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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Heineccius; Heinefetter

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Heineccius - Heinefetter.

den Eindruck der Julirevolution stimmten und empfänglich machten. Man war des "trocknen Tons" satt, welcher seit längerer Zeit in der deutschen Litteratur geherrscht hatte, und begrüßte daher mit Enthusiasmus den kecken, das Alte spielend über den Haufen werfenden Dichter mit seinen Stachelliedern, seinem pietätlosen Witz und seiner schonungslosen Satire. Eine Anzahl Nachahmer trat sogleich in die Fußstapfen des Dichters; namentlich waren es seine wie scherzend und aus Mutwillen hingeworfenen Lieder, die eine wahre Sündflut von Erzeugnissen ähnlicher Art hervorriefen. Was aber bei H., dem "ungezogenen Liebling der Grazien", Originalität, Poesie, Frische und Witz war, das erschien bei seinen Nachtretern als ein blasser Abklatsch voll krankhafter Sentimentalität, welcher die ganze poetische Litteratur der Deutschen in Grund und Boden verderben zu wollen schien. Die sarkastische Frivolität und die Wendung zum Materialismus der Lebensanschauung waren bei H. durch Eindrücke der Jugend geweckt, durch den langen Aufenthalt in der französischen Hauptstadt genährt worden; sie schlossen die Existenz echter Stimmungen und aufrichtiger Begeisterung auch in den letzten Lebensjahren des Dichters keineswegs völlig aus. Wohl aber hinderten die spätere Grundstimmung des Dichters und die Bevorzugung der journalistischen Thätigkeit die Gestaltung größerer objektiver Schöpfungen, zu denen H. mit den (freilich unreifen) Jugendtragödien und dem sehr bedeutenden und vielverheißenden Romanfragment "Der Rabbi von Bacherach" einen Anlauf genommen. Vgl. Meißner, Heinrich H. (Hamb. 1856); Schmidt-Weißenfels, Über Heinrich H. (Berl. 1857); "H. Heines Briefe an Moses Moser" (Leipz. 1862); Strodtmann, Heinrich Heines Leben und Werke (3. Aufl., Berl. 1884, 2 Bde.); Hüffer, Aus dem Leben Heinr. Heines (das. 1877); R. Prölß, Heinrich H., sein Lebensgang und seine Schriften (Stuttg. 1886). Weniger eine Biographie Heines als eine Schmähschrift gegen die Deutschen ist das Werk des Engländers Stigand: "The life, works and opinions of Heinrich H." (Lond. 1876, 2 Bde.). Die anonyme Schrift "Heines Höllenfahrt" (Hannov. 1856) und deren Gegenstück "Heinrich Heines Himmelfahrt" (von Emma v. Hallberg, Trier 1857) sind unbedeutende litterarische Satiren. - Des Dichters jüngster Bruder, Maximilian (geb. 1807, gest. 1879 als russischer Staatsrat in Berlin), schrieb "Erinnerungen an Heinrich H. und seine Familie" (Berl. 1868); sein zweiter Bruder, Gustav, Baron v. H.-Geldern, geb. 1806, Begründer und Eigentümer des Wiener "Fremdenblattes", starb 15. Nov. 1886 in Wien.

3) Eduard, Mathematiker, geb. 16. März 1821 zu Berlin, habilitierte sich nach vollendeten Studien 1844 als Privatdozent an der Universität zu Bonn und wurde bald darauf außerordentlicher Professor daselbst, folgte aber 1856 einem Ruf als ordentlicher Professor der Mathematik an die Universität zu Halle, wo er 24. Okt. 1881 starb. Er lieferte bedeutende Arbeiten über Probleme der höhern Analysis; als selbständiges Werk erschien: "Handbuch der Kugelfunktionen" (Berl. 1861; 2. Aufl. 1878-81, 2 Bde.).

4) Wilhelm, Maler und Reisender, geb. 30. Jan. 1827 zu Dresden, Sohn des Schauspielers Ferdinand H. daselbst, machte seine Kunststudien in Dresden und Paris und begab sich Ende 1849 nach New York, wo seine landschaftlichen Darstellungen großen Beifall fanden. Eine Reise nach Zentralamerika beschrieb er in dem Buch "Wanderbilder aus Zentralamerika" (Leipz. 1853, 2. Aufl. 1857). Im J. 1852 der nordamerikanischen Expedition nach den ostasiatischen Gewässern unter Kommodore Perry als Zeichner zugesellt, durchsegelte er den Großen Ozean und hielt sich namentlich längere Zeit in Japan auf. Die Resultate seiner Beobachtungen veröffentlichte er in den Werken: "Reise um die Erde nach Japan" (Leipz. 1856, 2 Bde.); "Die Expedition in die Seen von China, Japan und Ochotsk etc." (das. 1858-59, 3 Bde.) und "Japan und seine Bewohner" (das. 1860). Nachdem er noch einen Ausflug nach Tripolis ("Eine Sommerreise nach Tripolis", Berl. 1860) gemacht, begab er sich im Frühjahr 1860 über Ägypten nach Singapur, um sich der preußischen Expedition nach Ostasien anzuschließen, die er zu Berlin hatte anregen helfen. Er veröffentlichte darüber: "Eine Weltreise um die nördliche Hemisphäre" (Leipz. 1864, 2 Bde.). Bereits im Herbst 1861 nach New York zurückgekehrt, trat er beim Ausbruch des Kriegs als Ingenieurhauptmann in die Armee der Nordstaaten ein, wo er bis zum Brigadegeneral avancierte. Noch gab er das Prachtwerk "Japan, Beiträge zur Kenntnis des Landes und seiner Bewohner" (Leipz. 1873-80) heraus und starb 5. Okt. 1885 in der Lößnitz bei Dresden.

Heineccius, 1) Johann Michael, erster wissenschaftlicher Bearbeiter der Siegelkunde, geb. 14. Dez. 1674 zu Eisenberg, ward 1699 Diakonus in Goslar, 1708 Prediger in Halle, 1719 Konsistorialrat und 1720 Vize-Generalsuperintendent daselbst; starb 11. Sept. 1722. Seine Hauptschrift ist: "De veteribus Germanorum aliarumque nationum sigillis" (Leipz. 1709; 2. Aufl., Erf. 1729).

2) Johann Gottlieb, verdienter humanistischer Jurist, Bruder des vorigen, geb. 11. Sept. 1681 zu Eisenberg, studierte erst in Leipzig Theologie, dann zu Halle die Rechte, wurde daselbst 1713 Professor der Philosophie, 1720 außerordentlicher und 1721 ordentlicher Professor der Rechte, ging als solcher 1723 nach Franeker und 1727 nach Frankfurt a. O., 1733 als Professor der Rechte und Philosophie wieder nach Halle und starb 31. Aug. 1741. Seine Schriften wurden von seinem Sohn gesammelt unter dem Titel: "Opera ad universam juris prudentiam, philosophiam et litteras humaniores pertinentia" (Genf 1744-49, 8 Bde., u. öfter). Außerdem nennen wir die "Jurisprudentia romana et attica" (Leid. 1738-41, 3 Bde.), seine vervollständigte Ausgabe von Brissonius' Lexikon (Halle 1743) und die "Antiquitates germanicae jurisprudentiam patriam illustrantes" (Kopenh. u. Leipz. 1772-73, 3 Bde.).

Heinefetter, Sabine, Opernsängerin, geb. 19. Aug. 1809 zu Mainz, erregte als Harfenmädchen durch ihre schöne Stimme die Aufmerksamkeit eines Musikverständigen, der sie für das Theater ausbilden ließ, betrat 1825 zu Frankfurt a. M. die Bühne als Sängerin und fand sodann ein Engagement in Kassel, wo sie sich unter Spohr weiter bildete. Später studierte sie noch in Paris unter Tadolini und trat 1829 in der Italienischen Oper daselbst neben der Sontag und Malibran auf. Auf ihrer Kunstreise durch Deutschland erregte sie namentlich in Berlin außerordentliches Aufsehen, welches sich nach einem Aufenthalt in Italien bei ihrem Gastspiel am Königsstädtischen Theater in Berlin (1833) noch vermehrte. 1835 wurde sie am Hoftheater zu Dresden engagiert, trat aber schon 1836 wieder Kunstreisen an. Ihre Hauptpartien waren Romeo, Anna Bolena, Norma, Rosine etc. Seit etwa 1842 lebte sie zurückgezogen in Baden, vermählte sich darauf (1853) in Marseille mit Herrn Marquet und lebte dort bis kurz