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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Komplanation - Kompliment.

Komplanation (lat., "Ebenung"), ursprünglich die Ermittelung einer ebenen Fläche, welche einer gegebenen gekrümmten Fläche an Größe gleichkommt; gewöhnlich s. v. w. Berechnung der Größe einer krummen Fläche, wozu die Integralrechnung dient.

Komplektieren (lat.), umfassen, in sich schließen.

Komplement (lat.), Ergänzung, Ergänzungsstück; insbesondere in der Geometrie die Ergänzung eines Winkels oder Bogens zu 90°. Über K. eines Logarithmus s. d.

Komplementär (franz.), ergänzend, als Komplement dienend; als Substantiv s. v. w. Vollgesellschafter in der Kommandit- und der sogen. stillen Gesellschaft der diese nach außen vertretende und die Geschäfte leitende Gesellschafter (s. Kommanditgesellschaft).

Komplementärfarben (Ergänzungsfarben), s. Farben und Farbenzerstreuung.

Kompleter, ein in Graubünden wachsender herber, aber aromareicher schwerer Weißwein, der im Mittelalter in den Klöstern zum Schluß des Mahls: ad complendam coenam, also gleichsam als Magenschluß kredenzt wurde.

Komplett (komplet, franz.), vollständig. Komplettieren, vervollständigen.

Komplettmaschine, s. Schnellpresse u. Schriftgießerei.

Komplex (lat.), Umfang, Inbegriff, Vereinigung, Gesamtmasse (z. B. Häuserkomplex).

Komplexe Größen, in der Arithmetik früher s. v. w. mehrgliederige Zahlen, z. B. a+b, a+b+c etc., im Gegensatz zu den eingliederigen. Gegenwärtig wird diese veraltete Bezeichnung nicht mehr angewandt; man versteht vielmehr unter komplexen Größen solche, welche aus einem reellen und einem rein imaginären Glied bestehen, also die Form a+b^[Wurzel]-1 haben, wo a und b reelle Zahlen bedeuten. Zwei k. G., die sich nur durch das Vorzeichen des imaginären Gliedes unterscheiden, wie a+b^[Wurzel]-1 und a-b^[Wurzel]-1, heißen konjugierte k. G. Auf solche Zahlen kommt man in der Algebra zuerst bei der Auflösung quadratischer Gleichungen (s. Gleichung); es zeigt sich aber, daß auch jede Lösung (Wurzel) einer algebraischen Gleichung höhern Grades sich unter der allgemeinen Form a±b^[Wurzel]-1 darstellen läßt, und zwar kommen stets zwei konjugierte komplexe Lösungen zusammen vor. Während es Verhältnisse des alltäglichen Lebens gibt, die dem Gegensatz zwischen positiven und negativen Größen entsprechen, wie Vermögen und Schulden, findet man scheinbar hier nichts, was an den Gegensatz zwischen reellen und imaginären oder komplexen Größen erinnert. Dies ist auch die Ursache der Benennung "imaginäre" oder gar "unmögliche" Zahlen. Es sind aber diese Zahlen genau nach demselben Prinzip in die Arithmetik eingeführt worden wie die negativen und gebrochenen: sie sollen die Lösung der gestellten Aufgabe (Ausziehen der Quadratwurzel) in allen Fällen möglich machen. Auch sind die imaginären und komplexen Zahlen unter gewissen konventionellen Voraussetzungen einer geometrischen Deutung fähig. Es hat nämlich zuerst Wallis in seiner "Algebra" (1693) darauf aufmerksam gemacht, daß man jede komplexe Zahl a±b^[Wurzel]-1 durch einen Punkt P der Ebene darstellen kann, dessen Abscisse x=a und dessen rechtwinkelige Ordinate y=±b ist (s. Koordinaten); die reellen Zahlen werden dann durch die Punkte der Abscissenachse, die rein imaginären durch die Punkte der Ordinatenachse dargestellt. Weiter ausgeführt und auf die geometrische Addition und Multiplikation komplexer Zahlen angewandt hat diesen Gedanken zuerst Argand in seinem "Essai sur une manière de représenter les quantités imaginaires" (1806), zum Allgemeingut der Mathematiker ist er aber erst durch Gauß gemacht worden. Auf dem gleichen Gedanken beruht Bellavitis' Methode der Äquipollenzen. - Die Algebra führt auf keine andern als aus der reellen Einheit 1 und der imaginären ^[Wurzel]-1=i zusammengesetzte; wenn man aber die Gültigkeit einzelner arithmetischer Regeln opfert, so kann man k. G. andrer Art als die oben besprochenen erhalten. Das bemerkenswerteste Beispiel hierfür bilden die 1843 von Hamilton erfundenen Quaternionen, Zahlen, welche aus vier Einheiten, der reellen Einheit +1 und den drei andern Einheiten i, j, k zusammengesetzt sind. Letztere sind durch die Gleichungen ii=-1, jj=-1, kk=-1, ij=k definiert, aus denen jk=i und ki=j, aber auch ik=-j, ji=-k und kj=-i folgt, so daß also ij=-ji, jk=-kj und ki=-ik ist, welche drei Gleichungen einer Hauptregel der Arithmetik widersprechen. Die ersten drei Definitionsgleichungen scheinen allerdings den Schluß zu rechtfertigen, daß i=j=k=±^[Wurzel]-1 ist; da indessen die reelle Zahl a, welche durch einen Punkt in der Abscissenachse repräsentiert wird, durch Multiplikation mit ^[Wurzel]-1 imaginär wird und nun einen ebensoweit vom Koordinatenanfang abstehenden Punkt der Ordinatenachse als Repräsentanten hat, so kann man diese Multiplikation als eine Drehung um 90° auffassen, und unter den Einheiten i, j, k kann man sich ebensolche Drehungen um je eine der drei rechtwinkeligen Koordinatenachsen im Raum denken. Auf solche Weise ergibt sich nicht bloß die Zulässigkeit der Definitionen, sondern auch die übrigen Gleichungen erhalten eine anschauliche Bedeutung. Über den Quaternionenkalkül, der namentlich von britischen Mathematikern vielfach angewandt wird, vgl. Hamilton, Elemente der Quaternionen (deutsch von Glan, Leipz. 1882-85, 2 Bde.); Tait, Elementares Handbuch der Quaternionen (deutsch, das. 1880); Odstrcil, Kurze Anleitung zum Rechnen mit den Quaternionen (Halle 1879); Graefe, Vorlesungen über die Theorie der Quaternionen (Leipz. 1883). Die gemeinsame Quelle der gewöhnlichen komplexen Größen und Quaternionen weist nach Lipschütz, Untersuchungen über die Summen von Quadraten (Leipz. 1886).

Komplexion (lat.), Zusammenfassung; dann auch die aus Mischung der verschiedenen Elemente hervorgehende und den Gesundheitszustand bedingende Leibesbeschaffenheit eines Menschen; in der ältern Sprache auch s. v. w. Temperament.

Komplicen (franz., spr. kongpliss-), Mitschuldige.

Komplikation (lat.), s. Komplizieren.

Kompliment (franz. compliment, spr. kongplimang), eine gewisse Form der Ausdrucksweise in Rede oder Schrift, mit der man jemand seine Achtung, Verehrung oder Teilnahme zu erkennen geben oder überhaupt etwas Schmeichelhaftes und Angenehmes sagen will. Die Komplimente sind je nach der Nation verschieden, auch mit der Zeit wechselnd; seit Ludwig XIV. hat darin besonders Frankreich in dem größern Teil von Europa den Ton angegeben. In Deutschland wurden sie in der steifen Zopfzeit des 18. Jahrh. lächerlich übertrieben, und der Pedantismus brachte sie sogar in ein System. Das K. als Gruß, Verbeugung, Achtungsbezeigung (franz. révérence) ist jetzt sehr vereinfacht. Dagegen unterlag das ältere K., namentlich das des vorigen Jahrhunderts, ganz bestimmten Regeln, die auf dem Tanzschritt des Menuetts fußten. Eine bedeutende Rolle spielen die Komplimente