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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hufeisen; Hufeisenbogen; Hufeisennase; Hufeisenniere; Hufeland

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Hufeisen - Hufeland.

faßte eine H. jedoch nicht eine bestimmte, feststehende Fläche, sondern je nach der Bonität des Bodens eine bald geringere, bald größere Zahl von Quadratruten. Die bonitierte H. hatte 300, die katastrierte dagegen 600 bonitierte Scheffel. Ein bonitierter Scheffel umfaßte aber zwischen 60 und 600 Qudratruten ^[richtig: Quadratruten]. Nach dem Maßstab ihrer Größe hatten in einigen Gegenden die Hufen besondere Namen (Hakenhufen von 15, Land- und Dorfhufen von 30, Tripelhufen von 45, Heierhufen von 60 Morgen; Stückhufen und Ritterhufen). Freihufen waren die von Lasten befreiten Hufen. Auch sprach man von Waldhufen, Wasser hufen u. dgl. Es kam sogar vor, daß Dorfbewohner, welche keine Feldgrundstücke besaßen, nach fingierten Hufen (Schattenhufen) zur Steuer herangezogen wurden. Vgl. Waitz, Über die altdeutsche H. (Götting. 1854).

Hufeisen, eiserner, hinten offener Kranz, welcher auf die Hufe der Pferde, Maultiere, Esel und Zugochsen genagelt wird, um den Huf gegen Beschädigungen zu sichern und dem Tier einen festern Auftritt zu geben. Die Eisen müssen von gutem Stoff und dem natürlichen Bau des Hufs angemessen, auch je nach dem verschiedenen Gebrauch der Tiere eingerichtet sein. Rennpferde sollen so leicht wie möglich beschlagen werden, während die schweren Zug- und Karrenpferde der verhältnismäßig stärksten und schwersten Eisen bedürfen. Der vordere, runde Teil des Hufeisens heißt die Zehe oder der Bug, die beiden hintern Teile die Arme. Man unterscheidet folgende Arten H.: Das deutsche H. hat am Ende eines jeden Arms eine vierkantige Hervorragung (Stollen), vorn unter der Zehe ein angeschweißtes, gut gehärtetes Stückchen Eisen (Griff) und über dem Griff ein schwaches Stück Eisen (Feder, Kappe), welches an die obere Seite des Hufs angebogen wird. Jedes H. wird mit 5-8 Nägeln aufgenagelt und hat auf der untern Seite eine Vertiefung oder einen Falz, in dem die Nagelköpfe versenkt sind, so daß sie sich nicht so leicht abnutzen. Das englische H. (Fig. 1) ist ohne Stollen und Griff und bedeutend leichter als das deutsche, gibt aber auf festem Boden den Zugpferden keinen sichern Tritt. Das französische H. hatte sonst weder Stollen noch Griff, dafür aber eine hohe Feder und war am äußern Rande dünner als am innern; jetzt hat man auch H. mit niedrigem Griff und einem Stollen an der Außenseite. Das österreichische und Wiener H. (Fig. 2) eignet sich für Reit- und Wagenpferde mit hohen Hufen. Die obere Fläche ist glatt und eben, die untere gefalzt und am innern Rand abgedacht. Bei dem Pantoffeleisen ist die innere Seite der Stollen sehr dick, weniger bei dem halben Pantoffeleisen. Bei den geschlossenen Eisen (Fig. 3) sind beide Arme hinten durch einen querüber gehenden breiten Steg verbunden. Die Hufnägel sind vierkantig, breit und dünn; die Spitze (Hufnagelzwicke) erhält eine besondere Form, damit der Nagel beim Eintreiben in die Hornmasse eine solche Richtung bekomme, daß er an dem rechten Orte die Wand nach außen durchdringe und weder zu hoch gehe, noch zu zeitig herauskomme. Bei H. ohne Stollen gebraucht man im Winter die Eisnägel mit sehr hervorragendem, spitzem Kopf. - Das H. spielt in der germanischen Mythologie, wohl mit Bezugnahme auf den Schimmelreiter Odin, eine bedeutende Rolle und wurde früher in vielen Gegenden Deutschlands als abwendendes und schützendes Abzeichen auf den Schwellen, am Thürpfosten oder über der Thür neugebauter Häuser angenagelt. Es mußte aber ein gefundenes H. sein. Sehr häufig findet man das Zeichen eines Hufeisens auf großen erratischen Blöcken eingemeißelt, und es sind wohl ein halbes Hundert solcher Steine in Deutschland bekannt. Man nennt sie gewöhnlich Karlsteine (wie den zu Rosengarten bei Harburg) oder Roßtrappen (s. d.) und erzählt Sagen von einer am Ort gewonnenen Schlacht, von einem kühnen Sprung oder von daselbst stattfindenden Hexenversammlungen, wobei die Roßtrappe als Abdruck des Pferdefußes (s. d.) angesehen wird, den man dem Teufel zuschrieb. Man hat viel darüber gestritten, ob diese Hufeisenmale Überbleibsel des Odinkultus, vergleichbar den Fußspuren von Buddha, Mohammed etc., Erinnerungen an Schlachten oder, was das Wahrscheinlichste scheint, alte Grenzmarken vorstellen. Vgl. Chr. Petersen, H. und Roßtrappen (Kiel 1865); Jähns, Roß und Reiter, Bd. 1 (Leipz. 1872).

^[Abb.: Fig. 1. Englisches Hufeisen. Fig. 2. Wiener Hufeisen. Fig. 3. Geschlossenes Hufeisen.]

Hufeisenbogen, s. Bogen (mit Fig. 12).

Hufeisennase, s. Fledermäuse.

Hufeisenniere, angeborne Verwachsung beider Nieren, welche ohne Nachteil für die Funktion der Organe bestehen kann.

Hufeland, 1) Gottlieb, Jurist, geb. 19. Okt. 1760 zu Danzig, studierte in Leipzig und Göttingen und habilitierte sich 1786 in Jena, wo er 1788 außerordentlicher, 1790 ordentlicher Professor der Rechte ward. 1803 folgte er einem Ruf als Professor der Rechtswissenschaft an die Universität Würzburg, ging aber, als das Bistum Würzburg an den Großherzog