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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kartoffel

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Kartoffel (Anbau und Ernte, Varietäten).

dienerinnen zugeteilt, die nicht heiraten dürfen, aber sich der Prostitution hingeben und zur Unsittlichkeit in Südindien beitragen, das seinem Dienst vorzüglich zugethan ist. Seine Feste im Monat Kârtika (Oktober) zeichnen sich besonders durch Musik und auf den Bergen angezündete Feuer aus.

Kartoffel (Erdapfel, Erdbirne, Grundbirne, Potacke, Solanum tuberosum L.), ein perennierendes Knollengewächs aus der Familie der Solaneen, mit 0,6-1,3 m hohem, krautigem, ästigem, kurzhaarigem Stengel, unterbrochen unpaarig fiederteiligen Blättern, mit 7-11 eiförmigen, zugespitzten, am Grund schiefen und herzförmigen, unterseits graukurzhaarigen Blättchen, in langgestielten Trugdolden stehenden Blüten mit weißen, lila oder violetten Blumenkronen, gelben Staubbeuteln und kugeligen Beeren.

Anbau und Ernte; Varietäten.

Die K. gedeiht in Deutschland bis 1000 m ü. M. und geht in Europa bis 70° nördl. Br., im Kanton Bern bis 1400 m ü. M.; ihr Anbau ist sehr bequem, und sie hinterläßt das Land in vortrefflicher Vorbereitung für Getreide und andre Früchte. Die K. wird in mehreren Varietäten kultiviert, welche sich durch Samen fortpflanzen lassen. Die weiß blühenden mit weißgelber Knollenschalle, die lila blühenden rotschaligen, die schwarzschaligen mit rotem Fleisch und die Frühkartoffeln sind solche Varietäten; außer denselben aber gibt es noch zahlreiche Sorten, welche in ihrer Eigentümlichkeit nur durch Knollen fortgepflanzt werden können und, sobald man ihren Samen aussäet, neue Sorten erzeugen. Vor dem Auftreten der Kartoffelkrankheit war man in der Kartoffelkultur sehr sorglos und kultivierte eine große Menge Sorten lediglich mit Rücksicht auf deren besondere Vorzüge für bestimmte Zwecke. Seit 1843 war man aber genötigt, die Kultur wesentlich umzugestalten; man behielt fast nur die Zwiebelkartoffel bei, welche durch ihre Robustheit der Krankheit am meisten Trotz bietet, und die Frühkartoffel, deren Vegetation meist schon beim Eintritt der Krankheit beendet ist; man bringt jetzt die K. nur nach längern Intervallen wieder auf denselben Acker und nur in schön verrotteten Dünger, vorteilhaft erst nach einer gedüngten Vorfrucht. Die K. gedeiht am besten in tiefgründigem, leichtem oder mildem Boden in warmer, sonniger Lage; die Saatkartoffeln wählt man im Herbst aus und lagert die gesunden Knollen von mäßiger Größe und mittlerer Augenzahl sehr sorgfältig. Mit der Wahl der Sorten muß man vorsichtig sein, weil Boden und Klima einen sehr großen Einfluß auf das Gedeihen der Sorte ausüben und die Erfolge, die irgendwo erzielt worden sind, an andern Orten sich durchaus nicht erreichen lassen. Folgende sechs Sorten verdienen besondere Beachtung: Kaiserkartoffel, mittelfrühe Speisekartoffel, ungemein ertragreich, sehr wohlschmeckend, gesund und haltbar; Snowflake, mittelfrühe Speisekartoffel mit etwas rauher, ins Rötliche spielender Schale, schneeweißem, feinem, zartem Fleisch, wird schnell und gleichmäßig gar, ist sehr mehlreich, besonders wohlschmeckend, behält ihre guten Eigenschaften ohne Rückgang bis Ende Mai, widersteht der Krankheit und ist leicht zu ernten, weil die Knollen dicht beim Stock liegen; Brownells Beauty, mittelfrühe Speisekartoffel mit rötlichen bis fleischroten Knollen, sehr wohlschmeckend, mehlreich, ertragreich, widersteht der Krankheit und hält sich bis Ende Juli in gewöhnlichen Kellern ohne Rückgang; Extra Early Vermont, die frühste aller Kartoffeln mit rosenrötlichen Knollen von ausgezeichnetem Geschmack, dauerhaft gegen Krankheit; Peachblow, Speise- und Brennereikartoffel, berühmt durch Stärkereichtum, Gesundheit und Haltbarkeit bis in den Mai; Peerless, frühe Speise- und Brennereikartoffel, zeitigt im August, ist sehr ertragreich, wohlschmeckend und mehlreich, verlangt aber leichten Boden.

Bei der Kultur der K. gibt man im Herbst eine tiefe Furche, pflügt, wenn das Land bindiger ist, noch einmal und legt die Kartoffeln (nicht zerteilt) je nach der Schwere des Bodens 5-10 cm tief und je nach der Güte des Erdreichs 30-45 cm weit voneinander. Frühzeitige Bestellung schützt mehr vor der Krankheit als späte; am sichersten ist der Anfang Mai, Anfang Juli gilt als der späteste Termin. Die 15 cm hohen Pflanzen werden behackt, wobei das Unkraut sorgfältig zu beseitigen ist; Anhäufeln ist nur in bindigem Boden ratsam. Die Vegetationsperiode der K. beträgt je nach der Wärme des Jahrgangs 18-26 Wochen. Man rechnet auf den Hektar 21-26 Neuscheffel Aussaat von frühem kleinen und 34-43 Neuscheffel von späten großen Kartoffeln und als Ertrag 11,700-15,700 kg (von einzelnen Sorten werden Erträge von 21-24,000 kg mit 20-22,5 Proz. Stärkmehlgehalt angegeben). 1 hl wiegt etwa 91 kg. Das Abblatten der Pflanze während der Vegetationsperiode beeinträchtigt die Ausbildung der Knollen. In großen Städten werden schon vor der normalen Reifezeit Kartoffeln auf den Markt gebracht, welche man durch vorsichtiges Aufscharren und Abpflücken gewonnen hat. Diese durch höhern Marktpreis lohnende Ernte wiederholt man mehreremal und soll auf diese Weise schon die mehr als dreifache normale Knollenzahl geerntet haben. Nach genauen Untersuchungen wird durch die vorzeitige Knollenernte der Gesamtertrag an Knollenmasse wenigstens nicht vermindert. Seit vielen Jahren sind Versuche gemacht worden, die K. bereits im Spätherbst zu pflanzen, um Kartoffelkrankheiten zu steuern. Die Kartoffeln ergrünen zwar ca. drei Wochen später, erreichen trotzdem aber ihre Reife bereits drei Wochen früher als die im Frühjahr gelegten, so daß sie vor Eintritt der Fäule geerntet werden können. Der Vorzug dieser Kulturmethode ist also nicht auf eine Verlängerung der Vegetationszeit, sondern im Gegenteil auf eine Verkürzung um ca. sechs Wochen zurückzuführen. Im südlichen Frankreich und im Elsaß befolgt man sie schon seit langen Jahren, um frühzeitig Kartoffeln ernten zu können. Nach Beendigung der Kartoffelernte werden im November die Kartoffeln ca. 20 cm tief gelegt und gut bedeckt. Diese Art der Überwinterung hat jedenfalls den großen Vorzug, daß sich nicht schon vor der Saat die Keime entwickeln und durch Abbrechen die Mutterknolle geschwächt wird. Ferner erscheinen die jungen Triebe spät nach der durch Nachtfröste gefährdeten Zeit und ihr robuster Wuchs scheint einen bedeutenden Widerstand gegen den Einfluß schädlicher Pilze als Erzeuger der Kartoffelkrankheit auszuüben. Man bewahrt die Kartoffeln in trocknen, kühlen Kellern und, wenn diese nicht ausreichen, in langen, mit Erde beworfenen Mieten. Gleich nach der Ernte reifen die Kartoffeln noch nach; dieser Prozeß ist von Wärmeentwickelung begleitet, und man muß daher für Ableitung der Wärme sorgen; ist die Lebensthätigkeit zur Ruhe gekommen, so hat die Aufbewahrung keine Schwierigkeit, bis im Frühjahr die Lebensthätigkeit von neuem erwacht. Dies geschieht um so später, je kühler und trockner die Kartoffeln lagern; sie halten sich deshalb im Frühjahr auf einem luftigen Boden viel länger,