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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Innocenz

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Innocenz (Päpste: I. III. und I. IV.).

alsbald mit einem Heer heran und unterwarf sich Capua, Apulien und Kalabrien, während sein Sohn den Papst nebst den Kardinälen gefangen nahm und so I. zwang, den Bann aufzuheben, Roger als König anzuerkennen und ihm und seinen Erben gegen einen jährlichen Tribut Apulien, Capua und Kalabrien zu Lehen zu geben. Eben im Begriff, einen in Rom und Tivoli ausgebrochenen Aufstand zu dämpfen, starb I. 24. Sept. 1143.

3) I. (III.), vorher Lando Sitino genannt und angeblich aus dem Geschlecht der Frangipani stammend, wurde nach erfolgtem Rücktritt Calixtus' (III.) von einer kleinen Partei 1178 als vierter Gegenpapst gegen Alexander III. gewählt, gelangte aber nie zu allgemeiner Anerkennung und wird deshalb in der Reihe der Päpste übergangen. 1180 nahm Alexander III. ihn und seinen Anhang gefangen und verbannte ihn nach Cava.

4) I. III., vorher Lothar, Sohn des Grafen Trasmund aus dem in Segni und Anagni begüterten Haus Conti, geb. 1161 zu Anagni, bildete sich in Rom, Paris und Bologna aus, wurde unter Gregor VIII. Subdiakon, unter Clemens III. 1190 Kardinal und nach dem Tod Cölestins III. 8. Jan. 1198 zum Papst erhoben. Das leitende Prinzip aller Handlungen des reichbegabten Priesterfürsten war fortan die Idee, daß der Papst der Stellvertreter Gottes auf der Erde sei, und daß ihm die unmittelbare Regierung der Welt gebühre; er wollte zwischen Fürsten und Völkern der höchste Schiedsrichter sein. Sein Regierungsantritt fiel in eine Zeit, welche seine großen Entwürfe besonders begünstigte. Zunächst erhielt I. durch den Tod des Kaisers Heinrich VI. Gelegenheit, bei der Verwirrung, welche in Italien eintrat, die von dem Kaiser den Deutschen daselbst verliehenen Lehen diesen zu entreißen. Den kaiserlichen Präfekten vermochte er, ihm den Eid der Treue zu leisten; den kaiserlichen Statthalter in der Romagna, Marcard, vertrieb er und nahm die Mark Ancona, Tuscien, Spoleto selbst in Beschlag. So wurde er Gründer des Kirchenstaats. Zur Verteidigung dieser Erwerbungen gründete er einen Bund der italienischen Städte. Die Zuneigung der Römer wußte I. durch Nachsicht und Freigebigkeit zu gewinnen. Die verwitwete Kaiserin Konstanze, Gemahlin Kaiser Heinrichs VI., mußte, bevor sie für sich und ihren Sohn, den nachherigen Kaiser Friedrich II., die Belehnung mit Neapel erhielt, auf alle der päpstlichen Macht nachteiligen, vom Papst Hadrian IV. 1156 zugestandenen Vorteile verzichten; auch ließ sie sich bewegen, vor ihrem Tode dem Papste die Vormundschaft über ihren Sohn, den eben genannten Friedrich II., zu übertragen. In Deutschland unterstützte I. bei der streitigen Königswahl zwischen Philipp von Schwaben und Otto dem Welfen den letztern; doch knüpfte er später mit dem siegreichen Philipp Verhandlungen an. Nachdem derselbe 1208 ermordet worden war, ließ er Otto, bevor er ihn krönte, erst auf alle von der Kirche beanspruchten Güter Verzicht leisten und die Freiheit der Appellation an den päpstlichen Stuhl und der kirchlichen Wahlen versprechen. Da aber Otto bald von der Leitung durch den Papst sich zu emanzipieren strebte, schleuderte I. den Bannstrahl 1210 gegen ihn und stellte ihm seinen Mündel Friedrich II. als Gegenkönig entgegen. 1212 kam Friedrich nach Deutschland, gewann dort Anhang, verdrängte Otto IV. und wurde 1215 zu Aachen gekrönt. Den französischen König Philipp August, welcher seine Gemahlin Ingeborg, Tochter des Königs Waldemar von Dänemark, verstoßen und Agnes von Meran geheiratet hatte, nötigte er 1201, Ingeborg wieder als seine rechtmäßige Gemahlin anzuerkennen. Auch zwang er Alfons X. von Leon und Galicien, sich 1203 von seiner Nichte wegen zu naher Blutsverwandtschaft zu trennen. Peter von Aragonien ließ sich in Rom von I. 1204 krönen und machte sein Reich dem Papst zinsbar. Auch der Bulgarenfürst Kalojohannes nahm seine Krone aus den Händen des Papstes; der portugiesische König Sancho I. verstand sich zu einem Tribut. Da König Johann von England den vom Papst zum Erzbischof von Canterbury 1207 ernannten Kardinal Stephan Langton nicht anerkannte, so verhängte I. 1208 das Interdikt über England, sprach über Johann selbst 1209 den Bann aus und brachte es dahin, daß jener 1213 sein Land vom Papst zu Lehen nahm sowie einen jährlichen Tribut zu zahlen verhieß. Sogar bis nach Konstantinopel suchte I. seinen Einfluß auszudehnen; er veranlaßte den Kreuzzug 1202-1204, welcher die Gründung des lateinischen Kaisertums zur Folge hatte. Nicht minder als nach außen kräftigte I. das päpstliche Ansehen im Innern der Kirche; er hielt eine strenge Disziplin aufrecht. 1215 wurde die vierte ökumenische Lateransynode zu Rom (das zwölfte in der Reihe der ökumenischen Konzile) abgehalten, auf welcher Gesandte von fast allen christlichen Höfen und Geistliche aus allen christlichen Ländern erschienen. Es wurde hier die Wiedereroberung Palästinas, die Reformation der Kirche und die Vernichtung der Ketzer beschlossen, die Lehre von der Transsubstantiation im Abendmahl und die Ohrenbeichte zu Glaubenssätzen erhoben und überhaupt 70 Kanones über Glaubenssatzungen aufgestellt, die wichtigsten Rechts- und Disziplinarverhältnisse geordnet, die Mönchsorden der Franziskaner und Dominikaner bestätigt. Hierdurch glaubte er die ketzerische Forderung apostolischer Armut seitens der Kirche zu erfüllen. Gegen die Sekten der Waldenser und Albigenser rief er eine grausame Verfolgung hervor, indem er das Kreuz gegen sie predigen ließ und Ketzergerichte einsetzte, aus denen später die Inquisition hervorging. Auf einer Reise begriffen, um zwischen den zwiespältigen Städten Pisa und Genua zu vermitteln, ward I. 16. Juli 1216 vom Tod ereilt. Man schreibt ihm außer andern Kirchengesängen das "Veni Sancte Spiritus" und "Stabat mater" zu. Sein Privatleben war völlig tadellos und rein, sein Geist gewaltig und kühn, sein Auftreten äußerst gewandt und erfolgreich. Seine Werke erschienen zu Köln 1575 und zu Venedig 1578; seine Briefe, 11 Bücher bildend, wurden unter anderm zu Paris 1682 von Baluze veröffentlicht. Vgl. Hurter, Geschichte Papst I.' III. und seiner Zeitgenossen (Hamb. 1841-43, 4 Bde.); Deutsch, I. III. und sein Einfluß auf die Kirche (Bresl. 1876); Schwemer, I. III. und die deutsche Kirche (Straßb. 1882); Brischar, Papst I. III. (Freiburg 1883).

5) I. IV., vorher Sinibald genannt, aus der genuesischen Familie der Fieschi stammend, hatte in Bologna die Rechte studiert, war sodann Kardinal geworden und wurde, während nach dem Tod Cölestins IV. der päpstliche Stuhl 1¾ Jahr lang unbesetzt geblieben war, 24. Juni 1243 zum Papst erwählt. Obschon er bis dahin in freundschaftlichem Verhältnis zu Kaiser Friedrich II. gestanden hatte, so veränderte er doch auf einmal sein Betragen gegen diesen. Vergeblich verhandelte der Kaiser mit dem Papst zu Sutri, um gegen gewichtige Zugeständnisse wieder vom Bann, der ihn seit 1239 belastete, befreit zu werden; plötzlich floh I. 1244 nach Lyon, wo er seinen Regierungssitz aufschlug. Auf einer 1245 da-^[folgende Seite]