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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Karthamin; Karthaune; Karthaus; Karthäuser; Karthli; Kartieren; Kârtikêja

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Karthamin - Kârtikêja.

Übelste war, Masinissa, der den Karthagern von den Römern als Wächter an die Seite gesetzt war, entriß den Karthagern im Vertrauen auf seine Schutzherren ein Stück ihres Gebiets nach dem andern; die Römer aber schickten auf die Bitten der Karthager zwar von Zeit zu Zeit Kommissare an Ort und Stelle, aber nur, um entweder gar keine oder eine Entscheidung zu ungunsten der Karthager zu geben. Als einer dieser Kommissare kam 157 auch M. Cato dahin, der von da an, weil die Karthager sein Anerbieten, ein schiedsrichterliches (voraussichtlich ungünstiges) Urteil zu fällen, ablehnten, aufs äußerste gegen sie erbittert war und deshalb jede Rede im Senat mit den bekannten Worten schloß: "Ceterum censeo, Carthaginem esse delendam" ("im übrigen bin ich der Meinung, daß K. zu vernichten sei"). Als sich die Karthager endlich nach Vertreibung der Partei des Masinissa (151) gegen diesen zur Wehr setzten, aber geschlagen wurden, erklärten die Römer dies für Friedensbruch und sandten 149 die Konsuln M. Manilius und L. Marcius Censorinus mit 84,000 Mann nach Sizilien. Die Karthager baten um Frieden, mußten aber zunächst 300 Kinder der Vornehmsten als Geiseln stellen und alle Waffen und Kriegsgerätschaften ausliefern. Als die Römer ihnen hierauf auch noch befahlen, ihre Stadt zu verlassen und sich mehr landeinwärts wieder anzubauen, vereinigten sich alle Klassen und Stände zur verzweifeltsten Gegenwehr. So begann ein letzter furchtbarer Kampf (dritter Punischer Krieg, 149-146), der mit Karthagos Eroberung durch P. Cornelius Scipio endete; 17 Tage wütete das Feuer in der Stadt, ein großer Teil der Bewohner kam um; die Überlebenden wurden in die Sklaverei geführt, die Stadt dem Boden gleichgemacht und das ganze karthagische Gebiet mit Ausnahme einiger Striche, welche die mit den Römern verbündeten Städte, besonders Utica und Hippo, erhielten, zur römischen Provinz Africa gemacht. 122 wurde auf Antrag des Gajus Gracchus beschlossen, die Stadt unter den Namen Junonia wieder aufzubauen und eine Kolonie von 6000 römischen Bürgern daselbst anzusiedeln; indessen scheint das Vorhaben wegen ungünstiger Vorzeichen bei der Gründung aufgegeben worden zu sein. Julius Cäsar nahm das Projekt von neuem auf, konnte jedoch dasselbe nicht mehr ausführen. Die Herstellung geschah daher erst durch Augustus, welcher die Stadt mit 3000 römischen Kolonisten und zahlreichen Eingebornen aus der Umgegend bevölkerte. So erstand diese neu aus ihren Trümmern und erhob sich bald zum Rom der afrikanischen Welt.

Die neue Stadt gelangte in der Kaiserzeit wieder zu hoher Blüte, so daß sie nebst Alexandria die zweite Stelle unter den Städten des Reichs nach Rom einnahm. Sie war der Sitz des römischen Prokonsuls und der meisten übrigen römischen Beamten, später auch eines christlichen Bischofs und wurde infolge ihrer günstigen Lage bald wieder ein reicher Haupthandelsplatz, in dem es aber auch an Schulen für Grammatik, Rhetorik, Philosophie und die übrigen freien Künste nicht fehlte. 439 n. Chr. wurde sie aber von den Vandalen (s. d.) unter Geiserich erstürmt und war nun fast ein Jahrhundert hindurch Hauptstadt des Vandalenreichs, bis sie 533 von Justinians Feldherrn Belisar dem oströmischen Reich wieder einverleibt wurde. Dieser stellte die verfallenen Festungswerke wieder her und nannte die Stadt seinem Kaiser zu Ehren Justiniana. 697 ward dieselbe jedoch durch den Sarazenen Hassan, den Feldherrn des Kalifen Abdalmalek ben Merwan, erobert und in Asche gelegt, um nun über 200 Jahre öde zu liegen, bis hieraus ein Teil der Stadt von dem ersten der fatimidischen Kalifen wieder bevölkert ward. Im Anfang des 16. Jahrh. bestand sie aus einer Moschee, einem Kollegium ohne Studierende, 25-30 Buden und den Hütten von etwa 500 Bauern. Aber selbst dieses elende Dorf wurde von den Spaniern, welche Karl V. in die Feste Goletta gelegt hatte, zerstört. Vgl. außer den oben angeführten Werken: Bötticher, Geschichte der Karthager (Berl. 1827); Munter, Religion der Karthager (2. Aufl., Kopenh. 1821); Movers, Die Phönizier (Berl. 1841-56, 2 Bde.); Planck, K. und seine Heerführer (Ulm 1874); Gilbert, Rom und K. (Leipz. 1876); Meltzer, Geschichte der Karthager (Berl. 1879, Bd. 1); Smith, Carthago and the Carthaginians (2. Aufl., Lond. 1879).

Karthamin, s. Safflor.

Karthaune, s. Kartaune.

Karthaus, Flecken und Kreisort im preuß. Regierungsbezirk Danzig, in schöner Lage an zwei Seen und an der Linie Praust-K. der Preußischen Staatsbahn, 226 m ü. M., hat eine evangelische und eine kathol. Kirche, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, Dampfschneidemühlen und (1885) 2300 meist evang. Einwohner. Das ehemalige Kartäuserkloster (mit schöner Kirche) ward 1370 gestiftet und 1823 auf den Aussterbeetat gesetzt. Das Plateau von K. umfaßt den höchsten Teil des Uralisch-Baltischen Landrückens in Deutschland. Es erreicht im Durchschnitt eine Höhe von 200 m und wird durch den Radaunesee geteilt. Westlich von demselben erheben sich die höchsten Punkte im Quellgebiet der Leba, der Bukowina und der Stolpe bis zu 261 m; südlich davon erreicht der Turmberg 331 m Höhe. Nach NO. fällt das Plateau mit ziemlich steilem, schön bewaldetem Rand zur Niederung bei Danzig ab, eine Fülle lieblicher Landschaften bildend.

Karthäuser, s. Kartäuser.

Karthli (Kartalinien), Landschaft in Transkaukasien, am obern Kur, oft genannt in der Geschichte des ehemaligen Königreichs Georgien (s. d.), jetzt die Distrikte Tiflis, Gori und Duschet umfassend.

Kartieren (Chartieren), eine Karte, einen Riß von etwas zeichnen; im Postwesen (auch inkartieren) techn. Ausdruck für die Eintragung der abzusendenden Päckereien, Wertsendungen etc. in besondere, die Sendungen begleitende Nachweise (Karten), auf Grund deren die Übernahme und Abgabe der Sendungen am Anfangs- und Endpunkt stattfindet, und welche beim Austausch zwischen Verkehrsanstalten verschiedener Verwaltungen gleichzeitig als Unterlage für die Abrechnung über Franko- und Portobeträge dienen. Im weitern Sinn bezeichnet K. die Art und Weise, in welcher die Überweisung von Sendungen zwischen den Verkehrsanstalten erfolgt; man spricht in diesem Sinn von direkter Kartierung, von Umkartierung an einem Zwischenort etc. Vgl. Dekartieren.

Kârtikêja (Skanda, in Südindien gewöhnlich Subhramanja genannt), in der ind. Mythologie der sechsköpfige Kriegsgott, den die Sage als Sohn des Siwa aus dem Ganges hervorgehen läßt. Die sechs Flußnymphen (Krittikâs) streiten sich darum, das schöne, auf der Oberfläche des Ganges zum Vorschein kommende Kindlein zu säugen, worauf K., damit keine zu kurz kommt, sechs Köpfe annimmt. Er war dazu bestimmt, die Welt von dem Dämon Sura oder Târaka zu befreien, den er in der Nähe von Trankebar besiegt und tötet. Von einer andern ihm zugedachten Heldenthat läßt er sich durch schöne Dirnen abhalten; noch heute sind ihm deswegen Tempel-^[folgende Seite]