréau

219

Hauptwache - Hauréau.

Thatsachen. Der Angeklagte ist jedoch berechtigt, die Aussage zu verweigern. Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. Das Gericht kann auch von Amts wegen die Herbeischaffung neuer Beweismittel neben den von der Staatsanwaltschaft und von dem Angeklagten benannten anordnen. Die Zeugen und Sachverständigen sind einzeln zu vernehmen und vor ihrer Vernehmung einzeln zu vereidigen. Bei Sachverständigen, die für die Erstattung von Gutachten der betreffenden Art im allgemeinen beeidigt sind, genügt die Berufung auf den geleisteten Eid. Nicht nur der Vorsitzende, sondern auch die beisitzenden Richter können an Zeugen und Sachverständige unmittelbar Fragen richten. Auch der Staatsanwaltschaft, dem Angeklagten, dem Verteidiger, den Geschwornen und den Schöffen ist auf ihr Verlangen die Befragung der Zeugen und Sachverständigen zu gestatten. Wird eine Frage von dem Befragten oder von dem Vorsitzenden beanstandet, so hat nötigen Falls das Gericht über die Zulässigkeit zu entscheiden. Bei den von der Staatsanwaltschaft und von dem Angeklagten benannten Zeugen und Sachverständigen wird dem Staatsanwalt und dem Verteidiger auf deren übereinstimmenden Antrag das sogen. Kreuzverhör von dem Vorsitzenden gestattet. Jede Partei hat alsdann das Recht, die von der Gegenpartei vernommenen Zeugen und Sachverständigen auch noch ihrerseits zu vernehmen. Außerdem sind in der H. die als Beweismittel benannten Schriftstücke zu verlesen. Nach der Vernehmung eines jeden Zeugen, Sachverständigen oder Mitangeklagten sowie nach der Verlesung eines jeden Schriftstückes ist der Angeklagte zu befragen, ob er etwas zu erklären habe. Nach Schluß der Beweisaufnahme erhalten die Staatsanwaltschaft und sodann der Angeklagte, resp. sein Verteidiger zu ihren Ausführungen (Plaidoyers) und Anträgen das Wort. Der Staatsanwaltschaft steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort. Auch wenn ein Verteidiger für den Angeklagten gesprochen hat, ist letzterer selbst doch noch zu befragen, ob er noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe. Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der H. geschöpften Überzeugung. Die Beratung und Beschließung des Urteils ist nicht öffentlich. Zu jeder dem Angeklagten nachteiligen Entscheidung, welche die Schuldfrage betrifft, ist eine Mehrheit von zwei Dritteilen der Stimmen erforderlich. Die H. schließt mit der Erlassung des Urteils (s. d.), welches durch Verlesung der Urteilsformel und Eröffnung der Urteilsgründe zu verkünden ist. Die Verkündung des Urteils kann eine Woche ausgesetzt werden. Die Eigentümlichkeit des Verfahrens vor den Schwurgerichten hat noch weitere besondere Vorschriften über die H. vor denselben nötig gemacht (s. Schwurgericht). Was die H. in der Instanz der Berufung (s. d.) anbetrifft, so hat in dieser ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens zu halten. Das Urteil erster Instanz ist stets zu verlesen. Sodann erfolgt die Vernehmung des Angeklagten und die Beweisaufnahme. Bei den Ausführungen nach Schluß der Beweisaufnahme gebührt dem Beschwerdeführer das erste, dem Angeklagten stets das letzte Wort. Auch in der H. in der Instanz der Revision fungiert ein Berichterstatter. Hierauf werden die Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagte und sein Verteidiger mit ihren Ausführungen und Anträgen, und zwar der Beschwerdeführer zuerst, gehört. Auch hier gebührt dem Angeklagten, gleichviel ob er der Beschwerdeführer ist oder nicht, das letzte Wort. Vgl. Deutsche Strafprozeßordnung, § 212-275; Österreichische Strafprozeßordnung, § 220-279; ferner außer den Kommentaren der Strafprozeßordnung und den Lehrbüchern des Strafprozeßrechts: Meves, Strafverfahren nach der deutschen Strafprozeßordnung (Berl. 1880); Öser, Drei Tafeln über den Gang der H. (Freiberg 1883).

Hauptwache, s. Wache.

Hauptwall, die geschlossene Umwallung der Festung, welche mit dem Hauptgraben den Platz als innere Verteidigungslinie gegen Überfall und gewaltsamen Angriff sichert. Vgl. Festung und Festungskrieg.

Hauptwort, s. Substantivum. ^[richtig: Substantiv.]

Hauptzollamt, s. Zollordnung.

Hauraki, großer Meerbusen an der Nordküste der Nordinsel von Neuseeland, 104 km lang und 30 bis 50 km breit, im O. begrenzt durch die Koromandelhalbinsel. In sein südlichstes Ende, den Firth of Thames, mündet der Thames oder Waiho. Am Eingang liegen die Große und Kleine Barrierinsel, vor dem sich westlich weit hineinziehenden vortrefflichen Wailematahafen mit Auckland an seiner Südseite die Inseln Rangitoto und Tapu, Motukorea (Brown), Waiheki und Ponui, zwischen ihnen der Rangitoto- und der Motukoreakanal. Der Meerbusen wurde 1770 von Cook entdeckt. Vgl. das Situationskärtchen bei "Auckland".

Hauran (im Altertum Auranitis), Hochebene in Syrien, an den Quellen des Jarmuk (Scheriat el Menadhire), mit der Hauptstadt Bostra (jetzt Bozra). Sie ist durchaus von vulkanischer Beschaffenheit, ohne Bäume, nur von einigen meist trocknen Wadis durchzogen und wird von einer rotbraunen Erdschicht bedeckt, dem Verwitterungsprodukt des vulkanischen Gesteins. Nordöstlich davon der Dschebel H., ein aus hartem Basalt bestehendes Gebirge, das im Kleb H. bis 1720 m ansteigt. Die Kenntnis des Landes verdankt man erst der neuesten Zeit (seit 1857), den Reisen Grahams, Wetzsteins, Palmers und Drakes. Die östliche und südliche Abdachung desselben war ehemals als die eigentliche Kornkammer Syriens berühmt. Man zählt dort noch jetzt gegen 300 verödete Städte und Dörfer, dagegen nur 14 bewohnte Ortschaften.

Hauréau (spr. oreo), Jean Barthélemy, franz. Geschichtschreiber und Publizist, geb. 9. Nov. 1812 zu Paris, veröffentlichte, nachdem er kaum das Collège verlassen, die politische Schrift "La montagne" (1832), die heftigen Widerspruch erweckte und später von ihm selbst verurteilt wurde. Nach vielseitiger publizistischer Thätigkeit wurde er infolge der Februarrevolution Konservator an der Nationalbibliothek sowie Mitglied der Konstituante. Nach dem Staatsstreich vom 2. Dez. gab er seine Stellung als Konservator auf und wurde im September 1870 zum Direktor der Nationaldruckerei ernannt. H. ist Mitglied des Instituts und der Akademie der Inschriften sowie (seit 1878) Kommandeur der Ehrenlegion. Von seinen Schriften führen wir an: "Critique des hypothèses métaphysiques de Manès Pélage, etc." (1840); "Histoire littéraire du Maine" (2. Aufl. 1870-77, 10 Bde.); "Le manuel du clergé" (1844); "Histoire de la Pologne" (1844); "François I et sa cour" (1853); "Charlemagne et sa cour" (1854); "Hugues de Saint-Victor" (1859); "Singularités historiques et littéraires" (1861); "Histoire de la philosophie scolastique" (1872-81, 3 Bde.); "Bernard Delicieux et l'inquisition albigeoise" (1877) etc.