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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hillel; Hiller

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Hillel - Hiller.

die philosophische Fakultät zu Douai berufen. Nach der Kriegserklärung im Juli 1870 reichte er seine Entlassung ein, nahm als Korrespondent der "Times" an der italienischen Expedition nach Rom teil und privatisierte seitdem in Florenz, wo er das Sammelwerk "Italia" (Leipz. 1874-77, 4 Bde.) herausgab und 19. Okt. 1884 starb. Außer zahlreichen Essays in französischen, englischen, italienischen und deutschen Zeitschriften veröffentlichte H. in französischer Sprache: "Dino Compagni" (Par. 1862); die gekrönte Preisschrift "De la bonne comédie" (das. 1863); eine Übersetzung von O. Müllers "Griechischer Litteraturgeschichte" (2. Aufl., das. 1866); "La Prusse contemporaine" (das. 1867); "Études italiennes" (das. 1868); "De la réforme de l'enseignement supérieur" (das. 1868). Eine Sammlung deutscher Aufsätze erschien in 7 Bänden unter dem Titel: "Zeiten, Völker und Menschen" (Bd. 1: "Frankreich und die Franzosen", 3. Aufl., Berl. 1879; Bd. 2: "Welsches und Deutsches", 1875; Bd. 3: "Aus und über England", 1876; Bd. 4: "Profile", 1878; Bd. 5: "Aus dem Jahrhundert der Revolution", 1881; Bd. 6: "Zeitgenossen und Zeitgenössisches", 1882; Bd. 7: "Kulturgeschichtliches", 1885). Von seiner für die Heeren-Ukert-Giesebrechtsche Staatengeschichte übernommenen "Geschichte Frankreichs von der Thronbesteigung Ludwig Philipps bis zum Fall Napoleons III." sind die beiden ersten Bände (Gotha 1877 u. 1879) erschienen. Noch sind die "Lectures on German thought during the last two hundred years" (Vorlesungen an der Royal Institution, Lond. 1880) zu erwähnen. Vgl. Homberger, Karl H. (Berl. 1884).

Hillel, 1) H. Hassaken ("der ältere"), berühmter jüd. Gelehrter und Vorsteher des Hohen Rats zur Zeit Christi, zu Babylon (daher auch Ha-babli genannt) um 60 v. Chr. geboren, soll in seinem 40. Jahr nach Jerusalem gekommen sein und daselbst unter Schemaja und Abtaljon jüdische Theologie studiert haben. Nach den Genannten bildeten er und Schammai die beiden Hauptautoritäten der rabbinischen Schul- und Schriftgelehrsamkeit und zwar so, daß die Gesetzesauffassung Hillels, der als Muster der Sanftmut und Bescheidenheit dargestellt wird, der strengern des Rabbi Schammai, Mitvorstehers des Hohen Rats, mehrfach entgegengesetzt war. H. konzentrierte die halachische Schriftauslegungsmethode in sieben Hauptregeln, führte das Prosbul, welches die mosaische Vorschrift (5. Mos., 15, 2) vom Schuldenerlaß im Sabbatjahr aufhob, ein. Die mildere Praxis Hillels bei Gesetzesbestimmungen erhielt sich in der Schule Hillels, neben der die Schule Schammais mit strengerer Observanz wirkte. Seine Richtung, die man jüdischerseits vielfach mit dem Geiste der Bergpredigt und der ursprünglichen Lehre Jesu in Vergleich gebracht hat, läßt sich aus seinen im Talmud aufbewahrten Sprüchen erkennen. Vgl. Kämpf, H. (im "Orient" 1849); Delitzsch, Jesus und H. (2. Aufl., Erlang. 1867).

2) H. Hannasi (d. h. der Fürst), Sohn des Rabbi Juda Nasi, angeblich ein Abkömmling des vorigen, im 4. Jahrh. n. Chr., Vorsteher der Schule zu Tiberias, bekannt als Begründer der jüdischen Zeitrechnung, für welche er die Bestimmung nach der Sichtbarwerdung des Mondes aufgab und den jüdischen Kalender in feste, noch heute zum Teil gültige Regeln brachte.

Hiller, 1) Philipp Friedrich, Kirchenliederdichter, geb. 6. Jan. 1699 zu Mühlhausen a. d. Enz, studierte in Tübingen, ward 1736 Pfarrer in seinem Geburtsort, später in Steinheim bei Heidenheim, wo er 26. April 1769 starb. Eine vollständige Sammlung seiner geistlichen Lieder, welche zwar pietistisch, aber frei von süßlicher Schwärmerei und in volkstümlichem Ton gehalten sind, veranstaltete Ehmann (Reutling. 1844).

2) Johann Adam, Komponist, geb. 25. Dez. 1728 zu Wendisch-Ossig in der Oberlausitz, legte auf dem Gymnasium zu Görlitz und auf der Kreuzschule zu Dresden den Grund zu seiner musikalischen Bildung und bezog 1751 die Universität Leipzig, um die Rechte zu studieren. 1754 zum Hofmeister des jungen Grafen Brühl ernannt, besuchte er mit demselben nochmals die Universität Leipzig und begründete hier im Oktober 1759 eine musikalische Wochenschrift unter dem Titel: "Der musikalische Zeitvertreib", das erste periodische Werk dieser Art in Deutschland. Nachdem er 1760 seine Hofmeisterstelle niedergelegt hatte, übernahm er 1763 die Leitung des sogen. großen Konzerts zu Leipzig und wandte sich bald darauf auch der Bühne zu, für welche er mit der Operette "Der Teufel ist los, oder die verwandelten Weiber" (Text von Weiße) eine neue Ära eröffnete. Der Beifall, den diese Arbeit bei ihrem Erscheinen 1765 fand, veranlaßte ihn zur Komposition weiterer dramatischer Werke, von denen besonders "Die Jagd" in ganz Deutschland beliebt wurde. Auch eröffnete er 1771 eine Singschule zur unentgeltlichen Ausbildung von Gesangskräften für die nationale Oper, eine Anstalt, aus welcher Künstlerinnen wie Corona Schröter und Gertrude Schmehling, spätere Mara, hervorgegangen sind. 1782 organisierte er auf Veranlassung seiner Schülerinnen, der Schwestern Podleski, die Kapelle des Herzogs von Kurland zu Mitau und erhielt von diesem den Kapellmeistertitel sowie eine Pension von 600 Thlr. Nach Leipzig zurückgekehrt, übernahm er 1789 an Doles' Stelle das Kantorat der Thomasschule, welchem er bis 1801 mit unermüdlichem Eifer seine Kräfte widmete. Er starb 16. Juni 1804. An Kompositionen hinterließ er außer 14 Operetten noch eine große Zahl von Werken jeder Gattung, unter denen namentlich die für die Kirche (Psalmen, 6 Bde. Motetten etc.) Beachtung verdienen. Als Schriftsteller hat er sich durch seine "Anweisung zum Gesang" (1774), "Wöchentliche Nachrichten, die Musik betreffend" (1766-70) und "Lebensbeschreibungen berühmter Musikgelehrten und Tonkünstler" (1784) ein dauerndes Verdienst erworben. 1832 errichteten ihm seine oben genannten Schülerinnen ein Denkmal neben der Thomaskirche zu Leipzig.

3) Johann, Freiherr von, österreich. General, geb. 10. Juni 1754 zu Brody, diente seit 1770 in der österreichischen Infanterie von der Pike auf und machte als Oberstleutnant und Oberst den Krieg gegen die Türken 1788-91 und als Generalmajor die Feldzüge gegen Frankreich 1792-97 und 1799-1801 in den Niederlanden, Italien und Deutschland mit. Beim Ausbruch des Kriegs von 1809 Feldmarschallleutnant, befehligte er ein Armeekorps im Heer des Erzherzogs Karl, mit dem er 20. April bei Abensberg unglücklich kämpfte, aber 24. April Bessières bei Neumarkt schlug und 3. Mai Ebelsberg mit größter Tapferkeit gegen die Franzosen verteidigte, und zeichnete sich namentlich 21. und 22. Mai bei Aspern aus; vor der Schlacht bei Wagram legte er wegen eines Zwistes mit dem Erzherzog Karl, angeblich allerdings zufolge plötzlicher und schwerer Erkrankung, sein Kommando nieder. Im J. 1813 befehligte er als Feldzeugmeister das Heer, welches Österreich an den Grenzen Illyriens aufstellte, wurde im Dezember d. J. zur großen Armee berufen, nach dem ersten Pariser