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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kochenille

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Kochen - Kochenille.

und sehr schnell verdampft (Vakuumapparat in der Zuckerfabrikation etc.). Hat man alkoholische Lösungen in solcher Weise zu behandeln, so verwandelt sich die Arbeit in eine Destillation, indem man die Dämpfe ableitet und abkühlt, um den Alkohol wiederzugewinnen. Sehr häufig werden feste Körper mit Wasser gekocht, teils um in ihnen enthaltene lösliche Stoffe auszuziehen (Bereitung von Pflanzenauszügen, Fleischbrühe, Salzlösungen), teils um die festen Körper in ihrer Konsistenz oder anderweitigen Beschaffenheit zu verändern (das K. von Gemüsen, Fleisch, Darstellung von Leim). In diesen Fällen, wo Flüssigkeiten auf feste Körper einwirken sollen, wird der Zweck oft sehr viel leichter erreicht, wenn man den Druck und mit ihm die Temperatur steigert (Papinscher Topf, Digestor, Autoklave). Speisen werden beim K. in solchen Apparaten nicht nur sehr viel schneller gar, sondern es werden manche auch weich und zart, die im offenen Topf hart und ungenießbar bleiben. Dabei erleiden viele Nahrungsmittel durch das K. eine solche Veränderung ihrer Beschaffenheit, daß ihre Verdaulichkeit erheblich wächst. Sehr häufig und namentlich im Haushalt kocht man über freiem Feuer und benutzt dazu mehr oder minder kompliziert konstruierte Kochherde für gewöhnliches Brennmaterial, für Grude, auch Gas- und Petroleumkochapparate; im größern Betrieb aber wird das K. mit Dampf vorgezogen. Man erzeugt Wasserdampf in einem besondern Kessel und leitet denselben durch ein Rohr direkt in die zu kochende Flüssigkeit. Anfangs wird der Dampf durch letztere vollständig verdichtet, dabei gibt er aber seine Dampfwärme an die Flüssigkeit ab, und bald beginnt diese zu sieden. Durch den verdichteten Dampf ist ihr Volumen vergrößert worden. Soll dies vermieden werden, so benutzt man Kochgefäße mit doppeltem Boden und leitet den Dampf in den Raum zwischen beiden Böden, oder man legt ein spiralförmig gebogenes Rohr (Dampfschlange) auf den Boden des Kochgefäßes und leitet den Dampf durch das Rohr. In sehr einfacher Weise kocht man z. B. Kartoffeln mit Dampf, indem man an ein siebartig durchlöchertes Blech kurze Füße lötet und dies Tischchen in einen Topf stellt, dessen Durchmesser nicht viel größer als der des Bleches ist. Man gießt so viel Wasser in den Topf, daß dasselbe das Blech noch nicht berührt, und schüttet die Kartoffeln auf das letztere. Der Dampf durchdringt dann die Kartoffeln und macht sie gar, ohne daß das Wasser darauf einwirkt. Statt der Blechscheibe kann man auch einen Cylinder aus gelochtem Blech oder Drahtgewebe anwenden und hat dann den Vorteil, die Kartoffeln leicht aus dem Kochtopf herausnehmen zu können. Ähnliche Vorrichtungen haben sich gut bewährt zum K. der Wäsche, auch hat man für diese einfache Kochapparate konstruiert, in denen das Wasser durch den Druck emporgehoben wird und durch die Wäsche hindurchfließt, um von neuem gehoben zu werden. Die Kochgefäße sind sehr verschiedener Art. Am häufigsten findet man metallene (guß- und schmiedeeiserne, kupferne, messingene, zinnerne) Kessel, Kasserollen, Cylinder etc. Je dünnwandiger das Gefäß ist, um so leichter wird die Wärme übertragen; bisweilen aber wirkt das Metall nachteilig auf die zu kochende Flüssigkeit ein, und in solchem Fall wird Eisen emailliert, Kupfer verzinnt. So werden Pflanzensäfte in eisernem oder verzinntem Geschirr mißfarbig, sie behalten ihre Farbe am schönsten in Kupfer; wenn sie aber sauer sind, so dürfen sie nicht in dem kupfernen Geschirr erkalten, weil sich bei Einwirkung der Luft (die während des Kochens durch den Dampf abgehalten wird) Kupfer löst. In neuerer Zeit ist vernickeltes Küchengeschirr sehr beliebt geworden. Bei irdenem Kochgeschirr kommt die Beschaffenheit der Glasur in Betracht, die bei gewöhnlichen Thonwaren in der Regel bleihaltig ist und dann oft an saure Flüssigkeiten Blei abgibt. Die saubersten Kochgefäße sind die porzellanenen und die gläsernen; ihrer Anwendbarkeit sind leider durch das leichte Springen der erstern und die Zerbrechlichkeit der letztern enge Grenzen gesetzt. Recht empfehlenswert sind die in neuerer Zeit bekannt gewordenen Kochgeschirre aus Weißblech mit doppeltem Boden, die das Anbrennen verhindern und bei gutem Verschluß mindestens ebenso schnell gare Speisen liefern wie die gewöhnlichen Kochtöpfe mit lose aufliegendem Deckel. Vgl. Kochherde und Kochkunst.

Kochenille (spr. koschenillje, Coccus cacti L., s. Tafel "Halbflügler"), Insekt aus der Ordnung der Halbflügler und der Familie der Schildläuse (Coccina). Das karminrote Männchen ist 1,6 mm lang, mit zwei getrübten lichtbraunen Flügeln, zehngliederigen Fühlern und zwei langen Schwanzborsten. Das Weibchen ist 2 mm lang, fast kugelig, weiß bereift, flügellos. Das Tier lebt in Mexiko auf Opuntia coccinellifera (Nopal) und wird dort wie in Westindien, Malaga, Spanien, Algerien, Java u. Teneriffa gezüchtet. Das Weibchen saugt sich an der Mutterpflanze fest, schwillt bedeutend an und legt seine Eier, aus welchen nach acht Tagen die mit langen Borstenhaaren bewachsenen Jungen ausschlüpfen, in die weißen Ausschwitzungen, mit welchen sie die Pflanze stellenweise vollständig überziehen. Die Larven häuten sich in zwei Wochen mehrmals, dann spinnen die männlichen Larven einen Kokon, ruhen darin acht Tage als Puppe, schlüpfen aus, begatten sich und sterben sofort, während die Weibchen noch 14 Tage lang Eier legen und dann von der Pflanze abfallen und gleichfalls sterben. Vor der Regenzeit bringt man die Pflanze mit den Tieren, welche zur Zucht fortleben sollen, in Sicherheit, um sie nach den Regen wieder auszusetzen. Die K. wird sowohl in den Pflanzungen als auch an wild wachsenden Fackeldisteln (wilde K., vielleicht eine andre Art?) kurz vor dem Ausschlüpfen der Brut gesammelt, auf heißen Blechen getrocknet und (seit 1526) in den Handel gebracht. Sie bildet halbrunde Körperchen von der Größe einer kleinen halben Erbse mit runzeliger Oberfläche, ist schwarzbraun, mehr oder weniger weiß bestäubt, innen dunkel purpurrot, schmeckt bitterlich, etwas zusammenziehend und färbt den Speichel rot. Die gezüchtete K. ist größer und reicher an Farbstoff als die wilde oder Waldkochenille (Grana silvestra oder Caspesiana). Die erste Ernte im Jahr liefert ein wertvolleres Produkt (Zakkadille) als die folgende, und von allen Sorten ist die aus Honduras (Grana fina oder Mestica von Mesteque) die beste, dann folgt die mexikanische. Auch Teneriffa liefert gute Ware, demnächst Spanien. Die geringste Sorte kommt aus Java. Nach der Zubereitung unterscheidet man Renegrida, in heißem Wasser getötete und dadurch des weißen Überzugs beraubte; Jaspeada, in Öfen getötete, mit weißem Überzug; Negra, durch zu starke Hitze schwärzlich gewordene, und Granilla, Ausschuß. Der Farbstoff der K. ist Karminsäure. Man benutzt die K. zur Bereitung des Karmins (s. d.) und in der Färberei zur Darstellung von Rot, Violett etc. auf Wolle, Seide und Baumwolle; seit Einführung der Anilinfarben hat sie aber an Bedeutung sehr verloren. Für die Färberei bereitet man aus der K. durch Behandlung mit Ammoniak die Cochenille ammoniacale, die in Teig-^[folgende Seite]