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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kußmünzen; Küßnacht; Kusso; Kußtafel; Küste

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Kußmünzen - Küste.

mit, praktizierte 1850-53 als Arzt in Kandern, besuchte Paris, machte 1853-54 in Würzburg weitere Studien, habilitierte sich 1855 in Heidelberg, ward 1857 zum außerordentlichen Professor ernannt, folgte 1859 einem Ruf als Professor der innern Medizin und Direktor der medizinischen Klinik und Poliklinik nach Erlangen, 1863 als innerer Kliniker nach Freiburg i. Br. und 1876 nach Straßburg. Von Kußmauls Leistungen sind besonders hervorzuheben seine in Gemeinschaft mit Tenner angestellten experimentellen Untersuchungen "Über den Ursprung und das Wesen der fallsuchtartigen Zuckungen und der Fallsucht überhaupt" (Frankf. a. M. 1856), durch welche die Lehre von der Epilepsie wenn auch nicht zum Abschluß gebracht, so doch durch die Feststellung der wichtigsten Thatsachen sehr gefördert wurde. In der Behandlung der Magenkrankheiten erwarb sich K. durch Einführung der Magenpumpe großes Verdienst. Er schrieb: "Von dem Mangel, der Verkümmerung und der Verdoppelung der Gebärmutter, von der Nachempfängnis und der Überwanderung des Eies" (Würzb. 1859); "Untersuchungen über das Seelenleben des neugebornen Menschen" (Leipz. 1859; 2. Aufl., Tüb. 1884); "Über geschlechtliche Frühreife" (Würzb. 1862); "Untersuchungen über den konstitutionellen Merkurialismus und sein Verhältnis zur konstitutionellen Syphilis" (das. 1861); "Die Entwickelungsphasen der exakten Medizin, über die Ursachen und den Gang unsers Ablebens", zwei Vorträge (Freiburg 1865); "Zwanzig Briefe über Menschenpocken- und Kuhpockenimpfung" (das. 1870); "Über die fortschreitende Bulbärparalyse und ihr Verhältnis zur progressiven Muskelatrophie" (Leipz. 1873); "Die Störungen der Sprache" (in Ziemssens "Handbuch der Pathologie", 2. Aufl., das. 1881). Auch berichtete er mehrere Jahre über Nervenkrankheiten in den Jahresberichten von Hirsch und Virchow.

Kußmünzen, s. Bajoire.

Küßnacht, 1) Ort im schweizer. Kanton Schwyz, am Fuß des Rigi und am Oberende des Küßnachter Sees, einer Bucht des Vierwaldstätter Sees (Dampferstation), unweit der Station Immensee-K. der Gotthardbahn, in einem reizenden Gelände zwischen Weinbergen, Obstbäumen und Wiesen gelegen, mit (1880) 3203 Einw. In der Nähe zeigt man noch die Trümmer der 1308 zerstörten angeblichen Burg des Landvogts Geßler, ferner die Tells-Kapelle am Weg nach Immensee, an der Stelle, wo Tell den Landvogt erschossen haben soll. Die bekannte Hohle Gasse ist durch den Straßenbau jetzt ziemlich ausgefüllt und nur noch auf kurzer Strecke ein eng eingeschnittener Weg, auf beiden Seiten von Bäumen überragt. Auf einem Brunnen zu K. befindet sich ein 1843 errichtetes Standbild Tells. In der Umgegend ist auch die Ruine des Lust- und Jagdschlosses Neu-Habsburg, welches oft Aufenthalt des nachmaligen Königs Rudolf war und 1352 von den Luzernern zerstört wurde. Die Begebenheit mit dem Priester, welche den Gegenstand von Schillers "Graf von Habsburg" bildet, wird in diese Gegend versetzt. 1424 schloß sich K. an den Kanton Schwyz an. Am 1. Mai 1798 fand bei K. ein Treffen zwischen Schwyzern und Franzosen statt. -

2) Dorf im schweizer. Kanton Zürich, am rechten Ufer des Zürichsees, Dampferstation, mit (1880) 2750 Einw. In den Gebäuden der ehemaligen Johanniterkomturei befindet sich das kantonale Lehrerseminar. In der Nacht vom 8.-9. Juli 1778 wurde der Ort durch einen Wolkenbruch und Überschwemmung heimgesucht.

Kusso (Kussobaum), s. Brayera.

Kußtafel (lat. Pax), aus Silber oder Gold, Elfenbein, Holz und andern Stoffen gefertigtes, viereckiges Täfelchen, welches gewöhnlich die Darstellung der Kreuzigung Christi enthält und den Geistlichen vor der Kommunion zum Kuß gereicht wurde. Eine berühmte K., welche mit Niello verziert ist und mit der Erfindung der Kupferstecherkunst in Verbindung gebracht wird, angeblich ein Werk des Finiguerra (s. d.), befindet sich im Nationalmuseum zu Florenz.

Küste (Gestade), der vom Meer bespülte und begrenzte Teil des Festlandes und der Inseln. Die Küsten zeigen hinsichtlich ihrer horizontalen und linearen Erstreckung, ihrer vertikalen Erhebung über das Meer und ihres orographischen Baues mannigfaltige Umrisse und Formen. Die Küstenlänge oder die Linie, auf welcher ein Land oder ein Erdteil vom Meer bespült wird, ist in ihrem Verhältnis zum Flächeninhalt desselben Landes oder Erdteils von größter Wichtigkeit, weil sich danach größtenteils die maritime Zugänglichkeit desselben bestimmt, welche bei der Frage der Kulturfähigkeit eines Landes und Volkes besonders in Betracht kommt. Über diese charakteristischen Verhältniszahlen vgl. Gliederung der Kontinente. Nach ihrer vertikalen Bildung zerfallen die Küsten in Flachküsten und Steilküsten. Wo Flachküsten das Meer begrenzen, senkt sich das Land allmählich bis zum Meer und ebenso allmählich unter dessen Spiegel hinab. An solcher Flachküste setzt das Meer beständig das von ihm fortbewegte Gerölle, Sand etc. ab und zwar die gröbern Bestandteile zu oberst, den feinern Sand und Schlick, den die zurücktreibende Welle zum Teil wieder mit fortreißt, zu unterst. Werden dergleichen Küsten durch die Ebbe trocken gelegt, wie die Watten an der Nordseeküste, so lagert die Flut und Brandung dünne Schichten von Schlamm, Schlick oder feinem Sande darauf ab. Solche flache, sandige Küstenstrecken bilden den sogen. Strand, der sich durch Einförmigkeit der Konturen und mangelnde oder sehr dürftige Vegetation charakterisiert. Besonders wichtig wird die Anschwemmung von Boden da, wo zugleich Flüsse aus dem Innern des Landes kommen und diese Verlandung begünstigen. Alsdann zeigen sich vor den Buchten oft schmale Landzungen, wodurch die letztern zu Lagunen oder Binnenseen und durch die Ablagerungen der Flüsse allmählich mit Sand oder Schlamm angefüllt werden. Ein ausgezeichnetes Beispiel dieser Verlandungen sind die Haffe an der Ostseeküste (s. Haff), und die Nehrungen, durch welche sie vom Meer getrennt werden, sind wahre Küstenwälle. Dergleichen Verlandungen, namentlich losere Sandanhäufungen, werden zuzeiten wieder von dem andringenden Gewässer durchbrochen und auch wohl wieder geschlossen, wie z. B. der Lijmfjord in Jütland im Laufe von 1000 Jahren viermal mit süßem und ebensovielmal mit salzigem Wasser angefüllt worden ist infolge der Eröffnung und Verstopfung westlicher Einfahrten. Oft wird auch das lose Material, woraus diese Wälle bestehen, durch Infiltration von Kalk, vorzüglich aber durch Eisenoxyd zusammengebacken, so daß eine Art Konglomerat (Riffstein, Uferbreccie) entsteht. Dergleichen Gestein findet sich an der Küste von Ägypten, Kalabrien, Messina, Elba, Haïti, Guadeloupe, Martinique etc. Kolossal sind oft die allmählichen Zuwüchse des Landes an Flachküsten, wie z. B. in Nordchina, besonders wenn langsame Landhebung hinzutritt. Eine ganz andre Wirkung übt das Meer an den Steilküsten aus. An solchen wird durch die brandenden Wellen fort und fort eine Menge festen Materials abgelöst, das sich dann auf