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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kälberfang - Kalckreuth.

des Rückenmarks und der Ganglien der Bauchorgane sowie durch Bewußtlosigkeit charakterisiert. Bei hochgradiger Ausbildung des Kalbefiebers zeigen die Kühe ein tobsüchtiges Benehmen. Von dem K. werden fast nur Kühe befallen, welche in den letzten Wochen der Trächtigkeit proteinreiche Nahrung, besonders Mehltränke, erhalten haben. Mit dem Eintritt der Krankheit sinkt die Bluttemperatur um 1-2°, erst später tritt Erhöhung der Eigenwärme ein; die Milch versiegt, die Futteraufnahme ist verringert und 1-2 Stunden später ganz aufgehoben; Einknicken der Hinterfessel und demnächst Unvermögen zu stehen. Der Kopf wird entweder auf dem Boden lang ausgestreckt, oder auf eine Seite gelegt. Die Dauer des Kalbefiebers erstreckt sich auf 2-5 Tage. Im allgemeinen verläuft das Übel bei 60 Proz. der erkrankten Kühe tödlich. Das Wesen des Kalbefiebers ist bis jetzt nicht genau bekannt. Einige halten dasselbe für identisch mit der Eklampsie der Frauen; andre denken sich die Aufsaugung von atmosphärischer Luft in der Gebärmutter als Grundlage des Leidens. Die Behandlung wird durch Verabreichung drastischer Abführmittel (Aloe mit Glaubersalz, auch Krotonöl) und durch erregende Mittel (Äther, Spiritus, Kampfer, Terpentinöl) bewirkt. Größern Erfolg hat die Prophylaxe, bei welcher den hochtragenden Kühen 2-3 Wochen vor dem Abkalben nur Heu, Stroh und Wurzelfrüchte, aber kein Mehl verabreicht wird. Zweckmäßig ist auch wöchentlich zweimal eine Laxanz aus Glaubersalzlösung. Das Fleisch der am K. erkrankten Kühe ist dem Menschen nicht nachteilig.

Kälberfang, der Stich, welcher von vorn in die Vertiefung der Brust angebracht wird, um ein angeschossenes Stück Hochwild zu töten (abzufangen).

Kälberkropf, s. Chaerophyllum.

Kälberlähme, s. Lähme.

Kälbermagen (Kälberlab), s. Lab.

Kalbfelle kommen getrocknet und gesalzen in den Handel; die meisten K. liefern Rußland, Schweden, Norwegen, Deutschland (besonders Bayern), Dänemark, Holland, Ungarn, während in England und Nordamerika das Kalbfleisch weniger beliebt ist, daher auch K. viel seltener sind. Auch Ostindien und Südamerika liefern K. Sie werden hauptsächlich auf Oberleder verarbeitet.

Kalbsbröschen (Kalbsmilch, Briesle, Brissel, Brösche, Widder, Milchling, Schweser, franz. Ris de veaux), die Thymusdrüse (s. d.) des Kalbes, wird in der Kochkunst vielfach verwendet, teils grilliert (gebacken), sautiert, gebraten, namentlich aber blanchiert als Hauptzusatz zu den verschiedenartigsten Ragouts.

Kalbseuter (franz. Tétine de veau), ein längliches Stück Fett, welches sich beim weiblichen Kalb an der Keule auf der Nuß befindet.

Kalbsnuß (franz. Noix de veau), das untere, mit Fett bewachsene Stück einer Kalbskeule, dient vorzugsweise zum Frikandeau.

Kalceolarien, s. Calceolaria.

Kalchas, in der griech. Mythologie Sohn des Thestor aus Mykene, berühmter Seher und Begleiter der Griechen nach Troja, weissagte schon vor der Abfahrt in Aulis die zehnjährige Dauer des Kriegs. Die ihm gewordene Weissagung eines plötzlichen Todes, wenn er mit einem bessern Seher zusammentreffe, ging durch Mopsos in Erfüllung, dem er im Hain des klarischen Apollon bei Kolophon begegnete. Im Orakelwettkampf besiegt, starb er aus Gram oder durch Selbstmord. Er hatte ein Heiligtum mit Orakel in Daunien (Apulien).

Kalchedon, Stadt, s. Chalcedon.

Kalcination (v. lat. calx, Kalk, "Verkalkung"), ursprünglich das Glühen im offenen Feuer, wobei Metalle Sauerstoff aufnehmen, verkalken. Gegenwärtig versteht man unter K. auch ein Glühen von Substanzen zum Austreiben flüchtiger Stoffe (Wasser, Kohlensäure, Organisches), wobei entweder gleichzeitig eine Oxydation bezweckt wird, also Luft zutreten muß (K. von Eisenvitriol zur Austreibung von Wasser und Oxydation des Eisenoxyduls zu Oxyd, K. der Pottasche zur Entfernung von Wasser und zum Verbrennen organischer Substanzen), oder nicht (K. von Borax zur Entfernung von Wasser, des Galmeis zur Verflüchtigung von Kohlensäure). Zuweilen bezweckt man mit der K. nur eine Oxydation ohne jedwede Verflüchtigung von Stoffen, z. B. Umwandlung von Kupfer in Kupferoxyd behufs der Kupfervitriolbereitung. Zum Kalcinieren benutzt man besondere Kalcinieröfen oder Kalcinierherde, aber auch gewöhnliche Flammöfen.

Kalcit, s. v. w. Kalkspat.

Kalckreuth, 1) Friedrich Adolf, Graf von, preuß. Feldmarschall, geb. 21. Febr. 1737 zu Sotterhausen bei Sangerhausen, trat 1752 in die preußischen Gardes du Korps und wurde 1758 Adjutant des Prinzen Heinrich, der den französisch gebildeten Offizier liebte, ihn aber 1766 wegen des Verdachts engerer Beziehungen zu seiner Gemahlin von sich entfernte. Nach dem Sieg bei Freiberg 29. Okt. 1762, an dem er sich rühmlich beteiligt hatte, von Friedrich II. zum Major ernannt, machte er als Oberst den bayrischen Erbfolgekrieg, als Generalmajor die holländische Expedition mit, ward 1786 in den Grafenstand erhoben und 1787 Generalleutnant. Im Krieg mit Frankreich bewies er in der Champagne 1792 und bei der Belagerung von Mainz 1793 Mut und Geschicklichkeit und zeichnete sich dann 1793 und 1794 bei Kaiserslautern aus. Gegen Ende 1795 ward er Oberbefehlshaber der Truppen in Pommern, 1796 General der Kavallerie und 1806 Gouverneur von Thorn und Danzig. Nach der unglücklichen Schlacht bei Jena und Auerstädt, an der er als Befehlshaber der Reservedivision nicht teilnahm (er ward beschuldigt, aus Eifersucht gegen die andern Generale, die er auch scharf zu kritisieren pflegte, mit Absicht zu spät gekommen zu sein), mit dem Oberkommando der geschlagenen Armee betraut, bewerkstelligte er deren Rückzug. Das seit dem März 1807 von den Franzosen belagerte Danzig, wo er an Mansteins Stelle den Oberbefehl übernahm, konnte er nur bis zum 26. Mai halten; doch verschaffte ihm die bewiesene Tapferkeit die ehrenvollsten Bedingungen. Darauf zum Feldmarschall ernannt, schloß er 25. Juni 1807 zu Tilsit den Waffenstillstand zwischen Preußen und Frankreich mit Berthier ab sowie 12. Juli die höchst ungünstige Konvention über die Ausführung des Friedens. Im Januar 1810 ernannte ihn der König zum Gouverneur von Berlin. Er starb als solcher 10. Juni 1818. Er war begabt und tapfer, aber eitel und in seinem Urteil ungerecht bitter. Die "Dictées du feldmaréchal K." gab sein Sohn Friedrich, Graf v. K. (geb. 15. März 1790), heraus (Par. 1844), der sich auch als Verfasser von "Dramatischen Dichtungen" (Leipz. 1824, 2 Bde.) litterarisch bekannt machte.

2) Stanislaus, Graf von, Maler, geb. 24. Dez. 1821 zu Kozmin in Posen, absolvierte das Gymnasium zu Polnisch-Lissa, trat dann in das 1. Garderegiment, ging aber 1845 zur Kunst über und widmete sich von 1846 bis 1847 der Landschaftsmalerei auf