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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Karlsruhe

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Karlsruhe.

3) Karls XIII. Orden, gestiftet 27. Mai 1811 vom König Karl XIII. von Schweden für schwedische Freimaurer vom höchsten Grad, welche denselben auch außer der Loge tragen. Der Orden hat nur eine Klasse (Ritter) und zählt 30 Mitglieder, 27 weltliche und 3 geistliche, welche zwischen den Kommandeuren und Rittern andrer Orden rangieren. Das Ordenszeichen besteht in einem rubinroten, in Gold gefaßten Kreuz mit der Königskrone, dessen Mittelavers zwei C zeigt, welche die Zahl XIII umschließen, während der Revers ein B in goldenem Dreieck darstellt. Das Kreuz wird an rotem Band um den Hals und dazu seit 1822 ein kleineres Kreuz ohne Krone auf der Brust getragen. Der Orden hat eine besondere Tracht. Ordenstag ist der 28. Januar, an welchem sich das Kapitel versammelt und die Ernennungen vorgenommen werden, worauf nach zwei Monaten der Ritterschlag folgt. Das nötige Alter zur Aufnahme ist 36 Jahre. Bedürftige Kinder verstorbener Ritter finden Unterstützung.

Karlsruhe, 1) Haupt- und Residenzstadt des Großherzogtums Baden, im gleichnamigen Kreis, welcher 1527 qkm (27,84 QM.) mit (1885) 286,844 Einw. umfaßt, in der oberrheinischen Tiefebene, 8 km vom Rhein gelegen, 118 m ü. M., Knotenpunkt der Linien Mannheim-Konstanz, Mannheim-K. und K.-Maxau der Badischen Staatsbahn, ist die jüngste Stadtgründung Deutschlands. Die Altstadt umgibt in einem großen Halbkreis das am Saum des Hardtwaldes gelegene Schloß und ist in Gestalt eines Fächers angelegt, indem die Straßen radienförmig vom sogen. Bleiturm des Schlosses ausgehen, quer durchschnitten durch die von O. nach W. ziehende Kaiserstraße. Die Fächerform ist indessen in den neuen Stadtteilen aufgegeben, auch haben die ursprünglichen einstöckigen, hölzernen Häuser fast durchweg zeitgemäßen Bauten Platz gemacht; doch trägt die ganze Stadt, die ihre bauliche Physiognomie besonders dem Architekten Weinbrenner und seinen Schülern verdankt, den Charakter der Regelmäßigkeit und moderner Eleganz. Von den zu gottesdienstlichen Zwecken bestimmten Gebäuden verdienen nur die evang. Stadtkirche Konkordia mit der Fürstengruft, die kath. Stadtkirche zu St. Stephan, die neue kath. Kirche im Stadtteil Mühlburg und die Synagoge Erwähnung. Unter den Profanbauten ist zunächst hervorzuheben das 1751-76 im altfranzösischen Stil erbaute Residenzschloß mit dem großen Marmorsaal und dem Bleiturm. Hinter dem Schloß dehnt sich der Schloßgarten mit dem Denkmal des Dichters Hebel, der Steinhäuserschen Marmorgruppe: Hermann und Dorothea sowie verschiedenen Wasserkünsten aus. Ferner sind zu nennen: der umfangreiche, elegant und zweckmäßig eingerichtete Marstall an der Ostseite des Schloßplatzes, das vom Architekten Weinbrenner erbaute markgräfliche Palais am Rondelplatz, auf welchem der dem Großherzog Karl, dem "Gründer der Verfassung", gewidmete Obelisk steht, das Gebäude für die vereinigten Sammlungen (Naturalienkabinett, Sammlung von Altertümern, Hof- und Landesbibliothek etc.) an dem prachtvollen Friedrichsplatz, das Finanzministerialgebäude, das Ständehaus, die 1836-45 nach den Plänen des Baudirektors Hübsch erbaute Kunsthalle mit ausgewählter Gemälde- und Kupferstichsammlung, das 1851-53 von demselben Architekten aufgeführte Hoftheater, der Wintergarten, das Rathaus mit prachtvollem Treppenhaus und einer Gedächtnistafel der im Krieg von 1870/71 gefallenen Karlsruher, die Gebäude der Generalpost- und der Eisenbahndirektion sowie des Generalkommandos und des kommandierenden Generals des 14. Armeekorps, das Vierortsbad, verschiedene Schulgebäude, die Münze, das Zeughaus, das Fürstenbergsche, Schmiedersche und Douglaspalais u. v. a. Auf dem Festplatz erhielt 1886 K. ein Gebäude von 2640 qm Flächeninhalt, welches zu Ausstellungen, Sommertheater und Zirkusvorstellungen dienen soll. Sanitären Zwecken dienen das städtische Schlachthaus und namentlich die mustergültigen, großartigen Kanalisationsanlagen. Neben den bereits erwähnten Denkmälern sind noch anzuführen: das Kriegerdenkmal (von Volz) und das Standbild des Ministers Winter (von Reich), beide in der Nähe des Hauptbahnhofs, das Sandsteindenkmal des Großherzogs Ludwig und die Pyramide über dem Grab des Gründers der Stadt, Markgrafen Karl Wilhelm, in der Karl Friedrichs-Straße sowie das Standbild Karl Friedrichs (von Schwanthaler) auf dem Schloßplatz. Die Errichtung eines Denkmals für den Dichter V. v. Scheffel steht in Aussicht.

Die Bevölkerung beläuft sich inkl. Stadtteil Mühlburg, welcher K. 1. Januar 1886 einverleibt warb, (1885) mit Garnison (Generalkommando des 14. Armeekorps, Kommando der 28. Division, der 55. Infanterie-, 28. Kavallerie- und 14. Feldartilleriebrigade, einem Grenadierregiment Nr. 109, 4 Eskadrons Dragoner Nr. 22, einem Feldartillerieregiment Nr. 14, einem Trainbataillon Nr. 14) auf 61,066 Seelen, darunter 26,160 Katholiken, 1747 Juden, gegen 49,283 im Jahre 1880. Industrie und Handel sind in lebhaftem Aufschwung begriffen. K. hat eine Münzstätte, eine Silberwarenfabrik, Glaceeleder- und 2 Nähmaschinenfabriken, eine Erzgießerei, eine Maschinen-, eine Metallpatronen-, eine Zementwaren-, eine Kunstmöbel- und eine Zigarrenfabrik, alle mit über 100 Arbeitern, außerdem Bierbrauereien, Tapeten-, Parfümeriefabrikation etc., eine Reichsbankstelle, Filialen der Badischen und der Rheinischen Kreditbank, die Badische Versorgungsanstalt, 3 Sparkassen und ein Exportmusterlager. Den Verkehr in der Stadt und mit der Nachbarstadt Durlach vermitteln eine Pferde- und eine Straßenbahn. An Bildungsinstituten und Kunststätten besitzt K. eine technische Hochschule, eine Kunstschule, ein Gymnasium, ein Realgymnasium, eine Real-, eine Kunstgewerbe-, eine Baugewerk-, eine Handels- und eine Gewerbeschule, 2 Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar, eine Turnlehrerbildungsanstalt, eine Tierarznei-, Obst- und Wiesenbau- und eine landwirtschaftliche Winterschule, ein Hoftheater, ein Konservatorium für Musik, eine Malerinnenschule etc. Bedeutend ist auch die Zahl der Kranken- und sonstigen Wohlthätigkeitsanstalten. Die städtische Verwaltung zählt 3 Bürgermeister, 22 Stadträte und 96 Stadtverordnete. Außerdem ist K. Sitz der großherzoglichen Regierung, eines Kreisamtes, eines Oberlandesgerichts (für das Großherzogtum Baden), eines Landgerichts (für die 10 Amtsgerichte zu Baden, Bretten, Bruchsal, Durlach, Eppingen, Ettlingen, Gernsbach, K., Pforzheim und Rastatt), einer Handelskammer, eines Verwaltungsgerichtshofs, einer Oberpostdirektion, einer Generaldirektion der Badischen Staatsbahn, eines Hauptsteueramtes, einer Bezirksforstei. Unter den zahlreichen schattigen Spaziergängen der Umgegend nimmt das hübsche Sallenwäldchen mit seinen Wasserwerken den

^[Abb.: Wappen von Karlsruhe.]