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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kautschukbaum; Kautschukfirnis; Kautschukgewebe; Kautz

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Kautschukbaum - Kautz.

als Ersatz der Glasscheiben bei Elektrisiermaschinen; da es durchaus nicht hygroskopisch und ein besserer Nichtleiter als alle bis dahin bekannten Stoffe ist, so dient es als treffliches Isolierungsmittel für oberirdische Telegraphenleitungen; man benutzt es ferner zu Gefäßen in der Photographie und Galvanoplastik, dieselben sind unzerbrechlich, sehr indifferent und ertragen eine weit über den Siedepunkt des Wassers hinausgehende Temperatur. Große Verbreitung haben in neuerer Zeit Kautschukstempel, zum Teil mit beweglichen Lettern, gefunden. Es eignet sich endlich zur Nachahmung von Hirschhorn, Ebenholz, Gagat, Badeschwamm, zu Winkeln für Zeichner, zu Maschinenteilen, mit Zinnober gefärbt zu Unterlagen für künstliche Gebisse, zu Abgüssen von Natur- und Kunstgegenständen etc.

Indianerstämme Brasiliens haben K. seit langer Zeit zu Gefäßen, Schuhen, Fackeln etc. benutzt, und auch in Ostindien scheint die Verwendung des Kautschuks zu Fackeln, zum Dichten von Körben, in welchen Flüssigkeiten aufbewahrt werden sollen, sehr alt zu sein. La Condamine lenkte 1751 die Aufmerksamkeit auf die Eigenschaften des südamerikanischen Kautschuks, und Roxburgh, in dessen Hände 1810 indisches K. gelangt war, machte den Kautschukfeigenbaum (Ficus elastica) der Industrie dienstbar. 1761 und 1768 veröffentlichte Macquer seine chemischen Untersuchungen über das K., Grossart stellte 1768 Röhren aus K. dar, indem er Streifen desselben um Glasröhren wickelte; auch benutzte man damals schon das K. zum Auswischen von Bleistiftstrichen (ein würfelförmiges Stück von 12 mm Seitenlänge kostete 3 Mk.); noch 1820 kannte man kaum andre Verwendungen als zu Verschlüssen und Röhrenverbindungen an chemischen Apparaten, zu elastischen Verbänden, Bougies, Kathetern, luftdichten Firnissen, zum Wasserdichtmachen von Leder und Geweben; 1820 nahm Hancok ^[richtig: Hancock] ein Patent auf elastische Gewebe mit Kautschukstreifen, und 1823 trat Macintosh mit seinem weltberühmt gewordenen wasserdichten Stoff auf. Knetmaschinen gab zuerst Nickels 1836 an, aber seit 1852 wurden dieselben immer mehr durch Walzen verdrängt. Lüdersdorff veröffentlichte 1832 seine Entdeckung, daß dem durch Terpentinöl aufgeweichten K. die nach dem Trocknen zurückbleibende Klebrigkeit benommen wird, wenn man ihm Schwefel beimischt; Benzinger erreichte 1836 dasselbe durch Schwefelleberlösung, aber erst Goodyear in New Haven (Connecticut) entdeckte 1839 das Vulkanisieren durch Imprägnieren mit Schwefel und Erhitzen, und 1842 kamen die ersten vulkanisierten Kautschukartikel nach Europa. Die übrigen Methoden des Vulkanisierens von Hancock (Eintauchen in Schwefel) 1843, von Keene (Einwirkung von Schwefeldämpfen) 1845 und Parkes (Eintauchen in Chlorschwefel) 1846 erreichten bei weitem nicht die Bedeutung des Verfahrens von Goodyear, welcher 1852 auch die Darstellung des Ebonits kennen lehrte. In Deutschland erwarb sich Fonrobert Verdienste durch Verbesserung in der Verarbeitung des Kautschuks. 1830 betrug die Menge des in England importierten Kautschuks noch nicht mehr als 454 Ztr., 20 Jahre später wurden 7784 und 1865 72,537 Ztr. eingeführt. Gegenwärtig kommen nach Scherzers Ermittelungen annähernd folgende Massen von K. in den Handel: aus Zentralamerika 60,000, Assam, Java etc. 40,000, Mosambik 20,000, Borneo 12,000, Madagaskar 5000, Westküste Afrikas 50,000, Pará 204,000, zusammen rund 400,000 Ztr. im Wert von ca. 145 Mill. Mk. Deutschland hat in den letzten Jahren verhältnismäßig größere Fortschritte in der Kautschukindustrie gemacht als irgend eins der andern Länder; die größten Fabriken sind in Harburg, Hamburg, Mannheim, Sablon bei Metz und in Berlin. Vgl. Collins und Brandis, Report on the Caoutchouc of commerce (Lond. 1875); Deninger, Die Leder- u. Kautschukindustrie (im amtlichen Bericht über die Wiener Weltausstellung, Braunschw. 1874); Hausner, Textil-, K.- und Lederindustrie (Wien 1879); Clouth, Die Kautschukindustrie (Weim. 1878); Heinzerling, Fabrikation der K.- und Guttaperchawaren (Braunschw. 1883); Hoffer, Practical treatise of caoutchouc and gutta-percha (Lond. 1883); Stefan, Die Fabrikation der K.- und Leimmassetypen, Stempel etc. (Wien 1886).

Kautschukbaum, s. Siphonia.

Kautschukfirnis, Lösung von Kautschuk, welche man wegen der Indifferenz des Kautschuks gegen chemische Einflüsse und Wasser, und weil der Überzug nicht spröde wird, häufig anwendet. Läßt man 1 kg weichen zerschnittenen Kautschuk in 0,5 kg Äther quellen, verflüssigt die Mischung durch Erwärmen in Wasser, setzt 1 kg helles, warmes Leinöl und nach einiger Zeit 1 kg erwärmtes Terpentinöl zu und filtriert warm, so erhält man einen allerdings etwas langsam trocknenden Firnis. Zum Bemalen und Bedrucken von Geweben, Leder etc., namentlich zum Wasserdichtmachen von seidenen und baumwollenen Geweben, eignet sich ein Firnis, den man erhält, wenn man Kautschuk und Guttapercha in beliebigen Verhältnissen mit Schwefel mischt, 8-10 Teile Wachs zusetzt, das Ganze in Terpentinöl löst und bis zur erforderlichen Konsistenz verdampft. Der Firnis kann beliebig gefärbt werden. Zur Herstellung eines klaren Firnisses läßt man den Kautschuk in gut gereinigtem Schwefelkohlenstoff quellen, versetzt ihn mit Benzol, gießt die Lösung durch ein Tuch, verjagt den Schwefelkohlenstoff durch Destillation und verdünnt den Rückstand mit Benzol. Dieser Firnis läßt sich mit fetten und flüchtigen Ölen mischen, trocknet rasch und gibt einen glanzlosen, sehr dünn herzustellenden Überzug, der sich besonders zum Überziehen von Stahlstichen und Landkarten, zum Fixieren von Kreide- und Bleifederzeichnungen eignet. Wenn man Petroleum durch ein besonderes Verfahren entwässert, so eignet es sich mit gut getrocknetem Kautschuk zur Herstellung von Firnis.

Kautschukgewebe, s. Elastiks.

Kautz, Julius, ungar. Nationalökonom, geb. 5. Nov. 1829 zu Raab, studierte in Pest und Leipzig, wurde zuerst an den Rechtsakademien in Preßburg und Großwardein, dann am neuorganisierten Polytechnikum in Ofen angestellt und 1862 zum Professor der politischen Ökonomie und des Staatsrechts an der Pester Universität, 1883 zum Vizegouverneur der Österreichisch-Ungarischen Bank und neuerlich zum lebenslänglichen Mitglied des Oberhauses ernannt. Als Schriftsteller machte er sich bekannt durch ein größeres Handbuch der Nationalökonomie u. Finanzwissenschaft (4. Aufl., Pest 1879), durch ein systematisches Lehrbuch der Staatskunst (3. Ausg., das. 1877) sowie durch die Schrift: "Über die Entwickelungsgeschichte der volkswirtschaftlichen Ideen in Ungarn" (deutsch im Auszug von Schiller, das. 1876), alle mit dem großen Preis der ungarischen Akademie ausgezeichnet. In deutscher Sprache erschien von ihm das große Werk: "Theorie und Geschichte der Nationalökonomik" (Wien 1858-60, 2 Tle.). K., ordentliches Mitglied der ungarischen Akademie und mehrerer gelehrter Vereine, nimmt auch im politischen Leben seines Vaterlandes eine geachtete Stellung