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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hofmann

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Hofmann.

und damit die Anregung zu dem jetzt allerwärts bestehenden Brauch der öffentlichen Weihnachtsfeier für Arme gegeben. Vom Mai 1855 an verweilte H. in Oberitalien und Steiermark und kehrte Ende 1856 nach Hildburghausen zurück, um nach J. Meyers Tode dessen "Universum" fortzusetzen. Im Herbst 1858 ließ er sich in Leipzig nieder, redigierte "Paynes Panorama des Wissens und der Gewerbe" und wurde im Herbst 1861 ständiger Mitarbeiter der "Gartenlaube". Dabei redigierte er 1864-66 den von F. Stolle gegründeten "Illustrierten Dorfbarbier". Der große Einfluß der "Gartenlaube" machte es H. möglich, auch für Wilhelm Bauers (s. d.) Erfindungen, die er seit 1859 in der Presse vertrat, sehr Förderndes zu leisten. Ein Werk Hofmanns durch die "Gartenlaube" war auch die große Christbescherung zur Weihnacht 1870, welche die deutschen Kinder den Kindern in Elsaß-Lothringen brachten, und die auch auf viele Soldatenkinder in Deutschland sich erstreckte. Im Januar 1871 reiste H. im Auftrag der "Gartenlaube" selbst in das Kriegsland, kam mit einem Sanitätszug bis Orléans und besuchte von dort aus 7. Febr. Paris, der erste deutsche Schriftsteller, welcher am hellen Tag und schutzlos sich nach der Kapitulation in die Metropole gewagt hat. Im März 1883 übernahm er die verantwortliche Redaktion der "Gartenlaube", von welcher Stelle er 1886, nach 25jähriger Thätigkeit für das Blatt, zurücktrat. Von seinen zahlreichen Schriften heben wir hervor: "Rundgemälde von Koburg", Dichtung in vier Gesängen (Jena 1840); "Die Feste Koburg", Dichtung (Hildburgh. 1855); "Das Koborgher Quackbrünnla", 500 Schnaderhüpfel (das. 1857); "Der Kinder Wundergarten", Märchensammlung (16. Aufl., Leipz. 1885); die "Kinderfeste" (mit Kompositionen von Julius Otto); "Schulfest" (22. Aufl.), "Weihnachtsfest" (4. Aufl.), "Pfingstfest" (1872), "Vaterlandsfest" (zur Sedanfeier, 1875, sämtlich in Schleusingen); "Deutschlands Erniedrigung und Erhebung", Dichtung mit Gesängen (Kob. 1863); "Die Harfe im Sturm" (Leipz. 1872); "Die Eselsjagd" (2. Aufl., das. 1874); "Geisterspuk auf der Feste Koburg", fröhliches Heldengedicht in 15 Gesängen (mit Illustrationen von A. Gr. M.-P. und G. Sundblad, das. 1876); "Die Schlacht bei Foksan", Schauspiel (Kob. u. Leipz. 1838); "Drei Kämpfer", Festspiel zur Sedanfeier (Leipz. 1873); "Dichterweihe", Dramolett (das. 1875), und die (von V. Neßler komponierten) Operntexte: "Der Rattenfänger von Hameln" (nach J. Wolff, 1877) und "Der wilde Jäger" (1882). Außerdem lieferte H. noch viele Gelegenheitsschriften, Sänger-, Burschenschafts- und Krieger-Festlieder und Prologe sowie in Zeitschriften und Sammlungen zerstreute Gedichte und Aufsätze, wovon "Weihnachtsbaum" und "Gartenlaube" das Wertvollste und Meiste enthalten. Eine Sammlung seiner lyrischen Dichtungen erschien unter dem Titel: "Vor fünfundfünfzig Jahren" (Leipz. 1886). Sind die Schriften Hofmanns, dessen meiste Zeit redaktionelle Arbeiten in Anspruch nahmen, weniger dem Umfang als der Zahl nach bedeutend, so zeichnen sie sich doch um so mehr durch Wärme und Tiefe der Empfindung sowie Kraft und Anmut der Form aus. Als Dichter von Kinderliedern haben wenige so das Kinderherz ergriffen wie er, und die Verbindung mit dem Weltblatt "Gartenlaube" hat seinem warmen Gefühl für menschliche Drangsal zu großartitigen ^[richtig: großartigen] Erfolgen verholfen.

4) August Wilhelm, Chemiker, geb. 8. April 1818 zu Gießen, widmete sich zuerst der modernen Sprachwissenschaft, dann aber unter Liebigs Einfluß der Chemie. Er arbeitete bis 1845 als Gehilfe Liebigs, habilitierte sich dann in Bonn, ging aber noch in demselben Jahr nach London als Lehrer an der neuerrichteten chemischen Schule daselbst, welche durch seine Thätigkeit einen solchen Aufschwung nahm, daß sie die Regierung 1853 mit der Royal School of Mines verband. Mit zahlreichen Expertisen betraut, gewann er bald eine einflußreiche Stellung in England, fungierte als Jurymitglied bei den Industrieausstellungen, war 1856-65 Wardein an der englischen Münze und wurde 1861 zum Präsidenten der Londoner Chemischen Gesellschaft ernannt. 1862 erhielt er von der preußischen Regierung die Aufforderung zur Organisation des chemischen Laboratoriums in Bonn, wurde aber 1863 zu Mitscherlichs Nachfolger in Berlin ernannt und hatte nun hier gleichfalls ein neues Laboratorium zu bauen. Seit 1865 ist er auch Professor der Chemie am Friedrich-Wilhelms-Institut und Mitglied der wissenschaftlichen Deputation für Medizinalangelegenheiten. 1868 gründete er die Deutsche Chemische Gesellschaft in Berlin und fungierte seitdem wiederholt als Präsident derselben. Hofmanns Arbeiten gehören vorzüglich der organischen Chemie an, und namentlich hat er, von den Untersuchungen über den Teer ausgehend, eine vollständige Naturgeschichte des Ammoniaks und seiner Derivate geliefert. Seine Entdeckungen trugen wesentlich zur Entwickelung der Typentheorie bei, in deren Sinn sich der Fortschritt der Wissenschaft eine Reihe von Jahren hindurch fast ausschließlich vollzog. Sehr wichtig waren seine Arbeiten über die Darstellung der organischen Basen, die Polyamine, Isonitrite und die Senföle; die größte Bedeutung gewannen aber seine Untersuchungen über die Anilinfarben. 1858 entdeckte er die Bildung eines karmesinroten Farbstoffs bei Einwirkung von Chlorkohlenstoff auf Anilin; er erforschte dann die Natur des Fuchsins, entdeckte dabei das Rosanilin, lehrte die Gewinnung farbiger Derivate aus demselben und stellte die Natur des hierher gehörigen Anilingrüns fest. Einer der prachtvollsten Farbstoffe dieser Art ist das "Violett Hofmann" des Handels. Er gab auch treffliche Berichte über die Industrieausstellungen von 1851 und 1862 und mit de Laire und Girard einen epochemachenden Bericht über die Teerfarbstoffe auf der Ausstellung von 1867. Für den amtlichen Bericht über die Wiener Ausstellung von 1873 lieferte er mit andern eine umfangreiche, leider nicht vollendete Arbeit über die "Entwickelung der chemischen Industrie während des letzten Jahrzehnts". Als Lehrer gewann H. einen sehr weit reichenden Einfluß. Seine didaktischen Bestrebungen haben allgemeine Anerkennung gefunden, und seine Methode wie seine Apparate (Hofmannsche Röhren) findet man jetzt an allen Universitäten und in Schulen. Seine "Introduction to modern chemistry", nach einer Reihe von Vorträgen, gehalten in dem Royal College of Chemistry zu London (Lond. 1865; deutsch, Braunschw. 1866, 6. Aufl. 1877), ist in mehreren Übersetzungen erschienen. Er schrieb noch: "The life work of Liebig in experimental and philosophic chemistry" (Lond. 1876); "Chemische Erinnerungen aus der Berliner Vergangenheit" (Berl. 1882); "Die Frage der Teilung der philosophischen Fakultät" (2. Aufl., das. 1881); "Zur Erinnerung an Friedr. Wöhler" (das. 1883); "Zur Erinnerung an J. B. A. Dumas" (das. 1885); auch trat er nach Liebigs Tod in die Redaktion der "Annalen der Chemie" ein.

5) Heinrich Albert, Buchhändler, geb. 8. März 1819 zu Berlin, eröffnete daselbst 1846 ein Verlags- und Sortimentsgeschäft, widmete sich aber später aus-^[folgende Seite]