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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Jülich; Julien

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Jülich (Stadt) - Julien.

ren Anna, mit dem Pfalzgrafen Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, und Magdalena, mit dem Herzog Johann I. von Pfalz-Zweibrücken vermählt. Diese Erben standen einmütig wider Sachsen, machten sich aber die Erbschaft untereinander selbst wieder streitig. Sofort nach dem Tod Johann Wilhelms hatten sich Brandenburg und Pfalz-Neuburg in Besitz der Erbschaft gesetzt. Im Einverständnis mit Sachsen verlangte aber der Kaiser zunächst, bis nach erfolgter Ausgleichung der Sache, J., Kleve und Berg zu sequestrieren, und ließ sogleich den Erzherzog Leopold mit kaiserlichen, den Erzherzog Albrecht mit spanischen Truppen aus den Niederlanden in die Herzogtümer einrücken. Ersterer überrumpelte und besetzte im Mai 1609 J. Dies veranlaßte Brandenburg und Pfalz-Neuburg, sich 10. Juni 1609 durch den Rezeß von Dortmund zu gemeinschaftlicher Verteidigung ihres Rechts zu verbinden. Die protestantische Union und Heinrich IV. von Frankreich sicherten, um eine Festsetzung des Hauses Habsburg am Niederrhein zu verhindern, ihre Hilfe zu, und schon rückten 1610 französische und unierte Truppen in das Jülichsche ein, als der plötzliche Tod Heinrichs IV. (14. Mai) und des Hauptes der Union, des Kurfürsten Friedrich IV. (9. Sept.), den Ausbruch eines großen Kriegs verhinderte. Bloß J. wurde den Kaiserlichen wieder entrissen. Der Kaiser erteilte allerdings Sachsen die Belehnung, doch blieben Brandenburg und Neuburg im faktischen Besitz der Lande. Um nun dem Erbstreit zwischen diesen ein Ende zu machen, wünschte Philipp Ludwigs Sohn Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg durch eine Vermählung mit Johann Siegmunds Tochter die brandenburgischen Ansprüche mit den pfälzischen zu vereinigen. Aber der Kurfürst wollte dies nicht zugestehen, und es kam bei einer persönlichen Begegnung in Düsseldorf zu heftigen Auseinandersetzungen. Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm brach nun alle Verhandlungen ab, begab sich nach Bayern, vermählte sich mit einer Tochter des Hauptes der Liga, des Herzogs Maximilian, und wurde 1613 katholisch, während Johann Siegmund zur reformierten Kirche übertrat. Spanische und holländische Truppen rückten nun gleichzeitig ins Land, jene für Pfalz, diese für Brandenburg. Indes die Furcht vor einem allgemeinen Krieg überwog, und so wurde 12. Nov. 1614 ein Vertrag zu Xanten über eine geteilte Verwaltung mit Vorbehalt des Kondominats vermittelt. Der Pfalzgraf erhielt J. und Berg, der Kurfürst von Brandenburg Kleve, Mark, Ravensberg und Ravenstein. Doch blieben die fremden Truppen im Lande; die Holländer hielten die klevischen Festungen bis 1672 besetzt. Erst 9. Sept. 1666 schloß der Große Kurfüst ^[richtig: Kurfürst] Friedrich Wilhelm von Brandenburg mit dem Pfalzgrafen Philipp Wilhelm einen Erbvergleich auf Grund des Status quo, nach welchem ersterer Kleve und die Grafschaften Mark und Ravensberg, der Pfalzgraf J. und Berg behalten und nach dem Aussterben des Mannesstamms der einen Linie die andre erben sollte.

Dieser letztern Bestimmung wegen spielte die jülichsche Erbfolgefrage noch einmal im 18. Jahrh. in den europäischen Verträgen eine Rolle, als die Linie Pfalz-Neuburg dem Aussterben nahe war und Preußen sich wenigstens die Nachfolge in Berg durch die Verträge Friedrich Wilhelms I. mit Karl VI. zu Wusterhausen (1726) und Berlin (1728) sichern wollte. Österreich erkannte dieses gegen die Garantie der Pragmatischen Sanktion an, versprach aber gleichwohl in einem geheimen Vertrag 1738 der Linie Pfalz-Sulzbach die Succession in beiden Herzogtümern. Als Friedrich II. Schlesien gewann, verzichtete er auf seine Ansprüche, und J. fiel daher 1742 an die pfalz-sulzbachische Linie, die später zu der Kurpfalz auch die bayrischen Lande erhielt. So blieb das Herzogtum J. im Besitz der Kurfürsten von Pfalz-Bayern, bis der Lüneviller Friede 1801 es an Frankreich gab, welches schon seit 1794 dasselbe besetzt hatte. Durch den Wiener Kongreß erhielt Preußen 1814 das Herzogtum, mit Ausnahme einiger Parzellen, welche zu der niederländischen Provinz Limburg kamen. Es bildete mit den andern nördlichen Teilen der preußischen Besitzungen auf dem linken und rechten Rheinufer die Provinz J.-Kleve-Berg, die später zur preußischen Rheinprovinz geschlagen wurde. Jetzt bildet der Hauptkern des alten Herzogtums, 318 qkm (5 4/5 QM.) mit (1885) 41,802 Einw., einen Kreis des preußischen Regierungsbezirks Aachen. Vgl. Ritter, Sachsen und der Jülicher Erbfolgestreit (Münch. 1874); Derselbe, Der Jülicher Erbfolgekrieg 1610 und 1611 (das. 1878).

Jülich, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Aachen, Knotenpunkt der Linien München-Gladbach-Stolberg und J.-Düren der Preußischen Staatsbahn sowie der Aachen-Jülicher Eisenbahn, hat eine evangelische und 2 kath. Kirchen, ein Amtsgericht, ein Progymnasium, eine Unteroffizierschule, eine Zuckerfabrik, Papierstoff-, Pappen- und Lederfabrikation und (1885) mit Garnison (1 Bat. Infanterie Nr. 53 und 1 Abteil. Feldartillerie Nr. 23) 5234 meist kath. Einwohner. Die früher hier bestehenden bedeutenden Festungswerke wurden 1860 geschleift. - J., das Juliacum der Alten, wurde 1277 vom Erzbischof Siegfried von Köln, 1609 vom Erzherzog Leopold, 1610 von den Holländern unter Moritz von Oranien, 1622 von den Spaniern erobert. 1794 nahmen es die Franzosen; 1814 ward es blockiert, aber bis zum Pariser Frieden von den Franzosen behauptet.

Julien (spr. schüliäng), Stanislas Aignan, berühmter franz. Sinolog, geb. 19. Sept. 1799 zu Orléans, widmete sich zuerst dem Griechischen und wurde 1821 Hilfsprofessor am Collège de France. Später wandte er sich dem Studium des Chinesischen zu und zwar mit solchem Erfolg, daß er bereits nach zwölf Monaten eine musterhafte lateinische Übersetzung des Philosophen Mengtse ("Meng-tseu", 1824-26, 2 Bde.) veröffentlichen konnte. 1832 erhielt er den Lehrstuhl Abel Rémusats am Collège de France, 1833 erfolgte seine Aufnahme in die Akademie der Inschriften. 1839 zum Konservator der königlichen Bibliothek ernannt, übernahm er die Aufsicht über deren ostasiatische Bücherschätze; seit Oktober 1854 stand er an der Spitze des Collège Impérial de France. Er starb 14. Febr. 1873 in Paris. Unter seinen Übersetzungen aus dem Chinesischen sind hervorzuheben: die Dramen: "Tschao-chi-kou-elu" ("Die chinesische Waise", 1834) und "Hoei-lan-ki" ("Der Kreidekreis", 1832); mehrere Romane, wie: "Blanche et bleu" (1834), "Deux jeunes filles lettrées" (1860, 2 Bde.), "Les deux cousines" (1863, 2 Bde.) etc.; "Avadânas", eine Sammlung chinesischer Novellen (1859, 3 Bde.); ferner von Werken ernsten Inhalts die "Kang-ing-Pien" des Taotse ("Livre des récompenses et des peines", chines. u. franz., 1841), das "Livre de la voie et de la vertu" (1841), eins der ältesten Denkmäler chinesischer Philosophie, und die für die Geschichte und Geographie Indiens sowie für die Kenntnis des Buddhismus wichtigen Reisebeschreibungen des buddhistischen Pilgrims Hiuen-Tsang ("Histoire de la vie d'Hiouen-Tsang et de ses voyages", 1851, und "Mémoires sur les