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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Karl

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Karl (deutsche Kaiser: K. VII.; Baden, Bayern).

Den Holländern wurde zwar 1731 die Ostindische Handelskompanie geopfert; dem König von Preußen dagegen glaubte man durch Versprechungen genugthun zu können, die sich auf Jülich und Berg bezogen und nicht ernstlich gemeint waren. Auch zogen diese Verhandlungen K. von wichtigen Interessen Österreichs ab und bewirkten, daß er die Wehrkraft desselben verfallen ließ, so daß der 1736 mit Rußland begonnene neue Türkenkrieg unglücklich verlief und Österreich im Frieden von Belgrad (18. Sept. 1739) alle Vorteile des Passarowitzer Friedens wieder verlor. Formell betrachtet, konnte indes das Resultat aller dieser Verhandlungen als ein äußerst günstiges betrachtet werden und K. (20. Okt. 1740) in dem Glauben sterben, daß er seiner ältesten, seit 1736 mit Franz von Lothringen verheirateten Tochter seine Länder in Ruhe und Sicherheit vererbe. Mit ihm erlosch der habsburgische Mannesstamm. K. war nicht ohne Begabung und Bildung, hatte Interesse für Künste und Wissenschaften, aber wenig politische Einsicht und war eigensinnig, ohne energisch und beharrlich zu sein. Vgl. "Leben und Thaten Kaiser Karls VI. von einem deutschen Patrioten" (Frankf. u. Leipz. 1741); Massuet, Histoire de l'empereur Charles VI (Amsterd. 1741, 2 Bde.; deutsch, Regensb. 1742); Schirach, Biographie Kaiser Karls VI. (Halle 1776); Radics, Kaiser K. VI. als Staats- und Volkswirt (Wien 1886); P. A. à la Lande, Histoire de l'empereur Charles VI (Haag 1843). Von besonderm Wert sind: Foscarinis (des venezianischen Gesandten) "Arcane memorie, ossia segreta historia del regno di Carlo VI." (Padua 1750).

8) K. VII. Albrecht, ältester Sohn des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern, geb. 6. Aug. 1697 zu Brüssel, als sein Vater Statthalter der Niederlande war, fiel im Krieg desselben wider Österreich (1706) in Gefangenschaft und wurde mit seinen Brüdern als Graf von Wittelsbach in Klagenfurt, später in Graz erzogen. Nach seiner Freilassung (1715) unternahm er Reisen und befehligte 1717 im Türkenkrieg bayrische Hilfstruppen. 1722 vermählte er sich mit Maria Amalie, jüngerer Tochter des Kaisers Joseph I., die jedoch allen Erbansprüchen entsagte. Nach dem Tod seines Vaters (26. Febr. 1726) folgte er diesem in Bayern und in der Kurwürde. Seinem Haus brachte er Hohenwaldeck und die wartenbergischen Herrschaften zu. Zu Österreich trat er nur kurze Zeit in ein freundliches Verhältnis und stellte dem Kaiser K. VI. ein Hilfskorps gegen die Türken (1738). Unmittelbar nach dem Tode des Kaisers protestierte er aber gegen die Pragmatische Sanktion, schloß mit Frankreich 1741 ein Bündnis gegen Österreich zu Nymphenburg, welchem Spanien und Sachsen, bald auch Preußen beitraten, fiel in Österreich ein, ließ sich hier als Erzherzog huldigen, rückte dann in Böhmen ein, gewann 25. Nov. durch Überrumpelung Prag und ließ sich als König von Böhmen huldigen. Am 24. Jan. 1742 wurde er zum deutschen Kaiser gewählt. Alsbald aber wandte sich das Kriegsglück, Maria Theresia warf mit Hilfe der Ungarn den Feind aus Oberösterreich und eroberte in kurzem ganz Bayern. K. flüchtete nach Frankfurt. Noch größer wurde seine Bedrängnis, als Österreich, Schlesien opfernd, mit Preußen Frieden schloß. Karls letzte bedeutende Macht, das bayrisch-französische Heer, wurde in Prag von den Österreichern so eng umstellt, daß der französische Befehlshaber Belleisle mitten im Winter den Rückzug aus Böhmen antreten mußte. Zwar gestattete ein Sieg Seckendorfs K. 19. April 1743 einen kurzen Besuch in München; aber gleich darauf schlug Georg II. von England die Franzosen bei Dettingen (27. Juni 1743) und gewann Karl von Lothringen einen Sieg über die Bayern bei Simbach, worauf Österreich sich in Bayern huldigen ließ. Die Hilfe Friedrichs II., der 1744 in Böhmen einfiel, verbesserte Karls Lage, und Seckendorf führte K. 23. Okt. d. J. in seine Residenzstadt München zurück, wo derselbe 20. Jan. 1745 starb. Vgl. Heigel, Der österreichische Erbfolgestreit und die Kaiserwahl Karl VII. (Nördling. 1876); "Tagebuch Kaiser Karls VII. aus der Zeit des österreichischen Erbfolgekriegs" (hrsg. von Heigel, Münch. 1883).

[Baden.] 9) K. Friedrich, Großherzog von Baden, Sohn des Erbprinzen Friedrich von Baden-Durlach, geb. 22. Nov. 1728, folgte seinem Großvater, dem Markgrafen Karl Wilhelm in Baden-Durlach, erst unter Vormundschaft seines Oheims und dann seit 1746 selbständig in der Regierung und führte dieselbe im Sinn der Humanität und der Aufklärung. Als ihm 1771 Baden-Baden zufiel, erleichterte er auch hier vielfach das Los der untern Stände, indem er 1783 die Leibeigenschaft aufhob, gab das erste Beispiel des Freizügigkeitssystems, trug die Landesschulden ab, beförderte Ackerbau, Gewerbe, Handel und geistige Bildung und schrieb selbst einen "Abrégé des principes de l'économie politique" (Karlsr. 1772). Sein Hof ward von vielen Dichtern und Gelehrten besucht. 1785 schloß er sich dem Fürstenbund an. Infolge des Revolutionskriegs verlor er 1796 seine Besitzungen auf dem linken Rheinufer, ward aber 1803 mit dem Stift Konstanz, der rechtsrheinischen Pfalz mit Heidelberg, wo er die Universität zu neuer Blüte erhob, etc. entschädigt und 1. Mai 1803 Kurfürst von Baden. Durch den Preßburger Frieden erhielt er den Breisgau und die Stadt Konstanz. 1806 trat er als souveräner Fürst dem Rheinbund bei, nahm den Titel Großherzog an und erhielt abermals einen Länderzuwachs, so daß unter ihm Baden zu einem Staat von 14,300 qkm mit 430,000 Einw. anwuchs. Er starb 10. Juni 1811. Ihm folgte, da sein Sohn erster Ehe mit der edlen, geistvollen Karoline Luise von Hessen (gest. 1783), der Erbprinz Karl Ludwig, 1801 gestorben war, sein Enkel Karl Ludwig Friedrich, geb. 8. Juni 1786, seit 1806 mit Stephanie von Beauharnais vermählt, seit 1808 Mitregent. Er gab die Verfassung vom 22. Aug. 1818, starb aber nach dreijähriger Krankheit 8. Dez. 1818, ohne Söhne zu hinterlassen. Außerdem hatte K. Friedrich aus erster Ehe noch zwei Söhne, Markgraf Friedrich (1756-1817) und Ludwig, den spätern Großherzog (1818-30). 1787 vermählte er sich in zweiter Ehe mit Luise Karoline, Freiin Geyer von Geyersberg, welche der Kaiser 1796 zur Reichsgräfin von Hochberg erhob, und die 1820 starb. Aus dieser Ehe stammten der nachmalige Großherzog Leopold (1830-52), Markgraf Wilhelm (1792-1859) und Markgraf Maximilian (1796-1882). Vgl. Nebenius, K. Friedrich von Baden (Karlsr. 1868); Kleinschmidt, K. Friedrich von Baden (Heidelb. 1878).

[Bayern.] 10) K. Theodor Maximilian August, Herzog von Bayern, geb. 7. Juli 1795 zu Mannheim, zweiter Sohn des Herzogs Maximilian Joseph von Pfalz-Zweibrücken, nachherigen Kurfürsten und seit 1806 Königs von Bayern, erhielt eine vorwiegend militärische Ausbildung, ward bereits im Juni 1813 zum Generalmajor und Brigadier der Infanterie ernannt, focht mit Auszeichnung in den Befreiungskriegen an der Seite des Generals Wrede als Kommandant der 1. Brigade der Division