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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hoff; Hoffähigkeit; Hoffart; Hoffinger

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Hoff - Hoffinger.

lich in folgenden Punkten ab. Das neuere Anerbenrecht steht im Einklang mit der modernen freiheitlichen Agrarverfassung und der Rechtsgleichheit. Es ist kein Zwangsrecht mehr, die Dispositionsfreiheit des Erblassers und des Anerben ist gewahrt. Der Anerbe ist nicht mehr alleiniger Erbe in den Grundbesitz, sondern nur ein vor seinen Miterben bevorzugter Miterbe, dem allerdings das Eigentum an dem Gut, nicht aber auch der Wert desselben ausschließlich zufällt. Seine Bevorzugung ist eine viel geringere, sie ist gesetzlich fixiert und nur so weit noch vorhanden, als es zur Erreichung des im öffentlichen Interesse liegenden Zweckes dieser Gesetzgebung unumgänglich notwendig ist. Außerdem ist das neuere Anerbenrecht in den meisten neuern Gesetzen nicht mehr ausschließlich auf den bäuerlichen Grundbesitz beschränkt und das H. nur ein indirektes Intestaterbrecht. Vgl. v. Miaskowski, Das Erbrecht und die Grundeigentumsverteilung im Deutschen Reich (Leipz. 1882-84, 2 Bde.); "Schriften des Vereins für Sozialpolitik", Bd. 21 (das. 1882).

Hoff, 1) Karl Ernst Adolf von, geolog. Schriftsteller, geb. 1. Nov. 1771 zu Gotha, studierte in Jena und Göttingen die Rechte, ward aber zugleich durch Lichtenberg und Blumenbach für die Naturkunde gewonnen. Nach seiner Rückkehr nach Gotha wurde er bei der Geheimen Kanzlei und beim Hausarchiv angestellt und 1817 zum Kommissar der gothaischen Regierung für die Angelegenheiten der Universität ernannt. Später trat er in das gotha-koburgische Ministerium und ward Kurator der Sternwarte Seeberg. 1828 nahm er seine Entlassung aus dem Ministerium, ward Direktor des Oberkonsistoriums in Gotha und erhielt 1832 zugleich die Direktion der wissenschaftlichen und Kunstsammlungen. Er starb 24. Mai 1837. Er schrieb: "Gemälde der physischen Beschaffenheit, besonders der Gebirgsformationen, von Thüringen" (Erfurt 1812); "Geognostische Bemerkungen über Karlsbad" (Gotha 1825); "Geschichte der natürlichen Veränderungen der Erdoberfläche" (das. 1822-41, 5 Bde.); "Höhenmessungen in und um Thüringen" (das. 1833); "Teutschland nach seiner natürlichen Beschaffenheit und seinen frühern und jetzigen politischen Verhältnissen" (das. 1838). Er gab den gothaischen "Hofkalender" von 1801 bis 1816, das "Magazin für die gesamte Mineralogie" (Leipz. 1800) und mit Jacobs das Werk "Der Thüringer Wald" (Gotha 1807-12) heraus.

2) Konrad, Maler, geb. 19. Nov. 1816 zu Schwerin, erlernte die Stubenmalerei, ging von dieser zur Theatermalerei über und durchreiste, abwechselnd diese und jene betreibend, die größern Städte Deutschlands wie später als Künstler Italien. Er bildete sich dann eine Zeitlang an der Dresdener Akademie, mußte sie aber aus Mangel an Mitteln bald verlassen und ging, wieder in der frühern Weise gewerblich beschäftigt, nach Breslau, Krakau, Warschau und Wien, hierauf nach München, wo er sich ständig niederließ und bald einen geachteten Namen errang. Von seinen zahlreichen Architekturstücken, deren Motive er mit Vorliebe Rokokobauwerken und italienischen Städten entnahm, sind zu nennen: Rokokozimmer, Inneres der Münchener Frauenkirche, Renaissancegemach, mit einer schreibenden Dame staffiert (alle 1860); Sakristei (1861); Treppenhaus im Schloß zu Schleißheim, Zimmer eines Kardinals (beide 1862); Partie aus San Zeno in Verona, San Miracoli in Venedig bei Mondlicht (1864); in der Basilika auf der Insel Torcello bei Venedig (1865); Scuola San Rocco in Venedig, Santa Maria della Salute in Venedig, Schlafgemach im Schloß zu Schleißheim (alle drei 1867). Hoffs Werke zeichnen sich durch glückliche Wahl der Stoffe, strenge Behandlung der Perspektive und harmonisches Kolorit aus. Er starb 18. Febr. 1883 in München.

3) Karl, Maler, geb. 8. Sept. 1838 zu Mannheim, studierte von 1855 bis 1858 auf der Kunstschule zu Karlsruhe unter J. W. Schirmer und Descoudres und war dann bis 1861 in Düsseldorf Schüler Vautiers. 1862 brachte er ein halbes Jahr in Paris zu und ließ sich dann in Düsseldorf nieder, wo er mit Vorliebe Genrebilder mit Kostümfiguren malte, welche sich durch glückliche Erfindung, gefälliges Kolorit, feine Charakteristik und elegante Behandlung auszeichnen. Von ihnen sind zu nennen: Zigeuner vor dem Ortsvogt (1860), der Winkeladvokat (1863), Noblesse oblige, der kranke Gutsherr, die Epikureer, Cœur à tout, Sub rosa, besonders aber die größern Bilder: Rast auf der Flucht (1867, im Besitz des Herrn von Tiele-Winckler in Berlin), die Heimkehr (1869, in der Galerie zu Philadelphia), Tartüff und Elmire (1872, als Kupferstich vervielfältigt), der liebe Onkel (1873) und die Taufe des Nachgebornen (1875, in der Nationalgalerie zu Berlin), ein figurenreiches Bild von ergreifender Stimmung. Seine folgenden Schöpfungen (des Sohns letzter Gruß; vor dem Ausmarsch) zeigten ein Sinken seiner Kraft. Doch nahm er in dem figurenreichen Bild: zwischen Leben und Tod (1886, einer Szene aus dem Dreißigjährigen Krieg) wieder einen neuen Aufschwung. Seit 1878 ist er Professor an der Kunstschule in Karlsruhe. Er ist auch dichterisch thätig und gab 1877 ein Festspiel zu Ehren der Anwesenheit des Kaisers in Düsseldorf, später ein komisches Epos: "Schein" (Stuttg. 1878), und die Broschüre "Künstler und Kunstschreiber" (Münch. 1884) heraus, welche heftige Ausfälle gegen die Kunstkritik enthält.

Hoffähigkeit, s. Hof, S. 606.

Hoffart, s. Hochmut.

Hoffinger, Josepha von, verdiente Dante-Übersetzerin, geb. 8. Nov. 1820 zu Wien, bildete sich durch das Studium neuerer Sprachen und Litteraturen sowie der Philosophie des ihr persönlich befreundeten Anton Günther (s. d.) zur Erzieherin, Übersetzerin und philosophischen Schriftstellerin aus, leitete von 1848 bis 1858 als Vorsteherin die kaiserliche Erziehungsanstalt für Töchter k. k. Beamten in Wien und widmete sich, als sie diese Stellung ihrer Gesundheit wegen aufgeben mußte, bis an ihren Tod ausschließlich litterarischen Arbeiten. Sie starb 25. Sept. 1868 auf dem Schloß Altmannsdorf in Niederösterreich. Ihre zur Jubelfeier des Dichters, an deren festlicher Begehung zu Dresden (September 1865) sie persönlich teilnahm, erschienene metrische Übersetzung von Dantes "Göttlicher Komödie" (Wien 1865, 3 Bde.) erhielt den Beifall der Kenner, insbesondere des Königs Johann von Sachsen, und wurde bei jener Gelegenheit teilweise öffentlich vorgetragen. Außerdem gab sie noch Übersetzungen älterer und neuerer italienischer Poesien, besonders Leopardis, nebst einer Auswahl eigner Dichtungen unter dem Titel: "Kronen aus Italiens Dichterwald" (Halle 1868) heraus. Ihre philosophischen und ästhetisch-kritischen Aufsätze (über das Wesen des Schönen; über Shakespeare, Goethe, Schiller etc.), meist ursprünglich als Beiträge zu Günther und Veiths philosophischem Taschenbuch "Lydia" (Wien 1850-51) verfaßt, wurden nach ihrem Tod von ihrem Bruder Joh. v. H. unter dem Titel: "Licht- und Tonwellen" (2. Aufl., das. 1871) gesammelt herausgegeben.