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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kassándra; Kassandreia; Kassándros; Kassaschluß; Kassate; Kassation; Kassationshof; Kassawa

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Kassandra - Kassawa.

Kassándra (auch Alexandra), bei Homer die schönste der Töchter des Priamos, fiel nach der Zerstörung Trojas dem Agamemnon als Beute zu und wurde nach dessen Heimkehr von Klytämnestra ermordet. Nach andrer Sage wurde sie vom Tempelbilde der Athene durch Aias hinweggerissen und entehrt. Apollon hatte ihr die Gabe der Weissagung verliehen gegen das Versprechen, seine Liebe zu erwidern; da sie aber nicht Wort hielt, so strafte sie der Gott dadurch, daß ihre Weissagungen keinen Glauben fanden und jedermann sie als Schwarzseherin verachtete, als sie bei der Ankunft der Helena Ilions Untergang vorher verkündete.

Kassandreia, Stadt, s. Potidäa.

Kassándros (Cassander), ältester Sohn des Antipatros, geb. 355 v. Chr., blieb bei Alexanders Zug nach Asien bei seinem Vater in Makedonien und kam erst kurz vor Alexanders Tod nach Babylon, um seinen bei jenem angeklagten Vater zu rechtfertigen. Nach des Königs Tod ernannte ihn der Reichsverweser Perdikkas 323 zum Führer der Edelschar und gab ihn 321 dem Antigonos, Strategen in Westasien, als Chiliarchen bei. Als sein Vater auf dem Totenbett (319) nicht ihm, sondern Polysperchon die Reichsverweserwürde übertrug, schloß er mit Antigonos und mit dem ägyptischen Ptolemäos ein Bündnis und bemächtigte sich 318 Athens und vieler andrer griechischer Städte. Von der Königin Eurydike darauf zum Reichsverweser ernannt, eilte er nach Makedonien, fand aber bei seiner Ankunft jene sowie seinen Bruder Nikanor besiegt und getötet. Er drang nun unaufhaltsam vor, eroberte Pydna, ließ seine Gegnerin Olympias 315 ermorden und verheiratete sich mit Alexanders d. Gr. Halbschwester Thessalonike, um sich die Herrschaft in Makedonien zu sichern. Hierauf trat er dem von Ptolemäos, Lysimachos und Seleukos gegen die Übergriffe des Antigonos geschlossenen Bund bei, verlor aber Epirus und den ganzen Peloponnes und behielt nur Makedonien und Thessalien, sollte jedoch nach dem Friedenstraktat (311), bis der junge Alexander regierungsfähig sein würde, Stratege in Europa bleiben. Aber K. ließ den jungen Alexander nebst seiner Mutter Roxane aus dem Weg räumen und bewog auch Polysperchon durch Bestechung dazu, den letzten Sohn Alexanders d. Gr., Herakles, zu vergiften (309). Sein eifrigstes Bestreben ging nun dahin, in Griechenland wieder festen Fuß zu gewinnen, und schon war Athen seinem Fall nahe, als ihn Demetrios Poliorketes, des Antigonos Sohn, zu einem höchst verderblichen Rückzug durch die Thermopylen nötigte (303) und sogar siegreich durch Thessalien gegen Makedonien vordrang. Doch behauptete sich K. nach Antigonos' Tod (301) in dem Besitz dieses Landes. Seine erneuten Versuche, Griechenland zu unterwerfen, waren aber fruchtlos. Er starb 297. Von seinen drei Söhnen, Philipp, Antipatros und Alexander, starb der erste, sein Nachfolger, bald nach ihm. Die beiden andern stritten sich um den Besitz des Reichs, bis Demetrios die Oberhand behielt.

Kassaschluß (Kassensturz), die Prüfung, ob der Saldo, welchen das Kassenbuch als Unterschied zwischen Sollsumme (Einnahmen) und Habensumme (Ausgaben) nachweist, mit dem Kassenbestand (Barvorrat) übereinstimmt.

Kassate, s. v. w. Kossate, s. Kate.

Kassation (franz. cassation), bei Urkunden und Handschriften das Zerreißen oder Ausstreichen, um deren Ungültigkeit äußerlich zu kennzeichnen; bei Personen, welche ein Amt bekleiden, besonders bei Offizieren und Beamten, die Entlassung aus dem Dienste, die Entsetzung (s. Disziplinargewalt); bei Entscheidungen und Bestimmungen versteht man unter K. die Aufhebung derselben, welche eintritt, wenn wesentliche Formen dabei verletzt wurden, oder wenn der Inhalt bestehenden Gesetzen zuwider ist, besonders wenn eine Amtsbehörde den Kreis ihrer Amtsgeschäfte überschritten hat; so können ein Vertrag, Testament, eine Ehe, ein Privilegium, die Verhandlungen einer Behörde, ein gerichtliches Verfahren, ein Richterspruch kassiert, d. h. für unwirksam, für null und nichtig erklärt, werden. Insbesondere spricht man von der K. eines gerichtlichen Urteils, wenn dasselbe von dem zuständigen Obergericht aus Rechtsgründen für nichtig erklärt (vernichtet, kassiert) wird. Vgl. Revision. - In der Musik wurde K. (ital. cassazione) im 18. Jahrh. ein zur Aufführung im Freien, besonders als Abendmusik oder Ständchen, bestimmtes mehrsätziges Tonstück für mehrere Instrumente genannt (vgl. Serenade).

Kassationshof (Kassationsgericht, franz. Cour de cassation), ein Obergericht, welches lediglich darüber entscheidet, ob in einer Prozeßsache die Vorschriften der Gesetzgebung gewahrt sind. Das Kassationsgericht befaßt sich also nicht mit der Thatfrage, nicht mit der thatsächlichen Feststellung des Rechtshandels, sondern nur mit der Rechtsfrage selbst. In Frankreich hieß der K. früher Conseil du roi, und seine Funktionen waren in dem zum Teil noch jetzt gültigen Reglement vom 28. Juni 1738 bestimmt; durch Dekret vom 1. Dez. 1790 wurde der K. eingesetzt. Seine wichtigste Aufgabe ist die Wahrung der Einheit der Rechtsprechung. Er teilt sich in eine Kammer, welche über die Zulassung entscheidet (Chambre de requêtes), eine Zivilkammer (Chambre de cassation civile) und eine Strafkammer (Chambre de cassation criminelle). Das Institut behauptete sich auch in denjenigen deutschen Ländern, in welche die französische Gesetzgebung in der Napoleonischen Zeit Eingang gefunden hatte. Wenn auch unter anderm Namen und mit mancherlei Abweichungen von dem französischen System, wurde das Institut des Kassationsgerichts nach und nach in allen deutschen Staaten, welche in ihre neuen Strafprozeßordnungen die Prinzipien der Öffentlichkeit und der Mündlichkeit des Verfahrens aufgenommen hatten, acceptiert. Die neue deutsche Justizgesetzgebung kennt in ihrer Revision ein dem französischen Kassationsrekurs ähnliches Rechtsmittel und zwar nicht bloß für die Strafsachen, sondern auch für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten (s. Revision). In Bezug auf die englischen Gerichtsverhältnisse ist zu bemerken, daß die Restitutionsgesuche und Nichtigkeitsklagen (writ of error) von einem der drei Obergerichte in den meisten Fällen an die beiden andern gehen, nämlich von den Common Pleas an die King's Bench, vom Court of Exchequer an das Gericht der Exchequer Chamber, bestehend aus dem Großkanzler, dem Lord-Schatzmeister und den Richtern der King's Bench und Common Pleas, von der King's Bench in Schuld- und einigen andern Sachen an die Exchequer Chamber, bestehend aus den Richtern der Common Pleas und Exchequer. In letzter Instanz gehen alle Sachen an das Haus der Lords als obersten Nationalgerichtshof.

Kassawa (Cassava), die Wurzeln von Manihot utilissima Pohl, M. Janipha Pohl und M. Aipi Pohl, dann auch das aus diesen Wurzeln gewonnene Stärkemehl (Tapiokamehl, Cipipamehl), welches in Kuchen gebacken wird, aber auch unverändert als brasilisches Arrowroot (s. d.) in den Handel kommt.