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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Hypallage - Hyperbasis.

in Deutschland benutzt wurde. H. niger fand erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts allgemeinere Anwendung. Von H. physaloides L., in Sibirien, dienen Kraut und Wurzel statt des Opiums als Berauschungsmittel.

Hypallage (griech., "Verwechselung"), eine der Metonymie ähnliche rhetorische Figur, setzt für das Eigenschaftswort ein Dingwort oder umgekehrt, z. B. statt revolutionärer Geist: Geist der Revolution, statt Segen des Himmels: himmlischer Segen.

Hypanis, im Altertum Name der russischen Flüsse Bug (östlicher B.) und Kuban.

Hypánte (vom griech. hypantan, entgegengehen), in der griech. Kirche das Fest der Darstellung Christi (2. Febr.), bei den Katholiken Lichtmeß genannt. Der Name bezieht sich darauf, daß der alte Simeon dem Jesuskind entgegengegangen sein soll (Luk. 2, 25 ff.).

Hypanthocrinus, s. Krinoideen.

Hypaspisten (griech.), Waffenträger; sodann das leichte Fußvolk im makedonischen Heer, mit ledernem Helm, leichtem Schild, kurzem Schwert und Spieß bewaffnet; es stand in der Schlachtordnung zwischen der Phalanx und der Reiterei.

Hypata, im Altertum die hoch gelegene Hauptstadt der Änianen am Nordabhang des Öta, als Sitz der thessalischen Zauberer geltend, jetzt Neopatra oder Hypati, Stadt im griechischen Nomos Phthiotis und Phokis, mit 1593 Einw., einer heißen Heilquelle und vielen antiken Resten.

Hypate, s. Griechische Musik, S. 730.

Hypäthraltempel (griech. hýpaithron oder hypaíthrion, "unter freiem Himmel"), Tempel, dessen Cella durch eine Lichtöffnung im Dach erleuchtet wurde. Die Existenz solcher Dachöffnungen, die lange Zeit streitig gewesen ist, ergibt sich nicht nur aus der deutlichen Beschreibung des Vitruv (III, 1), sondern ist auch Voraussetzung einiger Tempellegenden. So steigt Apollon bei einem Überfall Delphis durch gallische Horden "durch das offene Giebeldach" seines Tempels (Just. 24, 8), Zeus sendet auf das Gebet des Pheidias seinen Blitzstrahl in den olympischen Tempel, auf dessen Fußboden die Spuren noch später gezeigt wurden. Das erste sichere Beispiel ist neuerdings durch die Ausgrabungen in Olympia bekannt geworden, indem in der Cella des Zeustempels vor dem Standort des Götterbildes ein Regenablauf im Fußboden vorgefunden wurde. Über die Konstruktion der Dachöffnung selbst ist nichts bekannt. Vgl. K. Fr. Hermann, Die H. des Altertums (Götting. 1834); Boetticher, Der H. auf Grund des Vitruvschen Zeugnisses erwiesen (Berl. 1847); Falkener, On the Hypaethron of Greek temples (Lond. 1861).

Hypatia, aus Alexandria, neuplaton. Philosophin des 4. und 5. Jahrh. n. Chr., Tochter und Schülerin des Mathematikers Theon, studierte zu Athen Philosophie und lehrte zu Alexandria mit großem Beifall. Trotz der Reinheit ihrer Sitten, welche selbst ein Dichter der Anthologie, Palladas, in einem noch vorhandenen Lied rühmt, ward sie in einem von dem Bischof Cyrillus (s. d. 2) wider die heidnischen Philosophen erregten Pöbelaufstand gesteinigt (415). H. huldigte dem Eklektizismus, der die neuplatonische Lehre mit der des Aristoteles zu verschmelzen suchte. Von ihren Schriften, die verloren gegangen sind, nennt Suidas einen Kommentar zu Diophantos, einen astronomischen Kanon und einen Kommentar zu der Schrift des Apollonios von Perga von den Kegelschnitten. Auch ein lateinischer Brief an den Bischof Cyrillus zu gunsten des verwiesenen Nestorius wird ihr beigelegt. Der Engländer Charles Kingsley hat sie zur Heldin eines gleichnamigen kulturhistorischen Romans (deutsch, 4. Aufl., Leipz. 1885), A. Beer zu der eines Trauerspiels gemacht. Vgl. Wolf, H., die Philosophin von Alexandria (Wien 1879); Meyer, H. von Alexandria (Heidelb. 1886).

Hypena, s. Zünsler.

Hyper (griech.), Vorsilbe, s. v. w. über, im Sinn von allzu, übertrieben.

Hyperämie (griech., "Blutüberfüllung"), in der modernen Medizin ausschließlich Bezeichnung für die örtliche Blutfülle einer bestimmten Gefäßprovinz, während die allgemeine, den ganzen Körper betreffende Blutüberfülle als Vollblütigkeit bezeichnet wird. Man unterscheidet Blutwallung und Blutstauung. Das wesentlichste Merkmal der Blutwallung (Fluxion) ist der vermehrte Zufluß von arteriellem Blut, sie wird deshalb auch als arterielle H. (unpassend als aktive H.) bezeichnet. Das Kriterium der Blutstockung (der venösen oder passiven H.) ist der verhinderte Abfluß des Bluts. Die Wallungsblutfülle äußert sich durch lebhafte Rötung, mäßige Schwellung, größere Wärme, zuweilen durch ein eigentümliches Pulsationsgefühl, d. h. wir fühlen die in die kleinern Arterien vordringenden Pulsschläge, wenn letztere die sensibeln Nervenenden mit erschüttern (an der Fingerspitze, beim Zahnschmerz etc.). Bei hochgradiger arterieller H. kommt es manchmal zu Gefäßzerreißungen und Blutungen, zur ödematösen Anschwellung des Teils; in der Regel aber fehlen gröbere Störungen der Ernährung und der Funktion der hyperämischen Teile. Bei der Stauungsblutfülle verweilt das Blut länger in den Kapillaren, das arterielle Blut kann nicht schnell genug nachrücken; daher stellt sich bläuliche Färbung (Cyanose) ein (vgl. Blausucht). Hierher gehört die Stauungshyperämie durch Senkung (Hypostase), wobei die allgemeine Schwerkraft, das Gewicht einer hohen Blutsäule, die Verlangsamung des Blutstroms hervorruft, zumal wenn das Herz geschwächt und die Arterienwände gelähmt sind. So bei den im engern Sinn sogen. mechanischen Hyperämien, wo eine Kompression der Venen durch Geschwülste, zu fest angelegte Bandagen u. dgl. oder eine Verstopfung der Venen mit Blutgerinnseln oder ein Hindernis für den Abfluß des Venenbluts in das rechte Herz (bei vielen Krankheiten der Lunge und des Herzens) die Stauung bedingt.

Hyperanthera Vahl, s. Moringa.

Hyperasthenie (griech.), s. v. w. übermäßige Schwäche.

Hyperästhesie (griech.), "übermäßige Empfindlichkeit", bezieht sich gewöhnlich auf eine gesteigerte Empfindlichkeit des Gefühls, aber auch auf alle andern Sinnesnerven. Sie ist ein Symptom sowohl einfacher Überanstrengung, wie z. B. die H. des Auges gegen Lichtreiz nach langer Arbeit oder Blendung durch allzu helles Licht; oder örtlicher Entzündungen oder Verletzungen, z. B. beim Abschürfen der Oberhaut, wodurch viele Nervenendigungen entblößt werden; oder sie hat ihre Ursache in zentralen Erkrankungen des Gehirns und Rückenmarks, z. B. bei Hysterie, Rückenmarkentzündungen etc.

Hyperbasis (Hyperbaton, griech.), Wortversetzung, syntaktische Figur, wobei ein oder mehrere Wörter aus ihrer gewöhnlichen Reihenfolge treten, um entweder der Rede Rhythmus zu verleihen, oder ein bedeutsames Wort an den Anfang oder das Ende derselben zu stellen (z. B. bei Schiller: Gastfreundlich hätte England sie empfangen?). Der H. untergeordnet sind: die Anastrophe, die Anakoluthie, das Hysteron proteron, die Inversion etc.