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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Keruan; Kervyn de Lettenhove; Keryktik; Kerynitische Hindin; Keryx; Kerzen

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Keruan - Kerzen.

dann den Türken; 1771 wurde sie von den Russen erobert, neu aufgebaut und gelangte nun zu raschem Aufblühen. Grabhügel (Kurgane) aus der Griechenzeit sind gruppenweise über die ganze Gegend von K. zerstreut und liefern eine reiche Ausbeute von Altertümern. Besonders in den K. umgebenden Hügeln Kul-Oba ("Aschenhügel") und Altun-Oba ("Goldberg") hat man Grabkammern mit Sarkophagen aus Cypressenholz, Skeletten und Schmucksachen aus den letzten Jahrhunderten v. Chr. eröffnet. Die wertvollsten Antiquitäten, deren auch das Museum von K. viele besaß, befinden sich gegenwärtig in der kaiserlichen Eremitage zu Petersburg (vgl. Macpherson, Antiquities of K., Lond. 1857; L. Stephani, Die Altertümer von K., Petersb. 1880). In der Nähe auch mehrere Schwefel- und Naphthaquellen sowie Schlammvulkane.

Keruan, Stadt in Tunis, s. Kairuan.

Kervyn de Lettenhove, Joseph Maria Bruno Konstantin, namhafter belg. Geschichtschreiber, geb. 17. Aug. 1817 zu St.-Michel in Westflandern, lieferte mehrere gute Ausgaben von Quellenschriften, wie der "Commentaires de Charles - Quint" (Brüssel 1862), der "OEuvres de Georges Chastellain" (1863-66, 8 Bde.), der "Chroniques de Froissart" (1863 ff., 26 Bde.) und der "Lettres et négociations de Philippe de Commines" (1867, 3 Bde.), sowie eine "Histoire de Flandre" (1847-50, 6 Bde.; 3. Aufl. 1874, 4 Bde.); "Froissart; étude littéraire sur le XIV. siècle" (1858, 2 Bde.), welch letzteres Werk von der französischen Akademie gekrönt wurde; ferner: "Jacques d'Artevelde" (1863); "La Flandre pendant les trois derniers siècles" und "Histoire et chroniques de Flandre" (1879 ff.); "Relations politiques des Pays-Bas et de l'Angleterre sous le règne de Philippe II" (1882-87, Bd. 1-5); "Les Huguenots et les Gueux" (1883-86, 6 Bde.) und "Documents inédits, relatifs à l'histoire du XVI. siècle" (1883 ff.). Er ist Mitglied der belgischen wie der französischen Akademie der Wissenschaften und der belgischen Abgeordnetenkammer, in der er zur klerikalen Partei gehört; kurze Zeit (1870-71) war er auch Unterrichtsminister.

Keryktik (griech.), s. v. w. Homiletik.

Kerynitische Hindin, s. Herakles, S. 395.

Keryx (griech.), Herold; daher Kerykeion, s. v. w. Hermes- oder Heroldsstab (s. Caduceus).

Kerzen, aus Talg, Stearin, Stearinsäure, Paraffin, Walrat, Wachs bestehende Cylinder, in deren Achse ein Docht verläuft, dessen Beschaffenheit sich nach dem Kerzenmaterial, besonders nach dessen Schmelzpunkt, und nach der Stärke der K. richten muß. Bei verhältnismäßig zu dicken K. bleibt an der Peripherie derselben ein ungeschmolzener Rand, innerhalb dessen sich zu viel flüssiges Fett ansammelt, durch welches die Flamme verkleinert wird, während beim endlichen Zusammenbrechen des Randes der Überschuß des flüssigen Fettes herabrinnt. Ist die Kerze im Verhältnis zum Docht zu dünn, so schmilzt das Fett zu schnell, rinnt herab und bildet kein Bassin, aus welchem der Docht gleichmäßig gespeist werden muß. Der Docht wird aus Baumwolle gefertigt und ist entweder gedreht, so daß die einzelnen Fäden mehr parallel und geradlinig oder in steiler Schraubenlinie nebeneinander liegen, oder geflochten. Dochte ersterer Art werden noch für Talg- und Wachskerzen, geflochtene für Stearin-, Paraffin- und Walratkerzen benutzt. Die Dicke der Dochte wird teils durch die verschiedene Zahl der den Docht bildenden Fäden, teils durch die Feinheitsnummern derselben bedingt. Talgkerzen erhalten wegen der leichten Schmelzbarkeit des Materials einen dickern Docht, um die Flamme möglichst über das Fett hinaufzurücken. Man benutzt aber auch bisweilen für sie sehr locker geflochtene Dochte und spart dann das Putzen der Flamme. Unter dem Einfluß der Spannung, in welcher sich die einzelnen Fäden der geflochtenen Dochte befinden, erleidet das aus der Kerze hervorragende Ende eine Krümmung, so daß die Spitze in den Mantel der Flamme reicht und hier verbrennt. Damit aber der Docht bei unvollkommener Verbrennung nicht Kohle hinterläßt, imprägniert man ihn mit einer Lösung von Borsäure oder phosphorsaurem Ammoniak. Talglichte werden in der Regel gezogen. Man reiht 16-18 Dochte auf einen langen Holzstab (Dochtspieß) in gleichen Entfernungen voneinander auf und taucht 10-12 Spieße zuerst in heißes, dann wiederholt in fast bis zum Erstarrungspunkt abgekühltes Fett, bis die K. die gewünschte Stärke erlangt haben, worauf sie noch einmal in etwas heißeres Fett gebracht werden, um eine möglichst glatte Oberfläche zu erhalten. Zur Erleichterung der Arbeit hängt man an das in Fig. 1 abgebildete Rad aus mehreren Dochtspießen gebildete Rahmen, die leicht gesenkt und gehoben und durch Drehung des Rades über den Talgkasten gebracht werden können. Die gezogenen K. werden wesentlich verschönert, wenn man sie durch den runden Ausschnitt eines warmen Bleches zieht; auch kann man ihnen leicht einen Mantel aus besserm Material geben (plattierte K.).

Die K., welche gegenwärtig unter dem Namen Stearinkerzen im Handel vorkommen, bestehen nicht aus Stearin (und Palmitin), welches man durch Abpressen des flüssigen Oleins aus dem untersetzten Fett erhalten kann, sondern aus Stearinsäure (und Palmitinsäure), welche durch Verseifung des Fettes mit Kalk und Zersetzung der Kalkseife mit Säure gewonnen wird. Dies Produkt schmilzt um 10-20° schwerer als Talg, erstarrt aber beim Erkalten kristallinisch, so daß die K. rauh und brüchig werden und beim Brennen leicht ablaufen. Zur Verhütung dieses Übelstandes mischt man der Stearinsäure (bis 20 Proz.) Paraffin bei, welches das Kristallinischwerden verhindert. Diese K. werden in Formen gegossen, welche

^[Abb.: Fig. 1. Apparat zum Ziehen der Kerzen.]