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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Krokodile; Krokodilfluß; Krokodilopŏlis; Krokodilsthränen; Krokodilwächter; Krokoït; Krokydolith

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Krokodile - Krokydolith.

Seemeilen weit ins Meer, ist höchst raubgierig und überfällt von einem Hinterhalt aus die Tiere, welche sich dem Wasser nähern, sowie auch den Menschen. Es bewegt sich im Wasser pfeilschnell, auf dem Land aber ist es unbehilflich und ergreift stets die Flucht. Mehr Nacht- als Tagtier, unternimmt es namentlich größere Wanderungen nur nachts. Die trockne Jahreszeit verbringt es im Schlamm. An manchen Orten wird das Leistenkrokodil eifrig verfolgt, in Siam ißt man sein Fleisch, an andern Orten wird es als heilig verehrt und in Teichen mit Fischen gefüttert. Das Nilkrokodil (C. vulgaris Cuv., s. Tafel "Krokodile"), mit weniger spitzem Kopf, wird über 7 m lang, ist dunkel bronzegrün, schwarz gefleckt, auf der Unterseite schmutzig gelb, findet sich in allen größern Gewässern Afrikas, am reichlichsten wohl in den Binnenseen, vielleicht auch in Palästina, während es in Ägypten fast ausgerottet ist. Die Eingebornen waren diesen Ungetümen gegenüber so gut wie ohnmächtig, während die Feuerwaffen schnell unter ihnen aufgeräumt haben. Eine Kugel durchbohrt stets den Panzer, tötet das Tier aber nur selten sofort. Es ist im Wasser sehr behend, schwimmt und taucht vortrefflich, bewegt sich auf dem Land gewöhnlich langsam und schwerfällig, auf der Jagd oder Flucht aber sehr schnell, nur legt es niemals weitere Strecken zu Lande zurück. Gesicht und Gehör des Krokodils sind sehr scharf, die geistige Begabung ist offenbar sehr gering; auf dem Land zeigt es sich erbärmlich feig, im Wasser mindestens dreist und unternehmend; mit seinesgleichen lebt es gesellig. Allen Tieren, die es bewältigen kann, auch kleinen Krokodilen, bleibt es stets gefährlich; um Tiere aber, die nicht als Nahrung in Betracht kommen, kümmert es sich nicht und gestattet daher einem Vogel, dem Krokodilwächter, auf seinem Rücken Nahrung zu suchen etc. Vor dem Menschen ist es auf der Hut, greift ihn aber im Wasser an und bewältigt ihn sehr leicht. In großer Aufregung stößt es dumpf brüllende Laute aus. Etwa alle zehn Minuten erscheint es an der Oberfläche des Wassers, um zu atmen; mittags sonnt es sich und schläft, oft gesellig, auf einer Sandbank, und mit der Dämmerung beginnt es die Jagd auf Fische und alle zur Tränke kommenden Tiere, selbst Pferde, Rinder und Kamele. Es frißt auch tote Tiere, jagt aber niemals auf dem Land und verläßt ein Wasserbecken überhaupt nur, um sich in ein andres zu begeben; bisweilen wird es daran verhindert, dann bleibt es in der Lache und vergräbt sich endlich, wenn dieselbe austrocknet, bis zur nächsten Regenzeit in den Schlamm. Im allgemeinen hält es an dem einmal gewählten Standort mit großer Beharrlichkeit fest. In der Paarungszeit verbreitet das Krokodil starken Moschusgeruch. Das Weibchen legt 20-90 Eier von der Größe der Gänseeier, aber mit weicher, rauher Kalkschale, in den Sand, verscharrt sie sorgfältig und soll sie bewachen. Die ausgekrochenen Jungen sind 20 cm lang, wachsen in der Jugend ziemlich schnell, später aber so langsam, daß man das Alter der großen Tiere auf mehr als 100 Jahre schätzen muß. Man jagt sie hauptsächlich der Moschusdrüsen halber, deren Inhalt zu Pomaden benutzt wird. Auch das Fleisch duftet nach Moschus, wird aber, wie das Fett, von den Eingebornen sehr geschätzt. Die Eier gelten diesen als Leckerbissen. Manche Teile des Tiers werden noch jetzt wie im Altertum medizinisch benutzt.

Im alten Ägypten war das Krokodil wie alles Schädliche in der Natur dem Seth-Typhon geweiht und wurde an mehreren Orten (Krokodilopolis) verehrt, in andern aber verabscheut und verfolgt. Um dies zu erklären, hat man, was naturwissenschaftlich nicht begründet ist, von zwei Arten gesprochen. Die eine, größere, durch Wildheit und Zerstörungswut ausgezeichnet, das Symbol des bösen Prinzips, wurde in Teichen gefüttert, um den Zorn des bösen Geistes zu besänftigen. Dieses sollte beim Anblick eines Menschen Thränen vergießen und ihn dann sofort fressen (Krokodilsthränen); die andre, kleinere Art traf mit Beginn der Nilüberschwemmung ein, galt als Symbol des glückbringenden Prinzips, wurde gezähmt, mit Gold und Edelsteinen geschmückt und sorgsam balsamiert; derartige Mumien finden sich in den Gräbern von Theben, und in einer Höhle bei Monfalut liegen viele Tausende alter und junger K., welche, wie auch Eier, sehr einfach balsamiert sind. Das Krokodil versinnbildlicht auch das Reich und die Macht der Ägypter, aber nicht bei diesen selbst. Das Krokodil ist auch der Leviathan der Bibel. Vgl. Rathke, Untersuchungen über die Entwickelung und den Körperbau der K. (Braunschw. 1866); Strauch, Synopsis der gegenwärtig lebenden Krokodiliden (Petersb. 1866).

Krokodile, Name einer Münchener Poetengesellschaft, welche namentlich in den Jahren zwischen 1856 und 1864 blühte und zur Zeit noch besteht. Derselben gehörten alle jene poetischen Talente an, welche durch König Maximilian von Bayern nach München berufen worden waren oder sich freiwillig daselbst angesiedelt hatten (Geibel, Paul Heyse, Bodenstedt, Lingg, Melchior Meyr, Fr. Löher, Jul. Grosse, Wilhelm Hertz, H. Leuthold, Lemcke, F. A. v. Schack u. a.).

Krokodilfluß, s. Limpopo.

Krokodilopŏlis, Stadt, s. Arsinoe.

Krokodilsthränen, heuchlerische Thränen, wie sie nach dem Glauben der alten Ägypter ein Krokodil weint (s. Krokodile).

Krokodilwächter (Pluvianus aegyptius Vieill.), Vogel aus der Familie der Regenpfeifer (Charadriidae), ist 22 cm lang, gedrungen gebaut, mit kurzem Hals, mittelgroßem Kopf, ziemlich kräftigem, mittellangem Schnabel, ziemlich hohen Läufen und bis an das Ende des mittellangen Schwanzes reichenden Flügeln. Sein Oberkopf, ein Zügelstreifen, der Nacken, ein Brustband und die verlängerten, schmalen Rückenfedern sind schwarz, der übrige Körper weiß und grau, seitlich und an der Brust blaß rotbraun. Der Schnabel ist schwarz, das Auge hellbraun, der Fuß bleigrau. Er bewohnt die Ufer des Nils und der westafrikanischen Flüsse, und in Palästina macht er sich durch Lebendigkeit und seine pfeifende Stimme sehr bemerkbar, zeigt große geistige Begabung und signalisiert jede auffallende Erscheinung durch lebhaftes Geschrei, welches andre Tiere warnt. Dem auf der Sandbank ruhenden Krokodil liest er die Kerbtiere und Egel vom Rücken ab und holt sogar Brocken und Tiere aus dem Rachen des Krokodils hervor. Im übrigen lebt er von Insekten, kleinen Muscheln und Fischen. Seine rötlich sandgelben, grau und braun gezeichneten Eier legt er in den Sand und verscharrt sie, wenn er sie verläßt. Sein Bild erscheint häufig auf altägyptischen Denkmälern.

Krokoït, s. Rotbleierz.

Krokydolith (Blaueisenstein), Mineral aus der Ordnung der Silikate und der Hornblendegruppe, findet sich mikrokristallinisch, faserig, in plattenförmigen Massen, erdig als Überzug oder Anflug; die Fasern sind asbestartig, leicht voneinander trennbar, elastisch biegsam, sehr fest, indigblau bis schmalteblau, kantendurchscheinend bis undurchsichtig, schwach