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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Jungbunzlau; Jung-England; Junge Pfalz; Jünger; Jungermannia; Junges Deutschland

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Jungbunzlau - Junges Deutschland.

gendlichen Körper zu verleihen; ist ursprünglich der See oder Brunnen (Wolkenbrunnen) der Göttin Holda, in welchem sie die Seelen der Verstorbenen in Empfang nimmt, um sie wiedergeboren als Kinderseelen auf die Erde zurückzusenden.

Jungbunzlau, Stadt, s. Bunzlau 2).

Jung-England, eine aristokratische Fraktion im britischen Parlament, deren Führer Benjamin Disraeli (s. d.) und Lord George Bentinck (s. d.) waren, und die 1841-46 eine bedeutende Rolle spielte. Charakterisiert ist die neue Form des Toryismus in Disraelis Roman "Coningsby".

Junge Pfalz (Pfalz-Neuburg), s. Neuburg.

Jünger, s. Meister.

Jünger, Johann Friedrich, Lustspieldichter, geb. 15. Febr. 1759 zu Leipzig, widmete sich kurze Zeit dem Kaufmannsstand, sodann dem Studium der Rechte und der schönen Litteratur. Hierauf mit der Erziehung zweier Prinzen betraut, blieb er in regem Verkehr mit dem Buchhändler Göschen, durch den er 1785 auch Schiller kennen lernte, noch einige Jahre in Leipzig, privatisierte sodann in Weimar und ging 1787 nach Wien, wo er 1789 zum Hoftheaterdichter ernannt, aber 1794 bei der Umgestaltung des Wiener Theaters entlassen wurde; starb 25. Febr. 1797. Obschon J. keine große Erfindungsgabe besaß und namentlich Destouches, Molière und Marivaux in seinen Lustspielen nachahmte, so muß doch die Gewandtheit der Darstellung und die Natürlichkeit seines Dialogs anerkannt werden. Seine Lustspiele erschienen in drei Sammlungen: "Lustspiele" (Leipz. 1785-90, 5 Bde.), "Komisches Theater" (das. 1792-94, 3 Bde.) und "Theatralischer Nachlaß" (Regensb. 1803-1804, 2 Bde.). Von geringerm Wert sind seine Romane und "Gedichte" (Leipz. 1821).

Jungermannia L., Lebermoosgattung aus der Ordnung der Jungermanniaceen, meist kleine, auf der Erde oder an Baumstämmen wachsende Moose mit kriechendem Stämmchen, das zwei oder drei Reihen ungeteilter oder gelappter Oberblätter und eine Reihe kleinerer, anders gestalteter Unterblätter (Amphigastrien) trägt. Letztere fehlen einzelnen Arten ganz. Die Antheridien stehen in den Achseln von Hüllblättern (Perichätien), die häufig von den Stengelblättern nicht verschieden sind, während die Hüllblätter der Archegonien abweichend gestaltet sind. Die Archegonien werden von einer ei- oder birnförmigen Hülle, dem Perianthium, umgeben, das an der Mündung gezahnt ist und später in 3-6 Lappen zerreißt. Aus der befruchteten Eizelle entwickelt sich die gestielte Sporenkapsel oder das Sporogonium, das außer den Sporen Zellen mit schraubiger Wandverdickung (Elateren) enthält und bei der Reife mit vier Klappen aufspringt. Die Gattung umfaßt ca. 200 über die ganze Erde verbreitete Arten (s. Moose). Jungermanniaceen, Ordnung der Lebermoose (s. Moose).

Junges Deutschland, Name einer Schriftstellergruppe, welche nach 1830 die Führung der deutschen Litteratur zu übernehmen und die weitere Entwickelung dieser Litteratur zu bestimmen beanspruchte. Im engsten Zusammenhang standen die "jungdeutsche" Auffassung von den künftigen Aufgaben der Litteratur und der Glaube an eine neue Periode eigentümlichen Geisteslebens einerseits mit der allmählich eingetretenen Entartung der Romantik und anderseits mit dem politischen Drang und Bedürfnis der Zeit. Die Erregung, welche durch die französische Julirevolution von 1830 in ganz Europa erweckt war, der Aufschwung, den der Liberalismus überall nahm, begünstigten eine litterarische Richtung, welche danach strebte, die seither geltenden (teils um der Gewöhnung des Publikums, teils um der Zensur willen beizubehaltenden) Formen der Belletristik mit einem wesentlich politischen Inhalt zu erfüllen. In der Annahme, daß der gesamte Lebensgehalt der seitherigen deutschen Dichtung überlebt und wirkungslos geworden sei, wollte das junge Deutschland durchaus neue Gefühle, neue Gesinnungen und Überzeugungen, neue gesellschaftliche Zustände und neue Menschen darstellen und verzweifelte nicht daran, auf seinem Weg auch seither unerhörte Wirkungen zu gewinnen. Die Ideen des politischen und religiösen Liberalismus und der Kampf mit den diesen Zielen im Weg stehenden Mächten galten den Vertretern der neuen Anschauung als sichere Bürgschaften einer litterarischen Glanzperiode, welche jene des 18. Jahrh. weit hinter sich lassen würde. Obschon zu den Vorkämpfern des jungen Deutschland ein großer lyrischer Dichter wie Heinrich Heine gehörte, so legte man doch das Hauptgewicht auf die Pflege der Prosa, in welcher allein der moderne Stil zu seinem Recht gelangen könne. Ein förmlicher Kultus des ziemlich undefinierbaren Begriffs der "Modernität", eine tiefe Feindseligkeit gegen eine Entwickelung der deutschen Poesie, welche ebendiese Poesie auf die Höhe der Kunstvollendung geführt hatte, waren gemeinsame Kennzeichen der sonst vielfach auseinander gehenden, ja persönlich verfeindeten jungdeutschen Schriftsteller. Über Wert und Wesen der gegenwärtigen Erscheinungen, über die Berechtigung der einzelnen modernen Bestrebungen befand sich die kleine Zahl der Hauptwortführer von vornherein in einem Zwiespalt, der sich in dem persönlichen Zerwürfnis Ludwig Börnes und Heinrich Heines charakteristisch kundgab. An Börne schloß sich Karl Gutzkow, während Heinrich Laube den Pfaden Heines folgte, Wienbarg, Th. Mundt, Gust. Kühne u. a. sich zwischen diesen Gegensätzen zu behaupten suchten. "Herrschend blieb bei alledem die Vorstellung, daß die deutsche Litteratur in eine Epoche des Geistes eingetreten sei, unter welchem Geist namentlich ein flüssiges, flüchtiges Element geistreicher Einfälle und Wortwendungen, die rasche Befreundung mit jeder Art des Zweifels, der Anschluß an die kecksten sittlichen und gesellschaftlichen Neuerungen, die Hingabe an auffallende, wunderbare, launen- und krankhafte Erscheinungen verstanden wurde. Außer Zweifel stand es ferner für die Vertreter der Richtung, daß die neufranzösische Litteratur die Rolle einer Vorkämpferin für die übrigen europäischen Litteraturen übernommen habe. Zu den Einwirkungen der französischen, mehr oder minder von den politischen und sozialen Gärungen und gewaltsamen Kämpfen ihres Landes bewegten Schriftsteller gesellten sich die litterarischen Resultate gewaltiger und tiesreichender Bewegungen in der deutschen Philosophie und Theologie." (Stern.) Es genügt, bezüglich der letztern Seite des jungen Deutschland an Hegel, seine Schule, an D. Fr. Strauß zu erinnern. Der Grundirrtum des jungen Deutschland lag in der Annahme, daß die Totalität des Lebens innerhalb der Poesie jemals durch eine gerade vorwaltende Strömung des Lebens ersetzt werden könne, daß die zeitgemäße Gesinnung und die geistige Beweglichkeit jemals die Gestaltungskraft und die Tiefe der Natur zu vertreten vermöge, daß der politische Instinkt für die Neigungen des Tags mit dem poetischen Gefühl für das Bleibende in den menschlichen Dingen gleichwertig sei. Von dem Augenblick an, wo die Jungdeutschen selbst erkannten, daß