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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kapitalverbrechen; Kapitalverschuldung; Kapitalversicherung; Kapitalzins; Kapitän; Kapitation; Kapitel; Kapitol

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Kapitalverbrechen - Kapitol.

Kapitalverbrechen (Capitale crimen), bei den Römern ein Verbrechen, welches die äußerste Minderung der Rechtsfähigkeit (caput) nach sich zog; heutzutage s. v. w. schweres Verbrechen.

Kapitalverschuldung, bei Immobilien die moderne Form der hypothekarischen Verschuldung im Gegensatz zur alten Rentenverschuldung, bei welcher das Kapital nicht gekündigt werden konnte.

Kapitalversicherung, eine Form der Lebensversicherung, bei welcher ein Kapital (im Gegensatz zur Rente) zur Auszahlung kommt.

Kapitalzins, die Summe, welche ein verliehenes Geldkapital abwirft; s. Zins.

Kapitän (franz. Capitaine, ital. Capitano, span. Capitan), Chargenbezeichnung im Landheer, jetzt veraltet, s. v. w. Hauptmann. In Spanien ist Generalkapitän der Titel des Militärgouverneurs einer Provinz. Auch Anführer regelloser und abenteuernder Banden legen sich den Titel K. bei. Der Capitano (s. d.) der Italiener ist sogar Theaterfigur geworden. In der Handelsflotte der Führer eines Schiffs, der "Schiffer". In der Kriegsmarine bezeichnet K. bestimmte Grade der Seeoffiziere, in Deutschland z. B. K. zur See, dem Obersten der Armee entsprechend, ferner Korvettenkapitän (Major), Kapitänleutnant (Hauptmann). Österreich hat Linienschiffs-, Fregatten- und Korvettenkapitäne; England und Nordamerika: Captains u. Commanders; Frankreich: Capitaines de vaisseau und Capitaines de frégate; Italien: Capitani di vascello und Capitani di fregata; Spanien: Capitanes de navio und Capitanes de fregata; Rußland hat Kapitäne erster und zweiter Klasse. In Häfen haben häufig die sogen. Hafenmeister (s. d.) den Titel Hafenkapitän.

Kapitation (lat.), s. Capitatio.

Kapitel (lat. capitulum, Diminutiv von caput, "Kopf"), ein Hauptstück, besonders die Inhaltsverzeichnisse oder Summarien, welche man den einzelnen Abschnitten, in die man Schriften zum Behuf des bequemern Nachschlagens einteilte (gleichsam als die Köpfe derselben), vorzuschreiben pflegte, dann diese Abschnitte oder Abteilungen selbst. Die Einteilung der Bücher in K. ist eine neuere Erfindung. Die Alten kannten nur eine in Bücher (libri), d. h. in verschiedene Rollen. Zuerst ward die Bibel in K. eingeteilt; die jetzige Einteilung wird auf den Kardinal Hugo de St.-Caro im 13. Jahrh. zurückgeführt. Auf die Profanschriftsteller soll diese Einteilungsart Reuchlins Lehrer Johannes de Lapide zu Ende des 15. Jahrh. übertragen haben und zwar zuerst auf Theophrast und Gellius. - In Klöstern heißt K. der Saal, wo den Mönchen früher täglich ein Abschnitt (K.) ihrer Regel vorgelesen, später aber jede wichtigere Klosterangelegenheit, z. B. die Wahl eines Abtes u. dgl., verhandelt ward, daher bei Mönchsorden und geistlichen Ritterorden solche Versammlungen selbst K. (Ordenskapitel) heißen. Es waren entweder Generalkapitel, wobei der ganze Orden durch Deputierte, oder Provinzialkapitel, bei denen die Deputierten der Provinz eines Ordens zur Beratung zusammenkamen, oder endlich Kloster- und Hauskapitel, wozu bloß die Kapitularen oder Konventualen, d. h. die stimmfähigen Mitglieder des Klosters, sich versammelten, um spezielle Angelegenheiten desselben zu erörtern. K. (Domkapitel) heißt das Kollegium der Kanoniker (Kapitularen, Stifts- oder Domherren) an einer bischöflichen oder erzbischöflichen Kirche, welches sich in der Regel aus einem Propst, Dechanten (Dekan), Scholastikus, Kantor, Kustos und noch einer Anzahl Domherren zusammensetzt und, wie ein Presbyterium oder Senat, dem Bischof beratend zur Seite steht, bei Erledigung des bischöflichen Stuhls durch den Tod des Bischofs oder bei sonstiger Sedisvakanz die auf die interimistische Verwaltung der Diözese bezügliche Jurisdiktion ausübt oder durch einen Kapitelsvikar ausüben läßt, den neuen Bischof wählt etc. und das Hoch- oder Domstift (s. Stift) bildet. K. heißen oder hießen ferner die Logen der höhern Grade der Freimaurerei; früher führten auch Versammlungen bei andern Gesellschaften, die eine Zunft ausmachten, z. B. der Tuchscherer etc., diesen Namen.

Kapitol (lat. Capitolium), die Burg des alten Rom und als solche sowie als Stätte des römischen Nationalheiligtums, des gemeinsamen Tempels des Jupiter, der Juno und der Minerva, der religiös-politische Mittelpunkt des römischen Reichs, lag auf dem kapitolinischen Hügel (Mons Capitolinus), der sich aus der an seinem Ostfuß liegenden Niederung des Forums zu 46 m Höhe ü. M. erhebt und durch eine ähnliche Senkung von dem südöstlich liegenden palatinischen Hügel getrennt wird. Dieser kleinste der sieben Hügel Roms (sein Umfang beträgt 1000 m) bildet in seinem Zug von SW. nach NO. drei Abteilungen: den südwestlichen Gipfel mit dem Palast Caffarelli (jetzt deutsche Botschaft), den nordöstlichen höhern mit der Kirche Santa Maria in Araceli und die beide trennende Vertiefung mit den Museen. In dieser Vertiefung (intermontium) hatte Vejovis (der jugendliche Jupiter) zwischen zwei Hainen ein (angeblich von Romulus gegründetes) Heiligtum, das als Zufluchtsstätte für flüchtige Verbrecher galt. Als Sitz der höchsten Staatsgötter erhielt der Berg den Namen Mons Capitolinus oder Hauptberg. Der nur aus der Südostseite nach dem Forum zu durch einen fahrbaren Weg (Clivus Capitolinus) zugängliche, sonst überall steil abfallende Berg wurde der Sage nach bereits durch Servius Tullius mit einem Mauerring umgeben, von dessen Unterbauten an der Nordwestseite noch Überbleibsel gefunden wurden. Aber erst die Tarquinier erhoben den Berg durch den Tempelbau zu seiner staatlichen Bedeutung als idealen Hauptes der Siebenhügelstadt. Unter Tarquinius Priscus begonnen, wurde der Bau nach Vertreibung des Tarquinius Superbus 506 vollendet; die Bauleute waren Etrusker, doch trug der Tempel in mehrfacher Hinsicht ein griechisches Gepräge. Daß derselbe an Stelle des Palastes Caffarelli und nicht, wie vielfach behauptet wurde, an Stelle der Kirche von Araceli gestanden hat, ist durch die 1867, 1875 und 1876 unter Leitung von Jordan und Lanciani angestellten Ausgrabungen endgültig erwiesen worden. Noch ragen die Quadermauern aus Tuff gegen 5 m hoch aus der Tiefe des Felsbodens empor, auch sind sicher dem Tempel angehörige Architekturfragmente aus Marmor gefunden worden. Der Tempel hatte einen Umfang von 250 m (die Langseiten maßen 74, die Schmalseiten 51 m), die Vorhalle hatte dreimal sechs Säulen, welche etruskisch weit (9,2 m von Zentrum zu Zentrum) voneinander abstanden; zu ihr führte eine Freitreppe, vor welcher der Opferaltar stand. Der umgebende Tempelhof (Area Capitolina), in dem sich zahlreiche Heiligtümer (darunter das des Jupiter tonans) und Denkmäler befanden, und in dem auch die jährlichen Feste beim Amtsantritt der Konsuln gefeiert wurden, war mit einer Mauer umgeben. Außerhalb der Mauer an der Südseite des Hügels lag der Tarpejische Fels, von welchem in älterer Zeit die Staatsverbrecher hinabgestürzt wurden, der aber infolge zahlreicher Erdrutsche nicht mehr nachweisbar