Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kairos; Kairuan; Kaisarieh; Kaiser

366

Kairos - Kaiser (Titel).

Nachfolger ließen sich die weitere Verschönerung angelegen sein, wovon die Moscheen noch Zeugnis ablegen. Der Verfall beginnt mit der Eroberung durch die Türken 1518; er war am größten unter den Mamelucken Ende des 18. Jahrh. Nachdem K. 1798-1801 unter französischer, dann unter englischer Botmäßigkeit gestanden, flößte ihm der Schöpfer des heutigen Ägypten, Mehemed Ali, neues Leben ein und legte den Keim zu seiner heutigen Größe. K. offenbart sich durch sein reges Treiben als eine Weltstadt; sie ist durch ihre Lage, als Schlüssel der Nilländer, einer der begünstigtsten Plätze des ganzen Orients. Jene Blüte, welche sie unter den Kalifen als zweite Hauptstadt der mohammedanischen Welt berühmt machte, ist zwar längst verwelkt, sie ist auch nicht mehr Stapelplatz des indoeuropäischen Verkehrs; dafür ist sie aber der große Markt der aufgeschlossenen Nilländer, der politische und zivilisatorische Brennpunkt von ganz Nordostafrika, der Berührungs- und Austauschpunkt für dieses und Europa geworden. Vgl. Ebeling, Bilder aus K. (Stuttg. 1878, 2 Bde.).

Kairos, in der griech. Mythologie der Gott der günstigen Gelegenheit oder des rechten Augenblicks, scheint besonders in den Ringschulen verehrt worden zu sein. Eine berühmte Erzstatue von Lysippos zu Sikyon (später in Konstantinopel) stellt ihn dar als flüchtig dahineilenden Jüngling, mit den Flügeln des Hermes an den Füßen, das lange Haupthaar nach vorn fallend, hinten kurz geschoren, in den Händen Wage und Schermesser haltend. Vgl. Curtius in der "Archäologischen Zeitung" 1875, S. 1-8.

Kairuan (Keruan, Kirwan), Stadt in Tunis, 38 km westlich von Susa, mit dem es durch eine Pferdeeisenbahn verbunden ist, inmitten einer großen, zum Teil von Salzsümpfen (dem alten Lacus Tritonis) bedeckten Ebene, besteht aus der eigentlichen Stadt, welche von einer 10 m hohen, aus Ziegeln erbauten und in Abständen von 20 m durch Rundtürme gekrönten Mauer umgeben wird, durch die fünf Thore führen, und sieben Vorstädten und hat ca. 20,000 Einw., welche Teppiche, Sattlerwaren, gelbe Lederpantoffeln und kupferne Geräte anfertigen. K., das 670 von Okba ben Nafi gegründet wurde, steht in der ganzen mosleminischen Welt im Ruf der Heiligkeit; die Stadt zu betreten, war Europäern bis 1881 nicht gestattet. Unter den 20 Moscheen ist die große, schon bei der Gründung der Stadt errichtete, in ihrer jetzigen Form 827 hergestellte Moschee hochberühmt. Aus den Bruchstücken zerstörter römischer Bauten errichtet, bedeckt das große Gebäude mit seinen Außenmauern und Höfen einen weiten Raum; die Wölbungen ruhen auf 420 prachtvollen römischen Säulen.

Kaisarieh, Stadt im türk. Wilajet Angora in Kleinasien, südlich vom Kisil Irmak, am Nordfuß des 3860 m hohen Erdschias Dagh (Argäos), früher der bedeutendste, handel- und industriereichste Ort des kleinasiatischen Binnenlandes, jetzt verfallen und sehr schmutzig. Die Zahl der Einwohner beträgt etwa 40,000 (zur Hälfte Türken, ein Viertel Armenier). - K. hieß im Altertum Mazaka, später Eusebeia und war Hauptstadt Kappadokiens. Seit Tiberius hieß es Cäsarea, dessen Ruinen südlich von K. liegen. Die von Justinian erbaute Burg war später Residenz der Seldschukkensultane.

Kaiser (lat. Caesar), seit C. Julius Cäsar Octavianus Titel des Beherrschers des römischen Reichs, entstanden aus dem römischen Familiennamen "Cäsar", welcher zu einer Bezeichnung der höchsten Würde des Inhabers der Staatsgewalt wurde. Daneben waren die Titel Augustus und Imperator gebräuchlich. Seit Hadrian führte auch der Thronfolger den Titel Cäsar; auch kam es vor, daß dem eigentlichen Imperator Cäsaren als Mitregenten zur Seite traten. Die römische Kaisergewalt war eine unumschränkte Herrschergewalt, ohne an und für sich erblich zu sein; vielmehr wurde sie formell durch einen Senatsbeschluß (Lex regia) dem jeweiligen K. übertragen. Seit der Teilung des Reichs durch Theodosius d. Gr. (395 n. Chr.) wurde zwischen ost- und weströmischem Reich unterschieden, indem von dessen beiden Söhnen Arcadius K. des Ostens und Honorius K. des Westens wurde. Nach dem Sturz des weströmischen Reichs durch germanische Völkerschaften unter Odoaker (476) betrachteten sich die oströmischen K. als die alleinigen Träger der römischen Weltmonarchie, deren Gedanke unter dem K. Justinian (527-565) noch einmal der Verwirklichung nahegeführt ward. In der Folgezeit wurde die weströmische Kaiserwürde auf die fränkischen Könige übertragen, indem die römischen Bischöfe, welche bei den oströmischen Kaisern den nötigen Schutz nicht mehr zu finden hofften, den Frankenkönigen die Schutzherrschaft (Patriziat) über Rom und über die römische Kirche übertrugen. Papst Leo III. krönte schließlich 25. Dez. 800 Karl d. Gr. in aller Form zum römischen K. Gleichwohl war dies Kaisertum von durchaus germanischem Charakter. Das "heilige römische Reich deutscher Nation" nahm die Idee der römischen Universalmonarchie in dem Sinn wieder auf, daß der K. das weltliche Oberhaupt der gesamten Christenheit sein und als solches die höchste Schutzgewalt über die römische Kirche ausüben sollte. Unter K. Otto I. aus dem sächsischen Haus wurde die Kaiserwürde dauernd mit derjenigen des deutschen Königs verbunden (962). Dies abendländische Kaisertum stand unter K. Heinrich III. aus dem salischen (fränkischen) Haus auf dem Höhepunkt der Macht, als mit Deutschland die Königreiche Burgund und Italien vereinigt waren und der römische Papst sich der kaiserlichen Macht unterzuordnen hatte. Aber schon unter dem Nachfolger jenes Kaisers, welcher im Papst Gregor VII. den gefährlichsten Gegner und den gewaltigsten Vorkämpfer der päpstlichen Prärogative fand, trat der Umschwung zum Nachteil der K. ein. Anstatt den Schwer- und Stützpunkt ihrer Machtfülle in Deutschland zu suchen, opferten sie auf ihren Römerzügen und in den Kämpfen mit dem Papsttum ihre besten Kräfte, während daheim Macht und Ansehen derselben mehr und mehr sanken. Um so mehr erstarkte die Macht der deutschen Fürsten und Territorialherren, welche sich schließlich zu einer wirklichen Landeshoheit umgestaltete. Seit Maximilian I. (1508) führten die deutschen Könige den Kaisertitel auch ohne Krönung durch den Papst. Karl V. war der letzte K., welcher (1530) vom Papst, aber nicht in Rom, sondern in Bologna, gekrönt worden ist. Seitdem das Kaisertum unter den Hohenstaufen dem Papsttum unterlegen, war das entscheidende Moment für das Ansehen der K. lediglich ihre Hausmacht. Daß das Reich ein Wahlreich sei, war in der Goldenen Bulle Karls IV. (1356) ausdrücklich anerkannt, wenn auch thatsächlich in den letzten Jahrhunderten des Reichs die Kaiserkrone mit der österreichischen Monarchie verbunden blieb. Die Wahl erfolgte durch die Kurfürsten, und zwar sollte der Kurfürst und Erzbischof von Mainz innerhalb eines Monats nach dem Ableben des bisherigen Kaisers die Wahl nach Frankfurt a. M. ausschreiben. Noch vor der Krönung hatte der K. die Wahlkapitulation zu beschwören, d. h. ein Staatsgrundgesetz, welches die Bedingungen der Wahl und