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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hubengericht; Huber

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Hubengericht - Huber.

rufen, in der er den seitdem erschienenen Strafkodex und die Strafgerichtsordnung für Polen ausarbeitete. Darauf zu gleichem Zweck in die gesetzgebende Kanzlei des Kaiserreichs berufen, ward er zum Wirklichen Staatsrat ernannt, erhielt 1843 eine feste Anstellung in jener Magistratur und nahm seitdem an den wichtigsten Gesetzgebungen Rußlands teil. 1846 begleitete er den Grafen Bludow nach Rom, und 1850 ward er zum Geheimen Staatsrat und Senator des Kaiserreichs, 1857 zum Ehrenmitglied der Petersburger Akademie ernannt. H. gab die "Fragmenta Ulpiani" (Warsch. 1826), die "institutiones Gaji" (das. 1827), die "Lex Salica" (das. 1867) heraus und schrieb eine gerühmte Abhandlung: "De furtis doctrina ex jure romano historice et dogmatice explicata" (das. 1828). Von seinen polnischen Schriften nennen wir: "Ogólne zasady nauki prawa karnego" ("Prinzipien des Strafrechts", Warsch. 1830) und "Prawo polskie w wieku XIII. tym" ("Polnisches Recht im 13. Jahrhundert", das. 1875). Er war auch Hauptbegründer der juristischen Zeitschrift "Themis polska". Seines Bruders Joseph "Geschichtliche Darstellung der Erbfolgerechte der Slawen" (deutsch von Zupanski, Posen 1836) ward durch ihn zum Druck befördert.

Hubengericht, s. v. w. Dinghof, s. Ding.

Huber, s. v. w. Halbbauer, s. Bauer, S. 462.

Huber, 1) Samuel, protest. Streittheolog, geb. 1547 zu Burgdorf bei Bern, wurde 1570 Pfarrer der Berner Gemeinde Saanen und 1581 zu Burgdorf. Mit der reformierten Lehre von der Gnadenwahl verfallen und 1588 seines Amtes entlassen, ging H. nach Württemberg und folgte 1592 einem Ruf als Professor nach Wittenberg; doch auch hier geriet er durch seinen weitgehenden Universalismus mit seinen Kollegen in so ärgerliche Streitigkeiten, daß er 1594 entlassen wurde. Seitdem zog er von Ort zu Ort und starb 25. März 1624 in Osterwiek.

2) Franz, Naturforscher, geb. 2. Juli 1750, widmete sich, früh erblindet, der Erforschung der Lebensverhältnisse der Bienen und fand an seinem Diener Franz Burnens und dessen Sohn und später an seiner Gattin und seinem eignen Sohn die Beobachter, welche die Bienen in den aus Glas konstruierten Bienenstöcken belauschten. Aus den übereinstimmenden Resultaten dieser Beobachter zog er seine Ergebnisse, die er in den "Nouvelles observations sur les abeilles" (1792; 2. Aufl., Par. u. Genf 1814, 2 Bde.; deutsch mit Anmerkungen hrsg. von Kleine, Einbeck; 1856-59, 2 Bde.) veröffentlichte. Mit Senebier arbeitete er über das Keimen der Samen und schrieb: "Mémoire sur l'influence de l'air et des diverses substances gazeuses dans la germination de différentes plantes" (Genf 1801). H. gründete in Genf die Gesellschaft für Physik und Naturgeschichte und starb 21. Dez. 1831 in Pregny bei Genf. - Sein Sohn Jean Pierre, geb. 23. Jan. 1777 zu Genf, gest. 22. Dez. 1840 in Yverdon, beobachtete im Sinn seines Vaters Hummeln, Blattwespen, Käfer, namentlich aber Ameisen und schrieb: "Recherches sur les mœurs des fourmis indigènes" (Par. 1810), welche noch heute als Hauptwerk gelten.

3) Ludwig Ferdinand, Schriftsteller, geb. 1764 zu Paris, Sohn des um die Ausbreitung der deutschen Litteratur in Frankreich erfolgreich bemühten Michael H. (geb. 1727, gest. 1804 in Leipzig), kam schon im zweiten Jahr mit seinen Eltern nach Leipzig, erhielt hier eine sehr sorgfältige Erziehung und erwarb sich bei seiner großen Lernbegierde bald ausgebreitete Kenntnisse, besonders in neuern Sprachen und in der schönen Litteratur der Franzosen, Engländer und Deutschen. Nach längerm Aufenthalt in Dresden, wo er zu Körners und Schillers engstem Kreis gehörte, ward er 1787 Sekretär bei der sächsischen Gesandtschaft in Mainz und blieb auch nach Abberufung des sächsischen Gesandten (1791) bis zum Einrücken der Franzosen als kursächsischer Resident dort, worauf er nach achtmonatlichem Aufenthalt in Frankfurt a. M. nach Dresden zurückkehrte. In Mainz war er mit Forster und dessen geistreicher Frau Therese in ein inniges Verhältnis getreten; als dann infolge von Forsters politischer Handlungsweise, die ihn nach Paris führte, seine Familie in die bedrängteste und bedenklichste Lage gekommen war, gab H., um für sie zu sorgen, seine bisherige Stellung auf und ging Ende 1793 zu ihr nach der französischen Schweiz. Nach Forsters Tod heiratete H. die Witwe. Einige Jahre später (1798) siedelte er nach Stuttgart über, um an Posselts Stelle die Redaktion der "Allgemeinen Litteraturzeitung" zu übernehmen. Durch ein Verbot der württembergischen Regierung gezwungen, verlegte Cotta 1803 die Zeitung nach Ulm, wo H., kurz zuvor zum Landesdirektionsrat der neuen bayrischen Provinz Schwaben bei der Sektion des Schulwesens ernannt, 24. Dez. 1804 starb. H. erwarb sich vorzüglich durch seine "Erzählungen" (Braunschw. 1801-1802 u. 1819, 4. Bde.) einen Namen; Tiefe des Geistes ist freilich bei ihm nicht zu finden, wohl aber ein ergötzlicher Anflug von Witz und Scharfsinn. Als Kunstrichter (besonders in der "Allgemeinen Litteraturzeitung") entwickelte er treffliche ästhetische Ansichten, und niemand hat Goethes frühere Schriften besser gewürdigt als er. Seine Lustspiele und Trauerspiele, unter denen "Das heimliche Gericht" (Berl. 1798) seiner Zeit Aufsehen machte, sind jetzt vergessen. Als gewandter Publizist trat er in den historisch-politischen Zeitschriften: "Friedenspräliminarien" (Berl. 1793-96, 10 Bde.) und "Klio" (1795-98, 3 Bde.; 2. Aufl., Frankf. 1819) auf. Hubers "Sämtliche Werke seit dem Jahr 1802" erschienen Tübingen 1807-19, 4. Bde.

4) Therese, Schriftstellerin, erst Georg Forsters, dann des vorigen Gattin, Tochter des berühmten Philologen Heyne zu Göttingen, wo sie 7. Mai 1764 geboren wurde. Ihre Ehe mit Georg Forster war bei dem völlig verschiedenen Grundwesen der Gatten keine glückliche, ohne jedoch bei dem edlen Charakter und der feinen Bildung beider je zu offenem Bruch Anlaß zu geben. Therese folgte ihrem Gatten nach Wilna, später nach Mainz. Als 1792 die französische Invasion in Deutschland begann und Forster im republikanischen Interesse zu wirken anfing, sendete er die Gattin mit den Kindern nach Straßburg und von da nach Neuenburg, wo sie im Haus einer befreundeten Familie Aufnahme fand. Nach dem Tod Forsters verheiratete sie sich mit Huber (s. oben). Die Not veranlaßte sie zu schriftstellerischen Versuchen, die, sämtlich ("Die Familie Seldorf", Tübing. 1795, 2 Tle.; "Luise", Leipz. 1796; "Erzählungen", Braunschw. 1800-1802, 3 Bde.) unter dem Namen ihres Gatten veröffentlicht, zu den bessern Erzeugnissen dieses Zweigs der deutschen Litteratur gehören. 1804 zum zweitenmal Witwe geworden, lebte sie zehn Jahre lang bei ihrem in Bayern angestellten Schwiegersohn, fortwährend mit litterarischen Arbeiten beschäftigt, ging dann nach Stuttgart und übernahm hier 1819 die Redaktion des "Morgenblatts", die sie mit großem Geschick besorgte. 1824 zog sie nach Augsburg, wo sie 15. Juni 1829 starb. Ihre spätern Dichtungen ("Erzählungen", Stuttg. 1820,