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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Karl

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Karl (Großbritannien).

lichen Hang zu gefährlichem und zweideutigem Intrigenspiel. So geriet er alsbald in Konflikte mit dem Parlament, die einen immer schärfern Charakter annahmen, im August 1628 die Ermordung Buckinghams veranlaßten und, als an dessen Stelle der nicht minder verhaßte Wentworth, später Lord Strafford (s. d.), getreten war, zuletzt dahin führten, daß der König eine Reihe von Jahren hindurch ohne Parlament und mit Hilfe verfassungswidriger Willkürmaßregeln regierte. Allein als K. und sein geistlicher Berater Erzbischof Laud 1637 auch mit den Schotten zerfielen, welche sich der Einführung einer neuen hochkirchlichen Liturgie entschieden widersetzten und mit französischer Hilfe einen Aufstand unternahmen, sah sich der König 1640 doch wieder genötigt, das Parlament zu berufen. Indessen der frühere Zwist erneuerte und verschärfte sich nur: das Parlament wollte die bedrängte Lage Karls zur Erweiterung seiner Rechte und zur Beschränkung der königlichen Prärogative benutzen; K. gab in vielen Dingen nach und war kleinmütig genug, dem Haß des Unterhauses sogar seine Günstlinge Laud und Strafford zu opfern. Aber trotzdem war schon 1642, als der König London verließ und sich nach York zurückzog, der offene Ausbruch des Kampfes zwischen ihm und seinem Volk unvermeidlich geworden. K. berief ein Parlament nach York, umgab sich mit trefflichen Ratgebern, wie Edward Hyde und Falkland, lehnte die letzten Forderungen des Londoner Parlaments, welches einen Verzicht auf die wichtigsten Machtbefugnisse der Krone verlangte, ab und begann den Bürgerkrieg. Fast zwei Jahre lang behauptete er in demselben eine Art von Übergewicht, bis die politische und kirchliche Verbindung des englischen und schottischen Parlaments, das Scheitern des Versuchs des Königs, sich auf ein in Oxford zusammenberufenes royalistisches Gegenparlament zu stützen, endlich die Reorganisation der Parlamentsarmee durch Cromwell die Entscheidung herbeiführten. Am 2. Juli 1644 erlitten die Königlichen bei Marston-Moor, unweit York, eine bedeutende Niederlage, und wenn dieselbe auch durch die Unfälle, die das Parlamentsheer unter dem Grafen Essex 1. Sept. in Cornwall erlitt, wieder aufgewogen wurde, so war doch das Unterliegen des Königs jetzt wenig mehr zweifelhaft. Neue Verhandlungen zu Uxbridge (Januar 1645) scheiterten an den Forderungen des Parlaments: Aufhebung des Episkopats und Übertragung des Befehls über Land- und Seemacht an jenes. Der Verlust der Schlacht bei Naseby, unweit Northampton (14. Juni), namentlich aber die Veröffentlichung seines Briefwechsels, den die Sieger erbeutet hatten, und aus dem hervorging, daß er die Hilfe des Auslandes gegen seine Unterthanen nachgesucht hatte, bestimmten K., dessen Hoffnungen auf Sieg immer geringer wurden, zur Nachgiebigkeit. Allein es war zu spät. Seine weitgehenden Anerbietungen wurden nur mit dem Befehl beantwortet, die von den Parlamentstruppen besetzte Linie nicht zu überschreiten; er mußte fürchten, in Oxford eingeschlossen zu werden, und faßte daher den Entschluß, sich den Schotten in die Arme zu werfen. Am 27. April 1646 floh er heimlich und gelangte nach mehrtägigem Umherirren in das Schottenlager. Der Empfang war ehrenvoll, aber thatsächlich war K. im Heer der Schotten doch nur ein Gefangener, und im Januar 1647 lieferten sie ihn gegen die Summe von 400,000 Pfd. Sterl. an das englische Parlament aus, das ihn im Schloß Holmby in der Grafschaft Northampton gefangen setzte. Die Presbyterianer dachten nun an eine vertragsmäßige Ausgleichung der Wirren, die Independenten hingegen erstrebten unbedingte Beseitigung der königlichen Macht. Cromwell ließ den König heimlich entführen und nach Hamptoncourt bringen, und hier wurden Verhandlungen mit ihm angeknüpft, deren Erfolg aber das zweideutige Verhalten des Königs vereitelte. Als Cromwell aus einem aufgefangenen Brief Karls an die nach Frankreich entflohene Königin dessen wahre Gesinnung erfuhr, war sein Schicksal entschieden. Am 11. Nov. entfloh K. auf die Insel Wight, ward jedoch hier vom Gouverneur der Insel, Hammond, in Haft und auf das feste Schloß Carisbrook gebracht. In den letzten Monaten 1647 fanden zwar noch neue Verhandlungen zwischen König, Heer und Parlament statt, die aber von vornherein aussichtslos waren. Im Januar 1648 wurde beschlossen, keine weitern Botschaften vom König anzunehmen. Nun rüsteten zwar die Schotten für K. und rückten im Juli 1648, 14,000 Mann stark, in England ein, wurden aber von Cromwell in drei Treffen geschlagen. Gleichwohl erneuerte das Parlament die Verhandlungen mit dem noch immer zu Wight gefangenen König; aber das Heer wollte von denselben nichts wissen, bemächtigte sich der Person Karls, entfernte 6. Dez. die seinen Tendenzen widerstrebenden Mitglieder des Unterhauses gewaltsam aus demselben und sicherte sich so die Majorität. Nun wurde der König 23. Dez. nach Windsor gebracht, und das Rumpfparlament beschloß im Januar 1649 seine Anklage wegen Hochverrats. Ein Gerichtshof von 150 Personen, bestehend aus Peers, Oberrichtern, Baronets, Aldermen und Mitgliedern des Unterhauses, sollte Richter des Königs sein. Die zwölf Lords u. a. weigerten sich indes, den Antrag anzunehmen, und so blieben Cromwell, Ireton, Harrison und den übrigen Offizieren die Hauptrollen. Am 19. Jan. brachte man K. nach London in den Palast von St. James; am 20. begann der Prozeß im großen Saal von Westminster. Bradshaw, ein Rechtsgelehrter von Ruf, war Präsident des Gerichtshofs; 69 Mitglieder waren anwesend, K. protestierte gegen die Kompetenz des Gerichtshofs. Vergebens verwendeten sich die auswärtigen Höfe und das schottische Parlament für K.; vergebens boten vier seiner ehemaligen Minister, Richmond, Herford, Lindsay und Southampton, ihre Häupter für den König an: am 25. ward das Todesurteil über K. als Tyrann, Verräter, Mörder und Landesfeind ausgesprochen. Nach Mitteilung des Urteils verlangte K. noch mit einem Vorschlag gehört zu werden; man glaubt, daß er der Krone zu gunsten des Prinzen von Wales entsagen wollte. Er wurde jedoch mit Gewalt abgeführt und 30. Jan. vor dem Palast Whitehall zu London öffentlich hingerichtet. Die Schriften Karls gab Brown (Haag 1651) heraus. Vgl. Disraeli, Commentaries on the life and reign of Charles I. (Lond. 1828-31, 5 Bde.); Cattermole, The great civil War of Charles I. (das. 1844-45, 2 Bde.); Gardiner, History of England under the duke of Buckingham and Charles I., 1624-28 (das. 1874, 2 Bde.); Derselbe, The personal government of Charles I., 1628-37 (das. 1877, 2 Bde.); Derselbe, The fall of the monarchy of Charles I. (das. 1882, 2 Bde.); Chancellor, Life of Charles I., 1600-1625 (das. 1886).

27) K. II., ältester Sohn des vorigen, geb. 29. Mai 1630, wurde während des Bürgerkriegs unter Leitung seiner Mutter in Frankreich erzogen und befand sich zur Zeit der Hinrichtung seines Vaters im Haag. Obwohl dort nur von der Gnade des Herzogs von Ormond lebend, nahm er doch sogleich den Königstitel an und wurde wirklich in Irland und 5. Febr. 1649