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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Konkurrenz der Verbrechen; Konkurs

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Konkurrenz der Verbrechen - Konkurs.

bewerb im Interesse einer tüchtigen Ausbildung und Entwickelung der wirtschaftlichen Kräfte freizulassen ist, so ist die K. doch auf vielen Gebieten, sofern hier nicht durch freie Vereinigungen genügender Schutz geschaffen wird, von Staats wegen zu beschränken (Konzessionierungen, Arbeiterschutz, Zwangskassen etc.). In Fällen, in welchen Mangel an K. die Ausbeutung ermöglicht, können Taxen (Eisenbahntarife, Taxen für Dienstmänner, Droschken etc.) am Platz sein, oder es kann sich der Betrieb durch den Staat, bez. die Gemeinde als rätlich erweisen. Im innern Verkehr der heutigen Kulturstaaten ist das Prinzip der freien K. verwirklicht, jedoch nicht ohne erhebliche Ausnahmen der oben bezeichneten Art. In Deutschland insbesondere wurde die Zahl dieser Ausnahmen in den letzten Jahren vermehrt (Nahrungsmittelgesetz, Arbeiterschutzgesetzgebung, Verstaatlichung von Eisenbahnen etc.). Ebenso wurde seit 1879 durch die Umgestaltung der Zollpolitik für den Außenhandel das Prinzip der freien K. beschränkt, indem fremden Konkurrenten der Wettbewerb mit der heimischen Produktion auf dem inländischen Markte durch Auflegung von Zöllen erschwert wurde. Vgl. Freihandel.

Konkurrenz der Verbrechen (Concursus delictorum) ist dann vorhanden, wenn mehrere Verbrechen von einer und derselben Person begangen wurden. Sind diese Verbrechen durch verschiedene selbständige Handlungen begangen, so spricht man von einer realen, formalen oder successiven K., während, wenn jene Verbrechen durch einen einzigen Akt begangen wurden, eine sogen. ideale K. vorliegt. So begeht z. B. derjenige, welcher mit seiner verheirateten Schwester den Beischlaf vollzieht, hierdurch zugleich einen Inzest und einen Ehebruch. Hier ist die Regel, daß nur dasjenige Gesetz, welches die schwerste Strafe androht, zur Anwendung kommt. So würde z. B. in dem gedachten Fall nur auf die Strafe des Inzestes zu erkennen sein. Dies ist namentlich auch durch das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (§ 73) sanktioniert. Hat dagegen jemand nach und nach verschiedene strafbare Handlungen, also z. B. mehrere Diebstähle hintereinander, zu schulden gebracht, liegt also eine sogen. formale K. vor, so ist die Frage, wie ein solcher Fall zu behandeln sei, in der Theorie streitig; das deutsche Strafgesetzbuch (§ 74 ff.) hat dieselbe dahin entschieden:

1) Sind durch verschiedene strafbare Handlungen an und für sich mehrere Freiheitsstrafen, und zwar zeitige Freiheitsstrafen, verwirkt, so ist auf eine Gesamtstrafe zu erkennen, welche in Erhöhung der verwirkten schwersten Strafe besteht (sogen. Schärfungs- oder Erböhungsprinzip). Treffen ungleichartige Strafen, also z. B. Zuchthausstrafe und Gefängnis, zusammen, so tritt jene Erhöhung bei der ihrer Art nach schwersten Strafe ein. Die Gesamtstrafe soll jedoch den Betrag der verwirkten Einzelstrafen nicht erreichen und 15jähriges Zuchthaus, 10jähriges Gefängnis oder 15jährige Festungshaft nicht übersteigen. Man pflegt in der Praxis in solchen Fällen die schwerste Strafe, welche verwirkt ist, als sogen. Einsatzstrafe zu Grunde zu legen, wirft dann die weitern an und für sich verwirkten Freiheitsstrafen aus, reduziert dieselben in angemessener Weise und erhält durch Zusammenrechnung die zu erkennende Gesamtstrafe.

2) Beim Zusammentreffen der Festungshaft mit Gefängnis ist auf jede dieser Strafarten abgesondert zu erkennen; ebenso soll, wenn Haft mit andern Freiheitsstrafen zusammentrifft, auf erstere abgesondert erkannt werden.

3) Sind mehrere Haftstrafen verwirkt, oder sind mehrere Geldstrafen ausgesprochen, so werden dieselben einfach zusammengerechnet (sogen. Kumulationsprinzip); doch soll der Gesamtbetrag der Haft alsdann drei Monate nicht übersteigen.

4) Beim Zusammentreffen andrer Strafen mit der Todesstrafe oder mit lebenslänglichem Zuchthaus werden die erstern durch letztere absorbiert (sogen. Absorptionsprinzip). In derselben Weise ist nach § 79 des deutschen Strafgesetzbuchs auch zu verfahren, wenn die Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung erfolgt, nachdem bereits wegen eines anderweiten Verbrechens auf eine andre Strafe zuvor erkannt und diese noch nicht verbüßt, verjährt oder erlassen worden ist. Es kommt dann zu einer sogen. Zusatzstrafe welche nach ebendenselben Grundsätzen wie die Gesamtstrafe zu bemessen ist. Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden, und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe außer Betracht geblieben, so sind durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung die erkannten Strafen auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen (deutsche Strafprozeßordnung, § 492). Nicht zu verwechseln mit der K. ist das sogen. "fortgesetzte Verbrechen" (s. d.) und ebensowenig der Concursus ad delictum (s. Teilnahme am Verbrechen). Vgl. außer den Strafrechtslehrbüchern und den Kommentaren zum Strafgesetzbuch: John, Die Lehre vom fortgesetzten Verbrechen und von der Verbrechenskonkurrenz (Berl. 1860); Habermaas, Die ideale Konkurrenz der Delikte (Stuttg. 1882).

Konkurs (lat. Concursus), eigentlich "das Zusammentreffen", daher z. B. das Bewerben mehrerer um einen ausgeschriebenen Preis oder um eine ausgeschriebene Stelle, namentlich aber das Zusammentreffen mehrerer Gläubiger (concursus creditorum) einem und demselben Schuldner gegenüber, dessen Vermögen zur vollständigen Befriedigung der erstern nicht ausreicht. Übrigens wird auch der Vermögenszustand eines solchen (in K. geratenen) Schuldners als K. (Insolvenz) bezeichnet und ebenso das gerichtliche Verfahren, welches in einem derartigen Fall einzutreten pflegt (Konkursprozeß, Konkursverfahren, im mittelalterlichen Latein Crida, süddeutsch Gant, Vergantung, Gantprozeß, v. ital: incanto, "Versteigerung", bisweilen auch Debitverfahren, Falliment, Fallissement). Der Ausdruck Bankrott bezeichnet den kriminell strafbaren K. Der betreffende Schuldner wird Kridar (Gemeinschuldner, Gesamtschuldner, Gantmann) genannt. Der gesamte Vermögensbestand des Schuldners heißt Konkursmasse (s. d.) und zwar Aktivmasse oder Teilungsmasse, die vorhandenen Aktiven, das positive Vermögen, und Passivmasse oder Schuldenmasse, die vorhandenen Passiven, das negative Vermögen, die Schulden. Der Inbegriff der Rechtsnormen über den K. ist das Konkursrecht. Ein ausführliches Gesetz über das Konkursverfahren wird Konkursordnung genannt, so namentlich die österreichische Konkursordnung vom 25. Dez. 1868, welche zwischen kaufmännischem und gemeinem K. unterscheidet, und die deutsche Konkursordnung vom 10. Febr. 1877, durch welche das Konkurswesen für das ganze Deutsche Reich ohne eine solche Unterscheidung in einheitlicher Weise normiert worden ist. Das Gericht, bei welchem ein Konkursverfahren stattfindet, ist das Konkursgericht. Nach der deutschen Konkursordnung ist für das Konkursverfahren ausschließlich das Amtsgericht, bei welchem der Gemeinschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, zuständig. Nach französischem Recht, welches nur einen kaufmännischen K. kennt, ist das Han-^[folgende Seite]