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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kalisalze

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Kalisalze.

Gesteinen große Schwierigkeiten darbot. Endlich ist noch der natürliche Salpeter als Kaliquelle zu erwähnen. Mit der Entwickelung der Industrie hob sich der Wert der K. sehr schnell, und man bemühte sich, weil sich neue Kaliquellen nicht darboten, zunächst um einen möglichst allgemeinen Ersatz durch Natron- oder Ammoniaksalze. Statt des kohlensauren Kalis benutzte man kohlensaures Natron und statt des Kalialauns Ammoniakalaun. Immer blieben aber die K. für viele Zwecke unentbehrlich, und die Entdeckung des großen Kalilagers bei Staßfurt war daher von höchster Wichtigkeit. Hier entwickelte sich in kurzer Zeit eine mächtige Kaliindustrie, welche von nun an den Kalimarkt der ganzen Welt beherrschte und die Bedeutung der andern Kaliquellen schnell herabdrückte. Auch bei Kalusz in Galizien, bei Maman in Persien und in der Salzkette im Norden des Pandschab wurden K. entdeckt. - Die K. sind farblos, wenn die Säure farblos ist, meist kristallisierbar und in Wasser löslich, bei schwacher Glühhitze nicht flüchtig. Aus Lösungen, welche mindestens 1 Proz. Kali enthalten, scheidet sich auf Zusatz von saurem weinsaurem Natron kristallinisches saures weinsaures Kali ab, ebenso fällt Platinchlorid gelbes Kaliumplatinchlorid, welches beim Glühen Platin und Chlorkalium zurückläßt. Die K. färben die Weingeist- und Lötrohrflamme violett; Natronsalze verdecken diese Färbung, aber man nimmt sie wahr, wenn man die Flamme durch ein mit Kobaltoxydul tiefblau gefärbtes Glas betrachtet. Die K. sind für die Pflanzen unentbehrlich und stehen namentlich zur Stärkebildung in naher Beziehung; man trifft sie in den Pflanzen überall mit den Kohlehydraten vergesellschaftet, und manche Pflanzen, wie Runkelrüben, Kartoffeln, Tabak, bedürfen zu ihrer Entwickelung großer Mengen K. (Kalipflanzen). Auch für die Ausbildung der tierischen Gewebe sind K. unentbehrlich; größere Dosen aber wirken auf den tierischen Organismus sehr energisch: 1-1,5 g, unter die Haut gespritzt, tötet ein Kaninchen, und 0,3 g, einem Hund in die Venen gespritzt, bringt das Herz sehr schnell zum Stillstand unter gleichzeitiger schneller Abnahme des Blutdrucks. Im Magen sind kleinere Dosen von Kalisalzen ganz unschädlich, während größere ebenfalls giftig wirken. In der Technik sind sie unentbehrlich für die Glas- und Seifenfabrikation und für die Darstellung des Schießpulvers, und manche K. finden eine sehr vielseitige Verwendung. Seit der Aufschließung des Staßfurter Lagers ist es auch der Landwirtschaft möglich geworden, K. in größerer Menge als Dünger zu benutzen, und sie hat durch Anwendung derselben in Gemeinschaft mit Phosphorsäure u. Chilisalpeter sehr günstige Resultate erzielt, namentlich auch bei der Moorkultur. Vgl. Märcker, Die K. u. ihre Anwendung in der Landwirtschaft (Berl. 1880); "Vorträge über Kalidüngung etc." (von Märcker, Grahl u. a., das. 1883).

Die bei Staßfurt im Betrieb befindlichen Salzbergwerke liefern sämtlich Carnallit KCl,MgC12+6H2O ^[KCl,MgC1_{2}+6H_{2}O]; Kainit K2SO4,MgSO4,MgC12+6HO2 ^[K_{2}SO_{4},MgSO_{4},MgC1_{2}+6HO_{2}] und Steinsalz werden gegenwärtig nur von der Gewerkschaft Neustaßfurt und den preußischen Bergwerken gefördert. Carnallit und Kainit trennt man in der Grube möglichst von wertlosen Beimengungen (Kieserit MgSO4+H2O, Steinsalz) und fördert sie dann in Wagen von 12-16 Ztr. Inhalt zu Tage. Kainit und Steinsalz werden an den Gruben gemahlen und zwar auf Vormühlen, die nach dem Prinzip der Kaffeemühlen konstruiert sind, dann auf Mühlen mit französischen Mühlsteinen. Die Gesamtförderung betrug 1884: 19,383,920 Ztr., und zwar wurden gewonnen:

Im Jahr Carnallit Kainit Kieserit Boracit

1880 10564239,0 2755915,0 17857,0 2073,0

1881 14894521,5 3106031,0 41638,0 2256,5

1882 21185995,5 2895154,0 93162,0 2513,5

1883 19004064,0 4532005,0 97004,0 4102,5

1884 14799179,6 4060087,0 247777,0 3182,3

Die Verarbeitung beschränkt sich auf Carnallit; Kieserit und Kainit. Zur Verarbeitung des Carnallits auf Chlorkalium wurde die erste Fabrik 1861 von Frank gegründet; gegenwärtig sind 18 Fabriken in Staßfurt, Leopoldshall, Westeregeln, Hecklingen und Schönebeck im Betrieb. Man transportiert das zwischen Steinbrechern oder Mühlen zerkleinerte Salz mittels Elevatoren in hoch stehende Lösekessel von etwa 12 cbm Fassungsraum, welche siedend heiße Salzlösung, vorzugsweise Chlormagnesiumlauge, enthalten, und führt gespannten Wasserdampf ein. Die entstandene heiße Lösung vom spez. Gew. 1,32 wird von ungelöstem Steinsalz, Kieserit und Thonschlamm in Klärgefäße abgelassen und dann behufs Ausscheidung von Chlorkalium und Chlornatrium in eiserne Kristallisiergefäße gebracht. Die von den ausgeschiedenen Salzen getrennte Mutterlauge wird eingedampft, bis beim Abkühlen das Chlorkalium als künstlicher Carnallit auskristallisiert, wobei nur 1 Proz. in Lösung bleibt. Dieser Carnallit wird in heißem Wasser gelöst, die Lösung gibt Kristalle von Chlorkalium, welche zugleich mit dem Salz der ersten Kristallisation mit kaltem Wasser gewaschen werden, um Chlormagnesium und teilweise Chlornatrium zu entfernen. Darauf trocknet man das Salz in Kalcinieröfen oder auf durch Dampf geheizten Darren. Die zweite Mutterlauge dient zum Lösen von Rohsalz. Man gewinnt nach dieser Methode 75-85 Proz. des im Carnallit enthaltenen Chlorkaliums; der Rest befindet sich im Löserückstand, in der Endlauge und im Absatzschlamm, welcher zuweilen, je nach der Qualität des Rohsalzes, so viel Salz enthält, daß er, kalciniert und gemahlen, als Düngesalz mit 18-24 Proz. Chlorkalium in den Handel geht. Aus 6,25 Ztr. 16proz. Rohsalz erhält man bei 20 Proz. Verlust 1 Ztr. 80proz. Chlorkalium. Man benutzt das Chlorkalium zur Darstellung von Kalisalpeter und Pottasche und gebraucht zu letzterer ein reines, möglichst natronfreies Salz, welches erhalten wird, wenn man die heiße Rohlauge mit Wasser verdünnt, wo dann fast reines Chlorkalium auskristallisiert. Auch in der Landwirtschaft wird viel Chlorkalium verbraucht.

Aus dem Lösungsrückstand des Carnallits wird Kieserit gewonnen. Man behandelt den Rückstand mit Wasser, wobei das Kochsalz gelöst wird und der Kieserit zu Schlamm zerfällt. Letztern bringt man in Formen, in denen er nach einigen Stunden unter Aufnahme von Wasser erstarrt. Er bildet dann 25 kg schwere Blöcke und geht in dieser Form in den Handel. Indes wird auch aus gelöstem Kieserit reines Bittersalz (schwefelsaure Magnesia mit 7 Molekülen Kristallwasser) erzeugt. Wird eine aus dem ursprünglichen Löserückstand gewonnene konzentrierte Lösung, welche Chlornatrium und schwefelsaure Magnesia enthält, auf flachen hölzernen Kühlschiffen einer Wintertemperatur unter 0° ausgesetzt, so kristallisiert Glaubersalz (schwefelsaures Natron) aus, und Chlormagnesium bleibt zurück. Der Kainit wird teils in rohem Zustand, in welchem er durchschnittlich 24 Proz. schwefelsaures Kali, 16,5 Proz. schwefelsaure Magnesia, 13 Proz. Chlormagnesium, 31 Proz. Chlornatrium, 1,5 Proz. Gips und Thon und 14 Proz. Wasser enthält, gemahlen und als Düngesalz ver-^[folgende Seite]