Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kentern; Kentia; Kentisches Feuer; Kentucky

680

Kentern - Kentucky.

als Pferde gedacht. Schon Homer erwähnte den durch ihre Trunkenheit und Lüsternheit entstandenen Kampf mit den Lapithen auf der Hochzeit des Peirithoos (s. d.), der als der Kampf des zivilisierten Hellenentums gegen barbarische Unkultur aufgefaßt und auch von andern Dichtern vielfach behandelt wurde, ebenso wie ihre Vertreibung vom Pelion, infolge deren auch der weise Cheiron (s. d.) auswandern mußte. In der bildenden Kunst treten die K. zuerst in einer noch unentwickelten Zwitterbildung mit menschlichen Vorderbeinen, also in voller Menschengestalt, mit dem Anhängsel eines Pferdekörpers auf, dann in der bekannten Form, welche auch die neuere Kunst beibehalten hat. Beliebt waren Darstellungen des Heraklesabenteuers bei dem Kentauren Pholos (s. d.), vor allem aber der erwähnte Kampf mit den Lapithen, bei welchem Theseus Vorkämpfer der letztern war. Diese Szene (Kentauromachie) bildet den Lieblingsstoff der Tempelfriese und -Metopen (Theseion, Parthenon), ist aber auch in Gemälden (von Mikon, Zeuxis, auf Vasen) gern behandelt worden. Statuarisch gibt ihn wieder die von Alkamenes entworfene, aber von elischen Lokalmeistern ausgeführte Westgiebelgruppe des Zeustempels zu Olympia. Die spätere Kunst verwendet die K. im Gefolge des aus Indien im Triumphzug kommenden Dionysos, als den Wagen des Gottes ziehend und Nymphen oder Eroten auf dem Rücken tragend. In dieser Auffassung ist die nicht erhaltene Gruppe des Arkesilaos zu denken. Wir besitzen aber noch zwei in schwarzem Marmor ausgeführte Kentaurenstatuen von Aristeas und Papias aus Aphrodisias in Karien (gefunden in der Villa Hadrians bei Tivoli, jetzt im Kapitolinischen Museum), eine Gruppe, welche mehrfach im Altertum kopiert worden ist (Wiederholungen im Vatikan, in Paris etc.). Der ältere, schwermütig resigniert ausschauende Kentaur ist gefesselt und trägt einen kleinen Liebesgott auf dem Rücken (s. Abbildung), während der jüngere in übermütiger Laune ein Schnippchen schlägt. Es ist ein leicht verständlicher, epigrammatischer Gedanke, den die neuere Kunst (Thorwaldsen) in ähnlichen Darstellungen wieder aufgenommen hat. Was die Etymologie anlangt, so hat der Name Kentauros, der oft als "Stierjäger" gedeutet wurde, mit dem "Stier" (tauros) höchst wahrscheinlich nichts zu thun, sondern entspricht den indischen Gandharven, wie Kuhn ("Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung", Bd. 1) erkannt hat. Von Roscher ("Jahrbücher für Philologie", 1872 u. 1874) werden die K. als Personifikationen wilder, von Waldgebirgen niederströmender Bäche, von E. H. Meyer ("Indogermanische Mythen" I: Gandharven-K., Berl. 1883) als Winddämonen gefaßt.

^[Abb.: Kentaur und Eros (Paris, Louvre).]

Kentern, ein Seemannsausdruck; s. v. w. umstürzen; "das Schiff kentert" heißt: es kehrt das Unterste nach oben.

Kentia Blume, Gattung der Palmen, den Areca-Arten ähnliche Gewächse mit einhäusigen Blüten und einsamiger Beere, sind besonders in Australien heimisch und als schöne und harte Zierpflanzen sehr beliebt. K. Canterburyana Bull., mit großen gefiederten Blättern und ovalem Umriß, und K. Forsteriana Th. Moore sind am häufigsten in Gewächshäusern zu finden. K. gracilis Ad. Brongn. et Gries wetteifert in Eleganz mit Cocos Weddeliana.

Kentisches Feuer (engl. Kentish fire), bei den Irländern als Beifallszeichen hohen Grades ein mit Händeklatschen und Fußgestampf ausgeführter, betäubender Lärm.

Kentucky (spr. -töcki, abgekürzt Ky. oder Kent.), einer der Unionsstaaten von Nordamerika, liegt zwischen 36° 30'-39° 6' nördl. Br. und zwischen 82° 2'-89° 40' westl. L. v. Gr. und grenzt gegen S. an Tennessee, gegen O. an Virginia, gegen N., wo der Ohiofluß die Grenze bildet, an Ohio, Indiana und Illinois und gegen W. an Missouri, von dem er durch den Mississippi getrennt wird. Im W. nehmen die sogen. Barrens, d. h. unfruchtbare Strecken, eine bedeutende Oberfläche ein, gehen aber in den Flußthälern in ziemlich fruchtbares Gelände über. Ihnen schließt sich die sogen. blaue Grasregion an, welche den mittlern Teil des Staats einnimmt, eine der gesegnetsten Teile Nordamerikas, berühmt durch seine schönen Frauen, schönen Pferde, seinen guten Tabak, seine prächtigen Waldungen und seinen natürlichen Reichtum. Ihren Namen verdankt diese Region einem blauen Kalkstein, der hier die wellenförmigen Hügel bildet. Endlich steigt das Land im O. zu wirklichen Bergen an, die indes eine Höhe von 800 m nicht zu überschreiten scheinen. Die Bewässerung ist ungemein günstig, und die Mehrzahl der Flüsse ist schiffbar. Der wichtigste unter allen, obgleich nur Grenzfluß, ist der Ohio, in den sich sämtliche Flüsse des Landes ergießen, so namentlich der Fluß K., der hier in den Cumberlandbergen entspringt und nach einem gewundenen Lauf durch ein malerisches Thal oberhalb Louisville in den Ohio tritt. Der Green River gehört gleichfalls in seinem ganzen Lauf dem Staat an. Der Cumberland und der Tennessee durchfließen den westlichen Teil des Staats, und beide sind noch über die Grenzen desselben hinaus für Dampfer schiffbar. Der Mississippi bespült einen Teil der Westgrenze. K. gehört ganz der großen Flözregion des Westens an. Die Schichten liegen fast horizontal. Die Mitte bilden silurische und devonische Kalke, und im W. reicht das Kohlenbassin von Illinois und Indiana in das Land hinein, aus welchem man die ausgezeichnete Brackenridgekohle gewinnt. Die Kohlenformation des Ostens gehört dem großen appalachischen Becken von Virginia und Pennsylvanien an (s. unten); der Kalk derselben ist