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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hugenotten

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Hugenotten (vierter bis achter Hugenottenkrieg).

Münzen zu ihrem Andenken schlagen mit der Inschrift: "Hugonotorum strages"; 8. Sept. feierte der Kardinal von Lothringen in Gegenwart des Papstes einen Dankgottesdienst für die Beseitigung aller Ketzer, die in Frankreich mit Einem Schlag erreicht worden. Der König Karl hatte erst nicht den Mut, sich als den Urheber des Pariser Blutbades zu bekennen, und wollte die Schuld auf die Guisen schieben; doch schon am dritten Tag nach der That, 26. Aug., gab er vor dem versammelten Parlament zu Paris die Erklärung ab, er habe die Tötung Colignys und seiner Anhänger deshalb befohlen, weil sie hochverräterische Unternehmungen gegen ihn und sein Haus im Schilde geführt hätten.

Die über die H. verhängten Proskriptionen hatten jedoch nicht den gehofften Erfolg. Viele entkamen den Metzeleien und verteidigten sich von nun an mit dem Mute der Verzweiflung. In Montauban, La Châtre, Nîmes, La Rochelle und allenthalben, wo sich die H. stark genug fühlten, verschlossen sie den königlichen Truppen die Thore. La Châtre wurde von den Katholiken acht Monate lang vergeblich belagert. Ebenso versuchte der Herzog von Anjou vergeblich, La Rochelle, welches den H. eine bequeme Verbindung mit England sicherte, in seine Gewalt zu bekommen; neun Stürme schlugen die Belagerten siegreich zurück: und es endete dieser Kampf (vierter Hugenottenkrieg) endlich damit, daß auf die Nachricht von der Wahl des Herzogs von Anjou zum König von Polen den H. im Frieden vom 24. Juni 1573 Montauban, Nîmes und La Rochelle als Sicherheitsplätze zugestanden und in denselben freie Religionsübung gestattet wurde; im übrigen Frankreich sollten sie wenigstens wegen ihrer Glaubensmeinungen nicht verfolgt werden. Bald nach dem Abschluß des Friedens trat die Partei der "Politiker" aufs neue mit den H. in Verbindung, um ihre Hilfe zum Sturz der Herrschaft der Guisen zu gewinnen. Diese Verschwörung wurde jedoch verraten; der Herzog von Alençon, der sich an die Spitze der Politiker gestellt, und Heinrich von Navarra wurden in Vincennes verhaftet; Condé entging der Verhaftung durch die Flucht nach Straßburg, wo er zu der protestantischen Kirche zurücktrat.

Unter Karls IX. Nachfolger Heinrich III. (seit 1574) begannen bald neue Feindseligkeiten gegen die H. (fünfter Hugenottenkrieg). Marschall d'Anville, der in Languedoc kommandierte, ging zu den H. über; Lanone eroberte mehrere feste Plätze, Montbrun breitete sich in der Dauphiné aus und schlug die Katholischen bei Gordes. Dazu entfloh der Herzog von Alençon, jetzt Herzog von Anjou, aus dem Gefängnis und trat wieder in Verbindung mit den H. Ebenso entkam Heinrich von Navarra, trat zur reformierten Kirche zurück und stellte sich auf die Seite seiner Glaubensgenossen. Condé drang jetzt mit einem bedeutenden deutschen Hilfskorps in Frankreich ein und vereinigte sich 11. März 1576 mit dem Herzog von Anjou, dem er den Oberbefehl überließ. Gegen diese 30,000 Mann protestantischer Truppen standen dem Herzog von Mayenne nur 18,000 königliche zu Gebote; er riet daher dem König zum Frieden, der auch 8. Mai zu Beaulieu abgeschlossen wurde. Die H. erlangten mehr Zugeständnisse als je zuvor. Mit Ausnahme von Paris und dessen Umkreis von zwei Meilen erhielten sie in ganz Frankreich freie Religionsübung, Zutritt zu allen Ämtern und acht neue Sicherheitsplätze zugesichert. Noch in demselben Jahr aber gründete der Herzog von Guise einen katholischen Adelsverein, die Heilige Ligue, zur Verteidigung des katholischen Glaubens; der König stellte sich auf dem Reichstag zu Blois 6. Nov. 1576 selbst an die Spitze dieses Bundes, und ein neuer Krieg (sechster Hugenottenkrieg) brach aus. Er dauerte nicht lange, nach kleinen Erfolgen lenkte König Heinrich III. ein. Er fürchtete allmählich die ehrgeizigen Pläne des Herzogs von Guise, welche dieser mit Hilfe der Ligue durchzusetzen hoffte, mehr als die Reformierten; so entschloß er sich im September 1577 auf Anraten des Parlamentspräsidenten de Thou zum Frieden von Poitiers oder von Bergerac, durch welchen den H. fast alle frühern Zugeständnisse erneuert wurden. Das unter den Katholiken immer höher steigende Ansehen des gefürchteten Herzogs von Guise bewog die Königin-Mutter, mit Heinrich von Navarra in Unterhandlungen zu treten, welche eine noch weitere Ausdehnung der Rechte der H. und die Überlassung von 14 neuen Sicherheitsplätzen an dieselben zur Folge hatten. Noch einmal gab es über die Ausführung des Friedens Konflikte, sogar eine kurze Waffenerhebung fand statt (siebenter Hugenottenkrieg). Aber der Herzog von Anjou vermittelte bald im November 1580 zu Fleix einen neuen Frieden.

Als nach dem Tode des Herzogs von Anjou (10. Juni 1584) Heinrich von Navarra die nächsten Ansprüche auf den Thron hatte, erneuerte der Herzog von Guise, der die Krone nicht auf eines Ketzers Haupt kommen lassen wollte, die Heilige Ligue und verband sich mit dem spanischen Hof und dem Papst zur Beseitigung Heinrichs von Navarra. Zunächst proklamierte die Ligue den alten Kardinal von Bourbon als Thronfolger und nötigte den König 7. Juli 1585 zu dem Edikt von Nemours, welches alle frühern Zugeständnisse an die H. zurücknahm, nur die katholische Religion in Frankreich für erlaubt erklärte und den Andersgläubigen gebot, binnen sechs, den reformierten Predigern, binnen einem Monat das Land zu verlassen. Hierauf griffen 1586 die H. von neuem zu den Waffen (achter Hugenottenkrieg, nach den drei Häuptern auch der "Krieg der drei Heinriche" genannt). Das protestantische Deutschland unterstützte sie mit Truppen, England mit Geld. Am 20. Okt. 1587 brachte Heinrich von Navarra den Katholischen bei Coutras eine blutige Niederlage bei. Anstatt nun aber sogleich gegen Paris zu ziehen, begab sich Heinrich nach Béarn, worauf die deutschen Hilfstruppen, die allein den Katholischen nicht gewachsen waren, mit Heinrich III. unterhandelten und nach Deutschland zurückmarschierten. Der König wurde nun von dem Herzog von Guise durch Erhebung der Pariser Bürger (Tag der Barrikaden, 12. Mai 1588) gezwungen, 19. Juli 1588 das sogen. Unionsedikt von Rouen zu publizieren, welches die Bestimmungen des Edikts von Nemours gegen die Ketzer erneuerte und jeden nichtkatholischen Fürsten vom Thron ausschloß. Die Ermordung Heinrichs von Guise auf dem Reichstag zu Blois 23. Dez. 1588 und die Hinrichtung seines Bruders, des Kardinals Ludwig (24. Dez.), welche Heinrich III. befahl, um sich der übermächtigen Guisen zu entledigen, befreiten jedoch die H. von den Gefahren, mit denen sie jenes Edikt bedrohte. Aber diese Gewaltthat an den Häuptern der Ligue erregte gegen Heinrich III. einen Aufstand der Katholiken, der ihn nötigte, in das Lager Heinrichs von Navarra zu flüchten. Er zog mit ihm vor Paris, wurde aber 1. Aug. 1589 von dem Dominikanermönch Clément ermordet.

Nunmehr war Heinrich von Navarra vermöge des Erbfolgerechts legitimer König von Frankreich, aber er hatte noch fünf Jahre zu kämpfen, ehe er von dem überwiegend katholischen Volk anerkannt wurde; ja,