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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Jüdische Litteratur

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Jüdische Litteratur (17. und 18. Jahrhundert).

rinnen, Debora Ascarelli und Sara Copia Sullam. Schriftsteller des 17. und 18. Jahrh. sind: Juda Arja Modena (1571-1648, hebräisch-italienisches Lexikon, Mnemotechnik, Schriften gegen Talmud und Kabbala u. a.), Simcha Luzzato ("Discorso circa il stato degli Ebrei"), Joseph Salomo del Medigo aus Kandia (geb. 1591), welcher Mathematik und Kabbala bearbeitete, der Massoret Salomo Norzi ("Minchat Schai"), Immanuel Aboab in Venedig (um 1625; "Nomologia" über die Tradition), Samuel Aboab (1610-94), dessen Sohn Jakob, welcher archäologische und naturwissenschaftliche Studien trieb, der Dichter Moses Chajim Luzzato (gest. 1747 in Palästina), Menachem Asarja di Fano (gest. 1620), Moses Sakut, der Prediger Asarja Figo, Malachi Kohen, Isak Lamperonti, Arzt und Rabbiner in Ferrara (1679-1756), dessen "Pachad Jizchak" ein vortreffliches talmudisches Realwörterbuch ist. - Repräsentanten des in Polen wieder zur Blüte gebrachten Talmudstudiums schätzen wir in Salomo Lurja (Maharschal, gest. 1573), Moses Isserles (Rem), Samuel Edels (Meharscha, gest. 1631), Joel Jafa (Sirks, gest. 1639), David Halevi ("Ture Sahab"), Sabbatai Kohen, in dem aus Polen stammenden Rabbiner zu Frankfurt a. M., Jakob Josua (gest. 1726, "Pne joschia"), Moses Ribkes ("Beerhagola"), Abraham Gumbinner (gest. 1642, "Magen Abraham"), Jechiel Heilprin (gestorben um 1730, "Seder hadorot", eine Art Gelehrtenlexikon) und in Elia Wilna (1720-97). In Holland, das seit Ende des 16. Jahrh. den eingewanderten Juden volle Freiheit gewährte, fand die j. L. bald in blühenden Gemeinden, besonders in Amsterdam, wo seit 1618 als Oberrabbiner der Prediger Saul Levi Morteira wirkte, emsige Pflege und Förderung durch ausgezeichnete Druckereien. Ärzte, Dichter, Prediger, Philosophen, Grammatiker, Mathematiker wetteifern miteinander. Aus ihrer Mitte ragt der für Glauben und Glaubensgenossen überaus thätige Menasse ben Israel (s. d.) hervor. Spinozas und Uriel Acostas Verdienste würdigt die Geschichte der Philosophie, die der jüdischen Litteratur aber muß verzeichnen: Benjamin Mussafja (gest. 1675), Jakob Juda Leon Templo, den Lexikographen David Cohen de Lara, den Bibelerklärer und Übersetzer Jakob Abendana (1679-95), den Hebraisten Isak Abendana, die Dichter David Abenatar Melo, Isak Usiel, Jona Abravanel, Emanuel Gomez, Enrique Enriquez, Daniel Juda und dessen Frau, die Dichterin Isabella Covrea, Thomas de Pinedo, den Reisenden Pedro Teixeira, Jakob Sasportas, Zebi Aschkenasi (gest. 1718 in Polen). Die Talmudautoritäten Isak Abendana di Brilo und David Israel Athias (Mitte des 18. Jahrh.) sind die letzten Vertreter dieses Zeitraums.

In Böhmen und zwar in Prag wirkten die Talmudisten Jakob Pollack (gest. 1530), Mordechai Jafe (gest. 1612), Löwe ben Bezalel, der hohe Rabbi Löb genannt (gest. 1609), und vorzüglich der Verfasser einer Chronik: "Zemach David", und eines geographisch-astronomischen Werkes, David Gans (geb. 1541 zu Lippstadt, gest. 1613 in Prag), ferner als Prager Rabbiner der bereits erwähnte Jesaias Hurwitz, Salomo Ephraim Lentschütz (um 1620), Lipman Heller (1627-30), Abraham Broda, David Oppenheimer aus Worms (gest. 1736), Ezechiel Landau (1713-1793). Das Rabbinat leiteten in Wien Jomtob Lipman Heller (1579-1654), Verfasser eines vorzüglichen Kommentars zur Mischna: "Tosfot Jomtob", Gerson Aschkenasi Ulif (gest. 1694 in Metz).

Aus Deutschland sind noch merkenswert: Jair Chajim Bacharach (von 1628 bis 1701) in Worms, Raphael Levi in Hannover, der Grammatiker Salomo Hanau (gest. 1776) in Hannover, die Rabbiner der Drei-Gemeinden Altona-Wandsbeck-Hamburg, Ezechiel Katzenellenbogen (1710-48), Jonathan Eybeschütz, den Jakob Emden in Altona, einst Rabbiner in Emden, des Sabbataismus (s. Sabbatai Z'wi) beschuldigte und ihn zu jahrelangem litterarischen Streit zwang, Raphael Kohen (gest. 1803), Großvater Gabriel Riessers, u. a.; die Rabbiner zu Frankfurt a. M.: Jesaia (s. oben), Sabbatai, Jesaia II. Hurwitz, Samuel Chajim Jesaia, Naftali Kohen (s. oben), Abraham Broda, Jakob Kohen, Jakob Berlin, Rabbiner in Fürth, Joseph Steinhardt, Rabbiner in Fürth, David Fränkel, Rabbiner in Dessau und Berlin (1708-62), der Lehrer M. Mendelssohns und Erklärer des jerusalemischen Talmuds ("Korban eda"). Hebräische Druckereien bestanden in Frankfurt a. M., Hanau, Offenbach, Rödelheim, Homburg v. d. H., Wilmersdorf, Sulzbach, Dessau, Jeßnitz, später in Berlin, in Dyhernfurt u. a. O. - Im Dienste der hebräischen Sprachwissenschaft wie der Polemik fand vom 16. bis Mitte des 18. Jahrh. die j. L. an christlichen Gelehrten eifrige Forscher, wie schon früher einzelne Christen das Schrifttum der Juden mit Vorliebe gepflegt hatten, z. B. Reuchlin (1455-1522), so an Sebastian Münster (1489-1522), Mercier in Paris (gest. 1570), Drusius in Cambridge (gest. 1616), an dem Spanier Montanus (gest. 1589), dem Übersetzer der Reisen Benjamins de Tudela, an dem Erzbischof Genebrard (gest. 1597), an Prof. Christmann (gest. 1613), vor allen aber an den beiden Buxtorf (s. d.), an Pococke (1604-91), Surenhusius (gest. 1698), dem Übersetzer der Mischna, Trigland (gest. 1705), der sich vorwiegend karäischen Studien widmete, Schudt (gest. 1722), Verfasser der "Jüdischen Merkwürdigkeiten", an Wagenseil (1633-1708), Selden, an dem talentvollen Bibliographen Joh. Christ. Wolf (1683-1739), Verfasser der "Bibliotheca hebraea" (1715-33, 4 Bde.), Jo. B. de Rossi in Parma, dem wir bedeutende Arbeiten verdanken, Vitringa (gest. 1739), Carpzov (gest. 1767) u. a.

Sechster Abschnitt (bis zur Gegenwart).

Mit dem sich allmählich vollziehenden Eintritt der Juden in das politische und geistige Leben der europäischen Völker beginnt der sechste Zeitraum der jüdischen Litteratur, der bis zur Gegenwart reicht. Die geistige Bewegung ging von Deutschland aus und fand hier ihre Hauptvertreter. Moses Mendelssohn (s. d.) hat durch seine Übersetzung biblischer Schriften, vor allem durch seine klassische Übertragung der fünf Bücher Mosis, den Juden die Kenntnis der deutschen Sprache, deutsche Bildung und Litteratur vermittelt und zum Anbau und zur Pflege der Poesie, der Sprachen und der Sprachkunde, Kritik, Pädagogik, jüdischen Geschichte und Litteratur, zur Übersetzung der hebräischen Schriften in die modernen Sprachen den ersten Anstoß gegeben. Was aber Juden, die seit jener Zeit am öffentlichen Leben wie an der geistigen Bewegung der Menschheit teilgenommen haben, in der Philosophie, in der Naturwissenschaft, besonders in der Medizin und Mathematik, in der schönen Litteratur, in der Tonkunst geleistet haben und noch leisten, gehört nicht mehr der jüdischen, sondern der allgemeinen Litteratur an. In der jüdischen Litteratur aber waren Werke aus allen Gebieten des Wissens und eine anhaltende Polemik, meist in hebräischer, deutscher und französischer Sprache, die Resultate der bürgerlichen und geistigen Fortschritte der europäischen Ju-^[folgende Seite]