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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hermenegild; Hermeneutik; Hermes

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Hermenegild, Orden des heiligen - Hermes.

mißhandelte, beschloß H., seine Gemahlin zu rächen. Nachdem er das katholische Glaubensbekenntnis angenommen, empörte er sich gegen den Vater, ward aber besiegt und ins Exil geschickt und, als er sich weigerte, zum arianischen Glauben zurückzukehren, 585 in Tarragona enthauptet. Von seinen Glaubensgenossen wurde er als Märtyrer und Heiliger verehrt und später kanonisiert.

Hermenegild, Orden des heiligen, span. Orden, 28. Nov. 1811 vom König Ferdinand VII. gestiftet und 1815 zum Militärverdienstorden für die Land- und Seemacht und 40 Dienstjahre erhoben, in drei Klassen: Großkreuze, für Generalkapitäne und Generale, mit dem Titel Exzellenz; Offiziere, abwärts vom Brigadier; Ritter, für 25 Dienstjahre, und wenn einer wenigstens 10 Jahre Offizier ist. Nach zehnjährigem Besitz des Ordens und stetem Dienst erhält der Besitzer Pension und zwar die erste Klasse 10,000, die zweite Klasse 4800, die dritte Klasse 2400 Realen. Die Zahl der Pensionäre ist seit 1852 herabgesetzt und zwar auf 60 Großkreuze, 160 Komture (sogen. Sterne) und 270 Ritter. Das Ordenszeichen ist ein goldenes, achtspitziges, weiß emailliertes Kreuz mit silbernen Strahlen und goldenen Kügelchen an deren Spitzen; auf dem blauen Felde des runden Mittelschildes vorn das Reiterbild des heiligen Königs Hermenegild (s. d.) mit der von einem grünen Lorbeerkranz umgebenen Umschrift: "Premio a la constancia militar", hinten F. VII. Die Großkreuze tragen das Kreuz von der rechten Schulter zur linken Hüfte am Bande, dazu einen achtspitzigen silbernen Schuppenstern, auf dem das Kreuz liegt, mit dem obigen Avers, umgeben von einem Lorbeerkranz; die zweite Klasse trägt Stern und Kreuz, aber, wie die dritte Klasse, das Kreuz im Knopfloch.

Hermeneutik, (griech., von hermeneuein, "auslegen, dolmetschen"), im allgemeinen Theorie der Auslegekunst, d. h. die wissenschaftliche Darstellung und Begründung der die Auffindung und Reproduzierung des Inhalts einer Schrift, Rede u. dgl. vermittelnden Technik. Biblische H. ist die Theorie der Bibelauslegung, also die spezielle Anwendung der allgemeinen H. auf die Schriften des Alten und Neuen Testaments. Während die katholische Kirche von dem Grundsatz ausgeht, daß die Bibel, weil vom Heiligen Geist eingegeben, auch nur durch die vom Heiligen Geist regierten Organe der Kirche, d. h. in alter Zeit durch die Kirchenväter, zu jeder Zeit aber durch die Konzile und die in Übereinstimmung damit lehrenden, rechtgläubigen Lehrer unter oberster Autorität des Papstes, also "nach der Analogie des katholischen Lehrbegriffs", auszulegen sei, stellt der Protestantismus den Lehrsatz auf, die Schrift sei fähig, sich selbst auszulegen (semet ipsam interpretandi facultas), d. h. es ergebe sich aus ihren klarsten Stellen ein unverkennbarer und unfehlbarer Maßstab für die Auslegung auch der dunklern; s. Analogie (des Glaubens). Da man nun der Überzeugung lebte, jenen Typus in den Bekenntnisschriften zum Ausdruck gebracht zu haben, so lief dieser Auslegungskanon in der Praxis auf die Monopolisierung einer gänzlich in den Dienst der Rechtgläubigkeit getretenen Auslegungskunst hinaus. Das beste bei der Sache war noch, daß der Protestantismus der seit den Anfängen der kirchlichen Exegese üblich gewesenen Allegorik, woraus die mittelalterliche Scholastik sogar einen vierfachen Schriftsinn gemacht hatte, entgegengetreten und mit aller Bestimmtheit auf den Wortsinn (sensus literalis) als den einzigen Gegenstand der exegetischen Operation zurückgegangen war. Hierdurch waren auch in den Jahrhunderten der dogmatisch befangenen Auslegung wenigstens die linguistischen, lexikalischen, grammatischen Studien innerhalb der Theologie lebendig geblieben, und es konnte, als mit der Zeit auch der historische Sinn wieder erwacht war, schon von J. A. Ernesti ("Institutio interpretis Novi Testamenti", 1761) der alle großen Fortschritte der neuern Exegese bedingende Grundsatz der "grammatisch- (besser: philologisch-) historischen Auslegung" ausgesprochen und mit Klarheit durchgeführt werden. Es war zwar bezeichnend für die Zeit der theologischen Romantik und der sie beherrschenden Gemütsbedürfnisse, wenn später vielfach eine sogen. theologische Auslegung, als für die Bibel speziell in Betracht kommend, der philologisch-historischen Methode an die Seite gestellt oder übergeordnet werden sollte. Aber neuerdings ist man von solchen der Pektoraltheologie gemachten Zugeständnissen schon vielfach wieder zurückgekommen, indem man als ihr berechtigtes Moment den psychologischen Faktor mit in die Aufgabe der historischen Auslegung aufnahm und anerkannte, daß es, wenn die grammatisch-historische Auslegung ihr Werk gethan hat, darauf ankomme, ihr Resultat in lebendige Beziehung zum religiösen Geistesleben der Gegenwart zu setzen, welches Geschäft alsdann der sogen. praktischen Auslegung anheimfällt. Vgl. Immer, H. des Neuen Testaments (Wittenb. 1873). Dagegen gehen von der bezeichneten falschen Voraussetzung aus: Lange, Grundriß der biblischen H. (Heidelb. 1878), u. Hofmann, Biblische H. (Nördl. 1880).

Hermes, griechischer Gott, Sohn des Zeus und der Maia, der Tochter des Atlas, geboren auf dem arkadischen Gebirge Kyllene (daher der Kyllenier genannt), zeigte gleich nach seiner Geburt die Grundzüge seines Wesens: Erfindungsgabe, mit Anmut gepaarte Gewandtheit, List und Verschlagenheit. Wunderbar sich entwickelnd, springt er vier Stunden nach seiner Geburt aus der Wiege, erfindet, indem er über die Schale einer Schildkröte Saiten spannt, die Lyra und singt auf derselben die Liebe des Zeus und der Maia. Von einem Gelüst nach Fleischkost ergriffen, eilt er in der Dämmerung nach Pierien und stiehlt 50 Rinder aus der Herde des Apollon, die er rückwärts vor sich her treibt, indem er sich selbst Sandalen oder Zweige unter die Füße bindet, und bei Pylos in einer Grotte verbirgt. Dann zu seiner Mutter am Kyllene zurückgekehrt, legt er sich in seine Wiege, als sei nichts vorgefallen. Aber Apollon entdeckt durch seine Seherkunst den Dieb und bringt ihn vor Zeus. Durch dessen Ausspruch bekommt Apollon seine Rinder wieder, überläßt sie aber dem H. willig gegen Abtretung der von jenem erfundenen Lyra, worauf H. zu seinem eignen Gebrauch die bescheidenere Hirtenflöte (Syrinx) erfindet. Aber auch diese tritt er an Apollon gegen den "Heroldsstab" ab. So ward H. ein Herden- und Weidengott, während sich Apollon von nun an mit Eifer den musikalischen Künsten zuwandte. Beide lebten seitdem durch die innigste Freundschaft und Liebe verbunden. Apollon lehrte den jüngern Bruder noch die Kunst der Weissagung, Zeus aber machte ihn zum Götterherold. Von nun an greift H. bedeutend in die Götter- und Heroensage ein, am meisten als Bote des Zeus, aber auch als der pfiffige Menschen- und Heldenfreund, der überall kluge Ratschläge gibt. Er kämpft unter dem unsichtbar machenden Helm des Pluton mit gegen die Giganten, befreit den Ares aus den Fesseln der Aloiden, tötet den die Io bewachenden Argos, führt die Persephone aus der Unterwelt zu Demeter zurück, entführt den Ganymedes, flicht in Zeus' Auftrag den Ixion aufs