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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Hermetisch - Hermodactyli.

verschiedenen Wissenschaften, wie Mathematik, Astronomie, Medizin, Tonkunst etc., bezeichnen die Griechen daher als Hermetische Bücher. Eins derselben scheint uns in dem 108 Quartseiten langen sogen. Papyrus Ebers erhalten zu sein, welcher in hieratischer Schrift eine Arzneimittellehre, etwa aus der Zeit der 18. ägyptischen Königsdynastie, enthält (s. Ebers 2). H. gilt auch für den Erfinder der Alchimie und der Magie, woher der Name Hermetische Kunst für Alchimie stammt, und zwar sollen diese Wissenschaften anfangs nur als Geheimlehre vom Lehrer auf die Schüler fortgepflanzt worden sein, deren Reihenfolge man die Hermetische Kette nennt. Schließlich hat Tehut auch eine funeräre Bedeutung: er ist es, welcher die Seelen der Verstorbenen "rechtfertigt", d. h. untersucht, ob sie gerecht und fromm gelebt haben, und ihnen, nach dem Ergebnis seiner Erwägungen, die Vereinigung mit den Sonnengöttern gestattet. Als die Griechen den Thoth kennen lernten, identifizierten sie ihn mit ihrem Hermes und gaben ihm den Beinamen Trismegistos ("der dreimal große"); schon in den Hieroglyphen heißt Tehut mitunter "der dreimal große" oder häufiger noch "der großegroße", "zweimal große". Bei den Spätern, den Euhemeristen, Neuplatonikern und Christen, galt H. für einen alten Weisen oder ägyptischen König, welcher die Menschen belehrt und geheimnisvolle Bücher verfaßt habe. Es entstanden auch durch Vermischung griechischer und ägyptischer Anschauungen eine Anzahl Schriften voll Mystik und Aberglauben, welche ihm zugeschrieben wurden und teilweise noch erhalten sind. Auch bei den Syrern und Mohammedanern fanden diese griechisch-ägyptischen Anschauungen Eingang und haben sich bei ihnen in mehrfachen Fassungen und vermengt mit andern Traditionen lange erhalten. Unter den erwähnten Schriften ist besonders "Poëmander, s. de potestate ac sapientia divina" (neu hrsg. von Parthey, Berl. 1854; übersetzt von Tiedemann, das. 1781) hervorzuheben; andre finden sich in J. L. Idelers "Physici et medici graeci", Bd. 1 (das. 1841); eine französische Übersetzung der meisten Stücke gab Ménard ("Hermès Trismégiste", 2. Aufl., Par. 1868). Vgl. außerdem Baumgarten-Crusius, De librorum hermeticorum origine atque indole (Jena 1827); Hilger, De Hermetis Trismegisti Poëmandro (Bonn 1855); Pietschmann, H. (Leipz. 1875).

Hermetisch, was sich auf Hermes, besonders auf Hermes Trismegistos, bezieht; da diesem große geheimnisvolle Weisheit zugeschrieben wurde, so daß derselbe durch magische Siegel, Schätze oder Gefäße zu verschließen verstanden habe, heißt h. versiegelt (h. verschlossen) s. v. w. absolut dicht verschlossen und wird besonders gebraucht von dem Verschluß eines Gefäßes durch Zuschmelzen, Zulöten etc., so daß dessen Inhalt gegen alles Verdunsten, gegen das Eindringen mikroskopischer Keime etc. verwahrt wird.

Hermetische Bücher, s. Hermes Trismegistos.

Hermetische Kette, s. Hermes Trismegistos.

Hermetische Kunst (Hermetische Philosophie), s. v. w. Alchimie; vgl. Hermes Trismegistos.

Hermias, 1) ein vornehmer Grieche, Schüler Platons und Freund des Aristoteles, war unter persischer Oberhoheit Beherrscher von Atarneus in Mysien, empörte sich aber gegen die Perser und wurde, nachdem ihn der Satrap Mentor mit List in seine Gewalt bekommen hatte, auf Befehl des Königs schimpflich hingerichtet (348 v. Chr.). Aristoteles, der sich nach Platons Tod zu ihm nach Atarneus begeben hatte, heiratete H.' Schwester (oder Nichte?) Pythias und verfaßte eine noch erhaltene Inschrift auf die ihm in Delphi errichtete Bildsäule; auch ein ebenfalls erhaltenes schönes Lied des Aristoteles gilt dem H. Letzterer soll eine Schrift über die Unsterblichkeit verfaßt haben. Vgl. Böckh, H. (in den "Abhandlungen der Berliner Akademie" 1853).

2) Christl. Apologet aus dem Ende des 2. oder Anfang des 3. Jahrh., schrieb ein apologetisch-polemisches Werk gegen die heidnische Philosophie, in welchem er dieselbe lediglich lächerlich machen will, darüber aber selbst komisch wird. Neueste Ausgabe von Otto in "Corpus apologetarum", Bd. 9 (Jena 1872).

Hermies (spr. ermih), Flecken im franz. Departement Pas de Calais, Arrondissement Arras, an der Eisenbahn von Achiet nach Marcoing, mit ausgedehnten unterirdischen Aushöhlungen und Bauten, welche als Zufluchtsort in Kriegsgefahr gedient haben dürften, und (1881) 2504 Einw.

Herminiera, s. Aedemone.

Herminonen (Hermionen), bei Plinius und Tacitus Gesamtname der mittlern Völkerstämme des alten Germanien, zu denen nach dem erstern Schriftsteller die Sueven, Hermunduren, Katten und Cherusker gehörten. S. Karte "Germanien etc."

Hermione, im Altertum dryopisch-dorische Stadt in Argolis, am Berg Pron und am Hermioneischen Meerbusen (der Insel Hydrea gegenüber), besaß zahlreiche Tempel, darunter einen der Demeter Chthonia (berühmt als Zufluchtsort für Verfolgte), und war eine blühende Handelsstadt. H., zu deren Gebiet die Küstenstädte Halike und Mases gehörten, wurde 464 von Argos unterworfen, aber im Peloponnesischen Krieg wieder selbständig. Pausanias sah den Ort noch wohlerhalten. Jetzt Kastri.

Hermione, Tochter des Menelaos und der Helena, geboren vor deren Entführung durch Paris, schön wie Aphrodite, wurde von ihrem Vater einem gegebenen Versprechen gemäß mit des Achilleus Sohn Neoptolemos (Pyrrhos) gegen ihren Willen vermählt. Nach Sophokles war sie bereits dem Orestes verlobt und wurde von Neoptolemos entführt, dieser aber von Orestes erschlagen. Letzterer zeugte mit ihr den Tisamenos.

Hermitage (spr. ermitahsch', Ermitage), franz. Wein, wächst in der Dauphiné (Departement Drôme), am linken Rhôneufer, auf einer Granithügelreihe in der Nähe von Valence. Roter H. ist dunkel, feurig und schwer, boukettreich mit einem Anflug von Himbeergeschmack. Er wird in seinen besten Lagen und Sorten zu den "grands vins" gerechnet. Weißer H. wird in Frankreich weniger geschätzt, kommt jedoch als Entreewein in Deutschland häufiger auf die Tafel als roter. Im Geschmack ähnelt er dem weißen Burgunder. Die Weinberge sollen von Einsiedlern angelegt worden sein. Der deutsche Ritter von Sterimberg erbaute hier 1225 eine Burg, welche im 14. Jahrh. Bernhardinermönche in ein Kloster verwandelten; diese Mönche pflanzten die jetzt berühmten edlen Sorten an.

Hermite (spr. ermit), Charles, Mathematiker, geb. 24. Dez. 1822 zu Dieuze, war seit 1848 Examinator, dann 1869 Professor der polytechnischen Schule zu Paris. Ihm gelang es zuerst, Gleichungen des fünften Grades mit Hilfe elliptischer Transcendenten aufzulösen. Er schrieb: "Théorie des équations modulaires" (Par. 1859); "Sur la réduction des formes cubiques à deux indéterminées" (das. 1859); "Sur la fonction exponentielle" (das. 1874); "Cours d'analyse de l'école polytechnique" (das. 1873).

Hermodactyli (Hermodatteln), die von den Blattansätzen befreiten Zwiebelknollen eines im Orient einheimischen, jedoch nicht sicher gekannten Colchicum