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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Karl

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Karl (Schweden: K. XIII., K. XIV.).

in Norwegen machte, suchte Graf Görz, bisher holsteinischer Minister, Karls neuer Vertrauter, das antischwedische Bündnis durch diplomatische Künste zu trennen. K. und Peter sollten sich aufrichtig versöhnen, Rußland die ihm zunächst gelegenen Besitzungen am Finnischen Meerbusen behalten, dagegen Stanislaus in Polen restituiert werden. Sogar eine Heirat Karls mit Peters Tochter, der Großfürstin Anna, war in Aussicht gestellt. Bereits hatten Unterhandlungen mit Peter, der sich den Plänen Görz' geneigt geigte, auf der Alandsinsel Lafoe begonnen, als K. 1718 den zweiten unbesonnenen und unnützen Zug zur Eroberung Norwegens unternahm, auf dem er 11. Dez. d. J. im Laufgraben vor der Festung Frederikshald erschossen wurde. Ihm folgte in der Regierung seine jüngere Schwester, Ulrike Eleonore, die Gemahlin des Erbprinzen Friedrich von Hessen. Durch die Friedensschlüsse von 1720 und 1721 verlor Schweden fast sämtliche Besitzungen auf der Südseite der Ostsee und damit seine durch Gustav Adolf erworbene Großmachtstellung. Dies Ergebnis hat K. durch seine verblendete Halsstarrigkeit herbeigeführt, welche seine sonstigen guten Eigenschaften zurückdrängte oder verdarb. K. war eine riesige Naturkraft, welche aber weder durch Selbstzucht noch durch die Schule des Lebens geregelt worden war. Nüchternheit in Speise und Trank, Keuschheit, Einfachheit in der äußern Erscheinung zeichneten ihn stets aus; sie wurden nur mitunter übertrieben und arteten in Verachtung der Sitte aus. Seine Lücken in der Bildung ergänzte er nicht. Eingebungen der Laune und Aufwallungen des Augenblicks rissen ihn hin. Sein Zorn war unbändig. Seiner Gottesfurcht widersprach seine große Selbstvergötterung; seiner persönlichen Rachsucht und seinem Starrsinn opferte er rücksichtslos das Leben von Tausenden seiner Soldaten, das Wohl und die Macht seines Vaterlandes. Karls Geschichte schrieb sein Kaplan Norberg; Adlerberg gab militärische Denkwürdigkeiten über ihn heraus. Nicht immer historisch treu ist Voltaires "Histoire de Charles XII". Vgl. Lundblad, Geschichte Karls XII. (deutsch, Hamb. 1835-40, 2 Bde.); Fryxell, Karl XII. (deutsch, Braunschw. 1861); König Oskar, Karl XII. (deutsch, 3. Aufl., Berl. 1881); v. Sarauw, Die Feldzüge Karls XII. (Leipz. 1881).

61) K. XIII., zweiter Sohn des Königs Adolf Friedrich von Schweden und der Luise Ulrike, der Schwester Friedrichs d. Gr. von Preußen, geb. 7. Okt. 1748, wurde 1772 nach der Thronbesteigung seines Bruders Gustav III. zum Herzog von Södermanland ernannt; 1788 erhielt er den Oberbefehl über die schwedische Flotte, die gegen Rußland geschickt wurde, und schlug die Russen im Finnischen Meerbusen, worauf er zum Generalgouverneur von Finnland ernannt wurde. Nach seines Bruders Ermordung 1792 trat er an die Spitze der Regentschaft. Als sein Neffe Gustav IV. Adolf 1796 mündig geworden war, zog er sich auf sein Schloß Rosersberg zurück, von wo er als Reichsverweser zurückgerufen wurde, als Gustav IV. Adolf durch die Revolution von 1809 vom Thron gestürzt worden war. Am 20. Juni wurde K. zum König ausgerufen, worauf er mit Rußland den Frieden zu Frederikshamn schloß, in welchem er Finnland abtrat. Da seine Ehe mit Hedwig Elisabeth Charlotte von Holstein-Gottorp kinderlos blieb, adoptierte er den Prinzen Christian August von Holstein-Sonderburg-Augustenburg (s. Karl 53), nach dessen Tod aber den von den Ständen im August 1810 als Nachfolger erwählten französischen Marschall Bernadotte. 1812 beteiligte er sich mit Rußland und England an der Allianz gegen Frankreich, trat dann der Allianz von 1813 bei und schickte den Kronprinzen mit 20,000 Mann den Alliierten gegen Napoleon I. zu Hilfe. Im Frieden erhielt er dafür Norwegen, während Dänemark mit Schwedisch-Pommern entschädigt wurde. Er starb 5. Febr. 1818; ihm folgte Bernadotte als K. XIV. Johann.

62) K. XIV. Johann, ursprünglich Jean Baptiste Jules Bernadotte, geb. 26. Jan. 1764 als der Sohn eines Advokaten zu Pau, trat 1780 als Freiwilliger in das französische Heer und war 1789 beim Ausbruch der französischen Revolution Sergeant Major, wurde aber, weil er sich 1792 und 1793 sehr auszeichnete, bereits 1794 Divisionsgeneral, focht 1794 bei Fleurus, 1795 beim Rheinübergang unter Jourdan und 1796 in dem unglücklichen deutschen Feldzug, wo ihn der Erzherzog Karl 22. Aug. bei Teining schlug. 1797 mit Verstärkungen zur Armee von Italien gesandt, eroberte er Gradisca und erwarb sich Bonapartes Vertrauen. Nach Abschluß des Friedens von Campo Formio ging er als Gesandter der französischen Republik nach Wien, wurde aber von da, als er 13. April 1798 bei der Feier eines französischen Nationalfestes eine dreifarbige Fahne vom Balkon seines Hauses wehen ließ, durch einen Volkstumult vertrieben. 1799 ernannte ihn das Direktorium zum Kriegsminister, da man von ihm die Wiederherstellung der erschlafften Ordnung und Kriegszucht erwartete. Damals richteten viele, welche in einer Diktatur die Rettung Frankreichs sahen, ihre Blicke auf ihn. Bonaparte kam ihm mit dem Staatsstreich vom 18. Brumaire zuvor. Er zeichnete zwar Bernadotte, welcher eine selbstbewußte Zurückhaltung bewahrte, äußerlich vielfach aus, zumal derselbe 1798 durch seine Verheiratung mit Eugenie Bernhardine Désirée Clary (geb. 8. Nov. 1781), einer Kaufmannstochter aus Marseille, der Schwager Joseph Bonapartes geworden war; aber beide Männer betrachteten sich fortan mit Argwohn und Eifersucht. In der Vendée, wo Milde und Klugheit mehr bewirkten als rücksichtslose Strenge, gelang es 1800 Bernadotte bald, einen neuen Aufstand der Chouans zu unterdrücken. 1804 warb er nach Hannover gesendet, um dort den Oberbefehl über das Okkupationsheer zu führen. Im Mai d. J. erhielt er die Marschallswürde und bald darauf auch die große Dekoration der Ehrenlegion. 1805 marschierte er durch das preußisch-fränkische Gebiet nach Süddeutschland, kam rechtzeitig zur Verstärkung Napoleons I. nach Mähren und nahm an der Schlacht von Austerlitz rühmlichen Anteil, wofür er 5. Juni 1806 zum Fürsten von Pontecorvo, einer vormals päpstlichen Enklave im Neapolitanischen, ernannt wurde. Im Krieg von 1806 befehligte er das 1. Armeekorps. Er schnitt den General Tauenzien von der preußischen Hauptarmee ab, verdrängte ihn aus Schleiz, drang auf Dornburg vor und ging von da dem Kaiser entgegen. Nach der Schlacht bei Jena verfolgte er die Preußen nach Halle und schlug dort 17. Okt. die preußische Reserve unter dem Prinzen von Württemberg. Dann folgte er Blücher bis Lübeck, wo er denselben 7. Nov. zur Kapitulation zwang, und kämpfte ruhmvoll bei Mohrungen 25. Jan. 1807. Nach dem Frieden befehligte er das in Norddeutschland bleibende Heer und erwarb sich in dieser Stellung allenthalben Popularität. 1809 kommandierte er die sächsischen Truppen, mit denen er Wagram erstürmte und das brennende Dorf zwei Stunden behauptete. Sein nach der Schlacht den Sachsen in einem Tagesbefehl gespendetes Lob zog ihm die kaiserliche Ungnade