Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hydrargyriasis; Hydrargyrosis; Hydrargyrum; Hydrate; Hydraulik; Hydraulische Aufzüge; Hydraulische Motoren; Hydraulische Presse

835

Hydrargyriasis - Hydraulische Presse.

Hydrargyriasis und Hydrargyrosis, s. Quecksilbervergiftung.

Hydrargyrum (griech., "Wassersilber", d. h. flüssiges Silber), Quecksilber; H. amidato-bichloratum, ammoniato-muriaticum, s. H. praecipitatum album; H. bichloratum corrosivum, ätzendes Quecksilberchlorid; H. bijodatum rubrum, rotes Quecksilberjodid; H. chloratum (muriaticum) mite, Quecksilberchlorür, Kalomel; H. chloratum mite vapore paratum, mit Dampf bereitetes Quecksilberchlorür; H. depuratum, gereinigtes Quecksilber; H. jodatum flavum, Quecksilberjodür; H. nitricum oxydulatum, salpetersaures Quecksilberoxydul; H. oxydatum rubrum, rotes Quecksilberoxyd; H. oxydatum via humida paratum, präzipitiertes Quecksilberoxyd; H. praecipitatum album, amidato-bichloratum, weißes Quecksilberpräzipitat; H. sulfuratum nigrum, schwarzes Schwefelquecksilber; H. sulfuratum rubrum, Zinnober.

Hydrate, nach den ältern Anschauungen in der Chemie Verbindungen von Oxyden oder wasserfreien Säuren mit Wasser. Kaliumoxyd bildet demnach mit Wasser das Kaliumoxydhydrat K2O.H2O ^[K_{2}O.H_{2}O], das heutige Kaliumhydroxyd KHO. Schwefelsäure SO3.H2O ^[SO_{3}.H_{2}O] ist nach dieser Anschauung das Hydrat der wasserfreien Schwefelsäure SO3 ^[SO_{3}], Alkohol (Äthyloxydhydrat) galt als das Hydrat des Äthers (Äthyloxyd), während man jetzt weiß, daß beide ganz verschiedene Konstitution besitzen. Das in den Hydraten chemisch gebundene Wasser nannte man Hydratwasser.

Hydraulik (griech.), s. v. w. Hydromechanik; im engern Sinn die Lehre von der praktischen Anwendung der Bewegung des Wassers (Wasserbaukunst, Wasserhebung, Konstruktion der Wasserräder und Wassersäulenmaschinen etc.); in der Leuchtgasfabrikation das horizontal liegende weite Rohr, in welches die Abzugsrohre der Retorten münden. Vgl. Meißner, Die H. und die hydraulischen Motoren (Jena 1876); Haton de la Goupillière, H. und hydraulische Motoren (deutsch, Leipz. 1886).

Hydraulische Aufzüge, s. Gichtaufzug.

Hydraulische Motoren, s. v. w. Wasserräder, Turbinen.

Hydraulische Presse. Nach dem hydrostatischen Grundgesetz pflanzt sich ein Druck von gegebener Größe in dem Wasser nach jeder Richtung mit gleicher Stärke fort und kann folglich, wenn er gegen eine bewegliche Wand wirksam ist, durch bloße Vergrößerung dieser Wand zu jeder beliebigen Größe vervielfacht werden. Die h. P., die nach ihrem Erfinder auch Bramahsche Presse genannt wird, ist eine Anwendung dieses Gesetzes, um den mittels des Kolbens einer Pumpe ausgeübten Druck zu vervielfachen. Dieselbe besteht aus einer Saug- und Druckpumpe, welche den Druck ausübt, und einem Kolben, welcher den Druck empfängt, um ihn auf den zu pressenden Körper zu übertragen. Nebenstehende Fig. 1 zeigt eine h. P. im Durchschnitt: rechts die Pumpe, links die Presse. Durch einen Hebel wird der Pumpenkolben gehoben, das Wasser des Behälters bb dringt durch das Sieb r, hebt das Ventil i und gelangt so unter den Kolben s. Wenn man den Hebel niederdrückt, so geht auch der Kolben s nieder, das zurückgetriebene Wasser schließt das Ventil i, hebt das Ventil d und gelangt durch die Röhre t in den Cylinder cc der Presse; hier drückt es nun gegen den Kolben pp, den es mit der Platte nn hebt, und so wird der zu pressende Körper zwischen nn und der festen Platte e zusammengedrückt. Wenn der Kolben s durch irgend eine Kraft niedergedrückt wird, so hat jeder Flächenteil der Gefäßwände, welcher dem Querschnitt des Kolbens gleich ist, einen gleichen Druck auszuhalten. Nun kann man aber die Unterfläche des Kolbens p als einen Teil der Gefäßwand betrachten; so vielmal also der Querschnitt des Kolbens p größer ist als der Querschnitt des Kolbens s, so vielmal wird auch die Kraft, mit welcher der Kolben p gehoben wird, größer sein als die Kraft, mit welcher der kleine Kolben niedergedrückt wird. Wenn der Querschnitt des Kolbens s ein Hundertstel des Querschnitts von p ist, so wird p mit einer Kraft von 50 kg gehoben, wenn s durch eine Kraft von 0,5 kg niedergedrückt wird. Wird der Hebel mit einer Kraft von 50 kg niedergedrückt, so ist, wenn z. B. die Hebelarme von Kraft und Widerstand sich wie 6:1 verhalten, die Wirkung dieselbe, als ob auf den Kolben s direkt eine Kraft von 300 kg wirkte; der Kolben p wird also mit einer Kraft von 30,000 kg gehoben. Von der Kraft, welche am Hebel angewandt wird, geht ein Teil durch Reibungswiderstand verloren, bevor sie sich bis zum Kolben p fortpflanzt; deshalb wird der Effekt stets geringer sein, als er nach der obigen Berechnung sein sollte. Eine nicht unwesentliche Verbesserung erfuhr die erste h. P. durch Anwendung einer eigentümlichen Dichtung (Liderung) des großen Kolbens p (Fig. 1), welche Henry Maudsley in London, von andern Benjamin Hick in Bolton, zugeschrieben wird. Dieselbe besteht aus einem umgestülpten Sohllederring, welcher die Gestalt eines umgekehrten U (^) hat und an beiden Enden zugeschärft ist. Dieser Kranz liegt in einer Vertiefung des Cylinders und wird durch das Wasser gegen den Kolben und Cylinder gepreßt. Zur Erhaltung der Form des Lederringes dient ein aus zwei Teilen zusammengesetzter Metallring (Fig. 1). In Deutschland und Frankreich scheint die h. P. erst nach dem zweiten Pariser Frieden Beachtung gefunden zu haben. So gibt Gilbert ("Annalen der Physik", Bd. 60, 1819) an, daß zu Anfang des Jahrs 1818 der Mechaniker Neubauer in der Maschinenfabrik von Nathusius in Hundisburg bei Magdeburg eine h. P. zu stande gebracht habe, welche, durch zwei Menschen in Bewegung gesetzt, einen Druck von 150,000 kg erzeugte und namentlich zum Auspressen des Rübensafts, des Öls aus den Samen etc. empfohlen ward. In Frankreich soll der Mechaniker Montgolfier einer der ersten gewesen sein, welcher die h. P. mit Erfolg zum Ölpressen benutzt hat, und eine solche Presse befand sich auf der Pariser Industrieausstellung von 1819. Seitdem Joseph Bramah in London die von ihm (1795) erfundene Presse als

^[Abb.: Fig. 1. Hydraulische Presse (Durchschnitt).]