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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hypostase; Hypostylon; Hypostylos; Hyposulfite; Hypotenuse; Hypothek

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Hypostase - Hypothek.

lichen Gliedes hat. Die weniger ausgebildeten Grade der H. beeinträchtigen die Geschlechtsfunktionen des Mannes nicht. Die höhern Grade s. unter Hermaphroditismus.

Hypostase (griech.), die Grund- oder Unterlage von etwas, auch s. v. w. Bodensatz; dann Stoff oder Gegenstand (z. B. einer Abhandlung, Rede etc.); endlich s. v. w. Substanz, Wesen oder Erscheinungsform (z. B. die Hypostasen der Dreieinigkeit). In der Mythologie insbesondere nennt man daher H., eine Figur, welche sich von einer andern abgelöst hat (indem irgend eine besondere Eigenschaft oder ein Beiname einer Gottheit von dieser getrennt und zu einer selbständigen Persönlichkeit umgeschaffen ward), sowie den Akt dieser Ablösung selbst. Davon hypostasieren, etwas als gegenständlich existierend denken, zur Substanz machen; hypostatisch, gegenständlich, substantiell, wesentlich.

Hypostylon (griech.), bedeckter Säulengang.

Hypostylos (griech.), im Gegensatz zu Peristylos (s. d.) ein hinten mit einer Vorhalle versehener griechischer Tempel.

Hyposulfite, s. Unterschweflige Säure.

Hypotenuse (griech.), im rechtwinkeligen Dreieck die dem rechten Winkel gegenüberliegende Seite, im Gegensatz zu den beiden andern Seiten, den Katheten (s. d.). Vgl. Pythagoreischer Lehrsatz.

Hypothek (griech., "Unterpfand", in Frankfurt a. M. auch Insatz genannt), eine Form der Verpfändung, bei welcher der Gläubiger nicht sofort, wie beim Faustpfand (s. Pfand), in den Besitz der Pfandsache gesetzt, sondern wobei ihm ein wirksames Pfandrecht durch bloße Bestimmung einer Sache zum Pfand eingeräumt wird. Wie bei jedem Pfandrecht, kann der Gläubiger nötigen Falls zur Realisierung seiner Forderung die Pfandsache zum Verkauf bringen; er mußte sich aber nach römischem Recht bei der H. den Besitz der Sache erst verschaffen durch die hypothekarische Klage (actio hypothecaria). Diese dingliche Klage gibt das römische Recht dem Pfandgläubiger gegen jeden Besitzer der Sache auf Herausgabe derselben. Dieselbe geht nur auf Herausgabe der Pfandsache, um zum Verkauf derselben durch den Richter (distractio pignoris) schreiten zu können, keineswegs aber auf Bezahlung der Hauptschuld; nur wenn sie gegen den Pfandschuldner selbst geht, ist ihre Verbindung mit der Klage auf die Hauptschuld möglich. Dritte Besitzer können der hypothekarischen Klage entgehen, wenn sie die Schuld bezahlen, wogegen sie vom Pfandgläubiger Abtretung seiner Rechte verlangen können (jus offerendi et succedendi). Nach dem römischen Recht können Hypotheken entstehen: entweder durch Bestellung derselben und zwar durch Vertrag (pactum hypothecae), an welches Konventionalpfandrecht sich die testamentarisch begründete H. anschließt, oder durch richterlichen Befehl in der Exekutionsinstanz im Prozeß: Missio in bona, Einweisung des Gläubigers in die Güter des Schuldners, und durch richterliches Urteil (adjudicatio) auf eine Teilungsklage, wenn der Richter den einen Teilhaber zur Leistung an den andern verurteilt und diesem deshalb ein Pfandrecht an der jenem zugewiesenen Sache zuspricht. Dies sind Entstehungsgründe für Pfandrechte überhaupt, also namentlich auch für das Faustpfand. Eigentümlich der H. allein ist die Entstehung unmittelbar durch Gesetz. Dergleichen "gesetzliche, stillschweigende Hypotheken" können entweder an allen Gütern des Schuldners (gesetzliche Generalhypotheken) bestehen, wie z. B. ein solches Recht der Fiskus wegen aller Forderungen, die bevormundeten Personen an den Gütern der Vormünder, die Kinder in gewissen Fällen am Vermögen der Eltern etc., die Ehefrauen an demjenigen ihrer Männer haben; oder sie begreifen nicht alle Güter des Schuldners, sondern nur gewisse Teile derselben (gesetzliche Spezialhypotheken), wie dergleichen dem Verpachter an den von seinem Pachter eingeernteten Früchten, dem Mündel an den mit seinem Geld (gleichviel, wer der Käufer ist) erkauften Sachen etc. zustehen. Bei dieser so verschiedenartigen Entstehungsweise der Hypotheken können leicht an einer und derselben Sache mehrere Hypotheken entstehen. Im allgemeinen soll nun das Rangverhältnis mehrerer Hypotheken an derselben Sache sich nach dem Alter bestimmen, so daß die ältere der jüngern vorgeht; allein dieser Grundsatz leidet durch Privilegien, wonach manche Gläubiger (Fiskus, Ehefrauen etc.) ohne Rücksicht auf das Alter allen andern vorgehen sollen, eine Ausnahme. Diese Umstände: zahlreiche gesetzliche Pfandrechte, Privilegien in Hinsicht auf den Vorrang, ferner und vorzugsweise die Unmöglichkeit oder doch die Schwierigkeit für den Kredit Gewährenden, sich zuverlässig über die Belastung des Vermögens des Kredit Suchenden zu unterrichten, haben frühzeitig das Bestreben nach einer Reform des römischen Hypothekenrechts hervorgerufen.

Im Anschluß an das ältere deutsche Recht forderte man zur Entstehung einer H. an Grundstücken die Eintragung (Ingrossation, Intabulation) derselben in die öffentlichen Grund- und Pfandbücher. Diese Eintragung erfolgt auf Antrag des Verpfänders bei dem kompetenten Gericht. Die Ingrossation an sich gibt aber dem Gläubiger noch keine Sicherheit hinsichtlich gesetzlicher oder privilegierter, ihm vielleicht ganz unbekannter Pfandrechte, durch welche das seinige ganz entwertet werden kann. Zur Abhilfe dieser Übelstände hat die neuere deutsche Gesetzgebung nach dem Vorgang der preußischen (Hypothekenordnung von 1783 und allgemeines Landrecht von 1794) die gesetzlichen und generellen Hypotheken an Grundstücken gänzlich aufgehoben und nach dem Grundsatz der "Publizität und Spezialität" vorgeschrieben, daß Hypotheken nur für bestimmte Summen, nur an bestimmten einzelnen Grundstücken und den diesen gleich geachteten Rechten und lediglich durch den Eintrag in die öffentlichen Bücher (Hypotheken-, Konsens-, Grundbuch, Landtafel) des Richters der verpfändeten Sache entstehen können, daß deren Vorzug lediglich nach dem Alter bestimmt wird, und daß nur von demjenigen oder gegen denjenigen eine H. bestellt werden kann, welcher dem Gericht sich als Eigentümer legitimiert. Durch Vertrag, Testament oder gesetzliche Vorschrift kommt hiernach nicht die H. selbst, sondern nur ein Pfandrechtstitel zur Entstehung, vermöge dessen erst der Eintrag der H. gefordert werden kann. Liegen auch nicht alle Voraussetzungen dazu vor, so kann doch eine vorläufige, bedingte Eintragung, Vormerkung, erfolgen; diese geht zwar erst mit Erledigung des Anstandes in eine endgültige, definitive über, sichert aber dem Gläubiger, für den sie gleichsam die Stelle des Hypothekenbuchs mit Beschlag belegt, den Vorzug vor allen später, wenn auch vor ihrem Übergang in eine definitive, eingetragenen Hypotheken. In ähnlicher Weise kann derjenige, dem ein wenn auch noch zweifelhaftes Widerspruchsrecht gegen eine Verpfändung zusteht, durch Eintrag seines Protestes gegen später eingetragene Hypotheken gesichert werden. Damit genau ermittelt werden kann, für welche Pfandschulden ein Grundstück haftet, dürfen Hypotheken nur auf einzelne Grundstücke und für