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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hochwasserzeit; Hochwohlgeboren; Hochwürden; Hochzeit

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Hochwasserzeit - Hochzeit.

hältnis 1:70 der kleinsten zur größten Wassermenge, während dieses Verhältnis unterhalb des Bodensees, bei Basel, 1:14 beträgt. Eine ähnliche regulierende Wirkung auf die Wassermengen und entsprechend auf die Wasserstände üben die oberitalienischen Seen auf die am Südabhang der Alpen entspringenden Flüsse aus. Künstliche Reservoirs, welche die natürlichen ersetzen sollen, können aber nur im Gebirge, in schmalen, steil aufsteigenden Thälern erstellt werden, da andernfalls, wollte man die Mittelgebirgsthäler, wo diese in die Stromniederung übergehen, hierzu verwenden, die Kosten geradezu unerschwingliche werden. Der Einfluß der im Quellengebiet anzulegenden Reservoirs auf die Verminderung der H. ist aber infolge des hier nur geringen Niederschlagsgebiets kein sehr beträchtlicher; ihr Fassungsraum, bez. die Anzahl der für einen einzigen Wasserlauf von nennenswerter Bedeutung zu erstellenden Reservoirs müßte, wie die einfachste Betrachtung ergibt, ein außerordentlicher sein, wenn der beabsichtigte Erfolg auch nur annähernd erreicht werden soll. Übrigens dienen die meisten bisher erbauten Reservoirs vorwiegend andern Zwecken, als die Hochfluten nur allmählich an den untern Flußlauf abzugeben, welch letztere Aufgabe zumeist nur als eine sekundäre betrachtet wurde. Sie dienen zur Speisung der obern Haltungen von Schiffahrtskanälen, zur nachhaltigen Versorgung von Triebwerken mit dem erforderlichen Wasser, zur Bewässerung sowie zur Versorgung von Städten mit Nutzwasser. Diese Aufgaben vertragen sich in der Regel nicht mit der hier in Rede stehenden; die erstern verlangen gefüllte Reservoirs, während die Milderung der Hochfluten leere oder nur zum Teil gefüllte erfordert. Horizontalgräben im Quellengebiet, welche von verschiedenen Seiten empfohlen wurden, bezwecken ein Zurückhalten des Wassers, Abführen desselben in den Untergrund, bez. allmähliche Abgabe an den Fluß. In gewissen Fällen ist dieses Mittel neben andern zweifellos am Platz, selbst im günstigsten Fall wird aber die Wirkung dieser Gräben keine sehr erhebliche sein. Überdies hängt die Möglichkeit der Anlage derselben wesentlich von der geognostischen Beschaffenheit des Terrains und von den Besitzverhältnissen ab. Nur wo ein starkes Einsickern des Wassers in den Untergrund zu erwarten steht, könnten derartige Grabennetze von einigem Nutzen sein.

Auch die Schaffung von seitlichen Bassins zur Einleitung der Hochfluten, in denen das Wasser keinen Schaden anrichten kann, und seitlich des Flußlaufs anzulegende Entlastungskanäle haben wenig praktischen Wert, wenn nicht ganz besonders günstige Terrainverhältnisse vorliegen.

Stets wird man unter den jetzigen Verhältnissen gezwungen sein, neben den oben genannten Mitteln solche anzuwenden, welche bei außerordentlichen Hochwassern, deren Eintritt nicht abgewehrt werden kann, die Überschwemmung unmittelbar verhüten. Zu diesen gehören außer den bereits erwähnten Flußkorrektionen vor allen die Deiche (Dämme), welche denn auch von alters her die größere Zahl unsrer Flüsse und Ströme an beiden Seiten begleiten, soweit nicht das natürliche Ansteigen des Terrains eine künstliche Sicherung des Binnenlandes unnötig macht. Diese Hochwasserdeiche haben manche erhebliche Übelstände im Gefolge. Das im Schutz des Deiches liegende Land ist ausgeschlossen von den fruchtbaren Überschlickungen, welche bei uneingedeichtem Land häufig den Ertrag der Wiese und Weide außerordentlich steigerten, und oft ergibt das Terrain zwischen dem Fluß und dem Deiche günstigere Erträge als das geschützte Gebiet. Gleichzeitig erhöht sich aber auch durch die Niederschläge bei Hochfluten das Außenland, und viele Niederungen erhalten im Lauf der Jahre eine tiefere Lage als die gewöhnlichen Wasserstände der Flüsse. Dadurch werden die Anwohner zur steten Erhöhung und wegen des verstärkten Wasserdrucks auch zur Verstärkung der Deiche genötigt, und wegen des hohen Wasserstandes im Rezipienten, verglichen mit demjenigen der Niederung, wird die Abwässerung der letztern außerordentlich erschwert, oft sogar mit den gewöhnlichen Mitteln geradezu unmöglich gemacht. Der beträchtliche Wasserdruck, das oft mangelhafte Material der Deiche sowie Fehler im Innern derselben bewirken häufig ein Durchsickern des Hochwassers, so daß die Niederung lange Zeit hindurch mit Wasser bedeckt ist und somit der Versumpfung mit allen ihren schlimmen Folgen anheimfällt. Man ist nunmehr vorwiegend auf das Ausschöpfen des Wassers durch Pumpwerke angewiesen, ein Verfahren, welches in ausgedehnten Flußniederungen bereits vielfach angewendet wird, dessen Kosten aber häufig nicht in einem günstigen Verhältnis zu dem Wert und dem Reinertrag der Niederung stehen. Dazu kommt, daß der Getreidebau, in dessen Interesse die Deiche hauptsächlich angelegt wurden, mehr und mehr dem Futterbau weicht, welcher durch die Überflutung des Terrains zu gewissen Zeiten, ein rechtzeitiges Zurücktreten des Wassers vorausgesetzt, nicht geschädigt wird. Trotzdem wird man in den überwiegend zahlreichsten Fällen auf die Winterdeiche, also auf ihre Erhaltung, in erforderlichem Fall auf die Verstärkung und Erhöhung derselben sowie auf eine Regulierung ihrer Richtung, angewiesen sein, wenn man dem Lande den denkbar zuverlässigsten Schutz gegen Überflutungen gewähren will. Die Erhaltung und Verteidigung der Deiche in der Zeit der Not erfordert eine Organisation, welche noch an vielen Orten fehlt. Hierzu gehört auch ein guter Nachrichtendienst mit telegraphischer Übermittelung der eingetretenen oder zu erwartenden Hochwasserstände an die weiter abwärts gelegenen Stationen. Im Interesse eines solchen Nachrichtenwesens ist aber die Organisation hydrologischer Beobachtungen erforderlich, welche alle in Betracht kommenden Faktoren beständig feststellen.

Hochwasserzeit, s. v. w. Flut-, Springzeit. Hochwild, s. Jagd.

Hochwohlgeboren, schriftliche Anrede, welche ursprünglich nur dem hohen Adel, später aber dem gesamten Adel und solchen höhern Beamten zugestanden wurde, welche man durch ihren Rang als dem Adel gleichstehend ansah. In der Gegenwart wird diese Anrede allen in nur einigermaßen hervorragender Stellung befindlichen Leuten zugestanden.

Hochwürden, schriftliche Anrede für evangelische Geistliche in höhern Stellungen, z. B. Superintendenten, Kirchen- und Konsistorialräte. Auch katholische Bischöfe werden, wenn sie keinen höhern Titel besitzen, H. genannt. Die allgemeine Anrede für katholische Geistliche ist: "Hochwürdiger Herr".

Hochzeit, ursprünglich jede hohe oder Festzeit des Jahrs, später ein Galatag und Gastgelage bei Hof, zuletzt, wie noch jetzt, vorzugsweise die Vermählung mit den damit verbundenen feierlichen Gebräuchen und Festlichkeiten. Bei den Naturvölkern, bei denen die Frau meist durch Kauf erworben wird (s. Frauenkauf), besteht die Hochzeitszeremonie meist in einer gewaltsamen Entführung der Braut aus dem elterlichen Hause (s. Frauenraub), auf welche ein Ge-^[folgende Seite]