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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Humboldt

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Humboldt (Alexander v.).

mit Eifer aufgenommenen altindischen Studien bewiesen seine größern in der Berliner Akademie gelesenen Abhandlungen: "Über die unter dem Namen Bhagavad-Gita bekannte Episode des Maha-Bharata" (Berl. 1826); "Über den Dualis" (das. 1828) und "Über die Verwandtschaft der Ortsadverbien mit dem Pronomen in einigen Sprachen" (das. 1830). Sein Hauptwerk aber auf diesem Gebiet: "Über die Kawisprache auf der Insel Java" (Berl. 1836-40, 3 Bde.), ward erst nach seinem Tod von Buschmann (s. d.) herausgegeben. Die Einleitung zu diesem Werk, die unter dem Titel: "Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwickelung des Menschengeschlechts" (Berl. 1836; neue Ausg. von Pott; 3. Ausg., das. 1883, mit einer Einleitung: "W. v. H. und die Sprachwissenschaft") auch besonders erschien, machte in der Geschichte der neuern Sprachforschung Epoche. (Vgl. Schasler, Die Elemente der philosophischen Sprachwissenschaft W. v. Humboldts, Berl. 1847) Humboldts "Vocabulaire inédit de la langue taïtienne" ward ebenfalls von Buschmann in dessen "Aperçu de la langue des îles Marquises et la langue taïtienne" (Berl. 1843) veröffentlicht. Eine neue Ausgabe von "Humboldts sprachphilosophischen Werken", mit Kommentar, veranstaltete Steinthal (Berl. 1883). Seine die Sprachwissenschaft betreffende handschriftliche Sammlung ging an die königliche Bibliothek zu Berlin über. Daß H. unter seinen tiefen Studien und diplomatischen Geschäften sich den edel menschlichen Zartsinn für Freundschaft und Liebe zu bewahren gewußt, beweisen die an Charlotte Diede (s. d.) gerichteten "Briefe an eine Freundin" (Leipz. 1847, 11. Aufl. 1883). Seine "Gesammelten Werke", die erst nach seinem Tod in 7 Bänden (Berl. 1841-52) erschienen, enthalten auch einen Teil seiner zahlreichen Gedichte, unter denen besonders die Elegie "Rom" (1806) und die durch Vollendung der Form und tiefe Sinnigkeit ausgezeichneten Sonette (separat, Berl. 1853) hervorzuheben sind. Eine neue Ausgabe seiner "Abhandlungen über Geschichte und Politik" erschien Berlin 1870. Sein Briefwechsel mit Goethe wurde herausgegeben von Bratranek (Leipz. 1876), seine Briefe an F. G. Welcker von Haym (Berl. 1859), die Briefe an Chr. G. Körner von Jonas ("Ansichten über Ästhetik und Litteratur", das. 1879); "Lichtstrahlen aus seinen Briefen" veröffentliche Elise Maier (5. Aufl., Leipz. 1865). Vgl. Schlesier, Erinnerungen an W. v. H. (Stuttg. 1843 bis 1845, 2 Bde.); Haym, W. v. H., Lebensbild und Charakteristik (Berl. 1856); Distel, Aus W. v. Humboldts letzten Lebensjahren (Briefe, Leipz. 1883).

2) Friedrich Heinrich Alexander, Freiherr von, Naturforscher, Bruder des vorigen, geb. 14. Sept. 1769 zu Berlin, erhielt gemeinschaftlich mit seinem Bruder privatim, ohne eine Schule zu besuchen, eine wissenschaftliche Vorbildung, bezog im Oktober 1787 die Universität zu Frankfurt a. O. und im April 1789 die Universität Göttingen, wo er mit seinem Bruder zwar Heynes philologisches Seminar besuchte, aber vor allem die naturwissenschaftlichen Vorträge von Blumenbach, Kästner, Beckmann, Gmelin, Lichtenberg, Link sowie des Historikers Spittler hörte und durch Ausflüge in den Harz und an den Rhein für die Naturwissenschaft begeistert wurde. Eine Frucht jener Exkursionen und seiner klassischen Studien zugleich war seine Druckschrift "Über die Basalte am Rhein", nebst Untersuchungen über Syenit und Basanit der Alten (Braunschw. 1790). Seine erste größere Reise machte er 1790 von Mainz aus mit Georg Forster durch Belgien, Holland, England und Frankreich, und durch diesen Reisebegleiter wurden seine Blicke zuerst auf die fernen tropischen Länder hingelenkt. Doch war er vorläufig für eine praktische kameralistische Laufbahn bestimmt, ging deswegen 1790 auf Büsch' Handelsschule nach Hamburg und bezog 1791 die Bergakademie zu Freiberg, wo er Werners Unterricht genoß und mit Leopold v. Buch, Freiesleben und Andrea del Rio in engen Verkehr trat. Die Frucht eines achtmonatlichen Aufenthalts im Erzgebirge war die erst später im Druck erschienene "Flora subterranea Fribergensis et aphorismi ex physiologia chemica plantarum" (Berl. 1793). Diese "Aphorismen", der erste Versuch einer Pflanzenphysiologie, erschienen in deutscher Übersetzung mit Zusätzen von Hedwig (Leipz. 1794). 1792 ward er Assessor im Bergdepartement und erhielt bald die Stelle eines Oberbergmeisters in den fränkischen Fürstentümern. Er verwaltete dies Amt bis 1797, machte mehrere Reisen in der Schweiz und Tirol, sammelte die Materialien zu den beiden 1799 erschienenen Werken: "Über die chemische Zerlegung des Luftkreises" und "Über die unterirdischen Gasarten" und konstruierte eine unauslöschliche Lampe sowie eine nach Beddoes' Prinzipien hergestellte Respirationsmaschine für Grubenarbeiten. Auch sammelte er seit 1792 das Material zu seinem größern Werk: "Über die gereizte Muskel- und Nervenfaser, nebst Vermutungen über den chemischen Prozeß des Lebens in der Tier- und Pflanzenwelt" (Berl. 1797 bis 1799, 2 Bde.). 1797 gab er seine Stelle auf, um eine Reise nach Ägypten und dem Orient anzutreten und sich in völliger Unabhängigkeit dem Studium der Naturwissenschaft zu widmen. Drei Monate weilte er in Jena, mit Goethe und Schiller in Verkehr, und hörte Loders anatomische Vorträge. Gescheiterte Reisepläne führten ihn nach Paris, wo er die Bekanntschaft des Botanikers Aimé Bonpland (s. d.) machte, mit welchem er dann den Winter von 1797/98 in Spanien verlebte, um bei günstigerer Zeitlage Ägypten von einem spanischen Seehafen aus zu erreichen. Der Krieg vereitelte auch diesen Plan, doch erhielt er durch den Staatssekretär Urquijo die Erlaubnis zur Bereisung des spanischen Amerika, schiffte sich 5. Juni 1799 mit Bonpland in Coruña ein, langte 19. Juni in Teneriffa an, bestieg dort den Pik und landete 16. Juli in Amerika bei Cumana. Von hier aus durchstreifte und durchforschte er Venezuela und das Orinokogebiet; später wandte er sich mit Bonpland nach Cuba, nach dem Plateau von Bogotá und nach Quito, wo er 23. Juni 1802 den Chimborazo bestieg und die absolut größte bis dahin von Menschen erreichte Höhe, obwohl nicht den Gipfel selbst, erklomm; endlich erreichte er die Westküste und nach beschwerlicher Fahrt im März 1803 Acapulco. In Mexiko weilte H. etwa ein Jahr, begab sich dann nach einem zu statistisch-politischen Studien benutzten kürzern Aufenthalt in Havana nach Philadelphia und 9. Juli 1804 nach Europa zurück, wo er mit Bonpland 3. Aug. in Bordeaux landete. Arbeiten in Paris, besonders gasanalytische, in Verbindung mit Gay-Lussac, Reisen mit diesem und L. v. Buch nach Italien beschäftigten ihn zunächst. Gegen Ende 1805 kehrte er mit ersterm nach Berlin zurück, begleitete 1808 den Prinzen Wilhelm nach Paris, blieb aber auch nach dessen Rückberufung mit königlicher Erlaubnis in Frankreich, um dort die Herausgabe seiner Werke zu besorgen. 1818 wohnt er dem Kongreß zu Aachen bei, später dem von Verona, von wo er den König nach Rom und Neapel begleitete. Definitiv kehrte er erst 1827 nach Berlin zurück,